Sturmrappe — Der Außenseiter (German Edition)
schwierige Situation, aber vielleicht stellt er sich ein bisschen zu sehr an. Das war schon immer sein Problem. Entweder er denkt zu viel nach, oder er denkt überhaupt nicht. Entweder ganz Verstand oder ganz Herz, aber niemals eine gute Mischung. Dann denkt er darüber nach, dass er die Arbeit verlieren könnte, wegen der er hergekommen ist, den Zugang zu Justins Pferden, und das alles wegen des dummen Verhaltens zweier Menschen, mit denen er nicht das Geringste zu tun hat. Und er kommt zu dem Schluss, dass er das Recht hat, sich darüber aufzuregen. Das heißt jedoch nicht, dass er sich dumm verhalten muss. Warum sollte er für ein Hotelzimmer bezahlen, wenn die Kaminskis das übernehmen könnten? Es ist schließlich nicht so, als könnte sein bald ehemaliger Arbeitgeber es sich nicht leisten.
Dan spielt mit dem Gedanken, einfach weiterzufahren und das Ganze hinter sich zu lassen. Geld hat er genug. Er könnte seine Sachen und sein Pferd einfach dahin transportieren lassen, wo er am Ende bleibt. Er ist daran gewöhnt, abzuhauen, wenn ihm alles zu viel wird und bis jetzt hat es ziemlich gut funktioniert. Er hatte sich eine Zeit lang in Kentucky niedergelassen, aber auch nur weil Justin es wert war, sich durch Schwierigkeiten hindurch zu kämpfen. Hier gibt es niemanden, der so eine Anziehungskraft auf ihn ausübt und es war dumm von Dan sich einzureden, dass da so jemand sein könnte.
Dann fällt ihm Jeff ein. Nichts von alldem ist Jeffs Schuld. Eigentlich ist es auch nicht direkt Evans Schuld, aber daran möchte Dan gerade nicht denken. Er denkt lieber an Jeff. Jeff ist so beruhigend, so entspannend. Er gibt Dan das Gefühl, dass alles wieder gut wird, selbst wenn Dan weiß, dass manche Dinge nie wieder gut werden. Er überlegt, ob er ihn anrufen soll, doch Jeff gehört zu Evans Welt, die Dan gerade verdrängen will. Er verflucht das schlechte Timing. Wäre das alles gestern passiert, dann hätte er zu Ryans Wohnung gehen und vor dessen Abreise noch eine letzte Nacht in Ruhe und Frieden verbringen können. Aber gestern war Dan bei einem dummen Turnier und hat sich für Kaminskis Erfolg den Arsch aufgerissen, damit Kaminskis verwöhntes Schwesterchen Spaß an ihrem Hobby hat. Und Ryan ist am Morgen abgereist.
In seiner Jackentasche klingelt sein Handy und er holt es heraus und schaut auf das Display. Kaminski. Nein, für dieses Gespräch ist Dan noch nicht bereit. Dazu braucht er erst ein oder zwei Gläser Bourbon. Die Frage ist, wo er jetzt hinfahren soll. Er denkt an seine kleine Schwester auf der Flucht. So fühlt sie sich wahrscheinlich ständig: Immer vor den eigenen Fehlern fliehen und niemals ein sicherer Ort, an dem man bleiben kann. Ja, Dan braucht den Bourbon ziemlich bald.
Sein Handy klingelt erneut, doch diesmal erscheint Jeffs Name auf dem Display. Dan ist nicht dumm. Der kurze Zeitabstand macht es ziemlich offensichtlich, dass Evan seinen Freund angerufen hat, um das Problem zu lösen, aber Dan kann nicht anders. Er möchte mit Jeff reden.
Er befindet sich jetzt im äußeren Stadtbezirk und fährt an den Straßenrand, bevor er sein Handy aufklappt.
„Hallo.“ Er versucht, seine Stimme munter und fest klingen zu lassen. Falls Jeff Informationen an Evan weitergibt, möchte er ihm nicht viel Material liefern.
„Hey, Dan. Evan hat mich gerade ganz aufgeregt angerufen. Kannst du mir sagen, was los ist?“ Jeff klingt eher neugierig als beunruhigt. Dan ist nicht ganz sicher, ob es gespielt ist.
„Wie, hat er dir nichts erzählt? Er hat dich angerufen, gesagt er wäre aufgeregt und dann wieder aufgelegt?“
Jeff lacht ein bisschen. „Ja, so ähnlich. Er meinte, es hätte eine Verwechslung mit der Sicherheitsfreigabe gegeben und das Personal hätte total übertrieben und dass er auf dem Weg zu einer Besprechung mit ihnen wäre und dich nicht erreichen könnte. Er hat ein bisschen besorgt geklungen.“
„Tatsächlich?“ Dan ist gerade nicht in der Stimmung, sich Sorgen um Kaminskis Nerven zu machen. „Sag mal, Jeff, wo bist du gerade?“
Jeff klingt nur leicht überrascht. „Ich bin zu Hause. Warum, willst du rüberkommen?“
Dan weiß, dass es keine gute Idee ist, aber er hat es satt zu versuchen, sich klug zu verhalten oder sich richtig zu verhalten. Was hat ihm das denn bis jetzt gebracht? Er hat sich so sehr darum bemüht, ihre Regeln zu befolgen und jetzt steht er kurz davor, alles zu verlieren, weil andere Leute Mist gebaut haben. Also hat er genug davon, durchdacht zu handeln. Wenn
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