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Sturms Flug

Sturms Flug

Titel: Sturms Flug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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ich, dass es sich dabei um eine Firma handelt, die Dokumentarfilme produziert und an die großen Sender verkauft. Sehr begehrtes Material, diese Leute sind echte Profis. Ihr Sitz ist übrigens drüben in Hürth, auf dem gleichen Gelände, auf dem sich auch die RTL -Studios befinden. Na, jedenfalls drehte das Team von Docolonia gerade eine Reportage über Warlords auf dem afrikanischen Kontinent. In der Republik Südafrika war alles im Kasten, und als Nächstes sollte ein Dreh im Sudan stattfinden. Dort waren bereits sämtliche Arrangements getroffen, und die Crew befand sich gerade auf dem Weg zum Flughafen. Und was tut die verfolgte Ermittlerin in solchen Fällen? Sie gibt sich als Journalistin aus, als echte Berufsreporterin, meine ich, schließt ein paar Blitzfreundschaften und hängt sich den Kollegen an den Rockzipfel.« Sie zwinkerte ihm zu. »Im Schlepptau von Docolonia war es kein Problem, die Grenze zu überqueren, da die Crew nämlich von einem Offiziellen hofiert wurde, von einem Menschen aus dem Ministerium für Öffentlichkeitsarbeit oder etwas in der Art, keine Ahnung, was sein genauer Status war. Jedenfalls hat er für die Regierung gearbeitet und uns nach Johannesburg begleitet, und niemand hat mir Schwierigkeiten gemacht. Auch nicht, als ich den Koffer mit den Blutkonserven aufgegeben habe. Der ging zusammen mit dem Material von Docolonia ohne Problem durch die Sicherheitskontrollen am Flughafen. Gut, was?«
    Er staunte sie mit offenem Mund an. Das war typisch für sie, sich irgendwie aus jeder noch so vertrackten Lage herauszulavieren. Die Frau war ein Improvisationstalent. Und sie konnte geradezu meisterhaft flunkern.
    »Was haben Sie danach gemacht?«, wollte er wissen. »Nachdem Sie die Konserven auf den Weg gebracht hatten? Die Ermittlungen in Afrika waren damit doch eigentlich beendet.«
    »Stimmt. Aber dann hat mich die Abenteuerlust gepackt. Außerdem war ich frustriert wegen meiner beruflichen Situation, die ich deinem Herrn Onkel zu verdanken habe.«
    Er quittierte den Seitenhieb mit einem Entschuldigung heischenden Blick, während sie berichtete, dass die Docolonia-Leute schwer beeindruckt gewesen waren, als die geschätzte Reporterkollegin ihnen von dem Blutskandal erzählt hatte.
    »Das Team bestand aus lediglich drei Leuten, dem Chefredakteur, einem Kameramann und Tontechniker in Personalunion sowie dem Assistenten, dessen Hauptaufgabe normalerweise in der Recherche liegt und der darüber hinaus Mädchen für alles ist. Pech für die Filmcrew, dass sich genau jener Assistent kurz zuvor eine Viruserkrankung zugezogen hatte, was ihn zwang, nach Hause zu fliegen. Du siehst, es sind nicht alle so hart im Nehmen wie ich. Egal, des einen Pech ist des anderen Glück. Da der Assistent somit ausgefallen war, hat mich der Chefredakteur noch auf dem Flughafen gefragt, ob ich die vakante Stelle besetzen möchte. Immerhin sah er in mir eine brillante Journalistin, die soeben einen Skandal aufgedeckt hatte.«
    Er war baff. »Sie haben eingewilligt?«, wollte er staunend wissen, obwohl die Antwort auf der Hand lag.
    »Klar habe ich eingewilligt. Wann bekommt man schon mal Gelegenheit, einen waschechten Warlord zu interviewen? Ich sage dir, hier auf dem Sofa hört sich das nicht wie etwas Besonderes an. Doch drüben in Afrika, an Ort und Stelle, sind mir die Knie weich geworden.«
    Er konnte kaum glauben, was er da zu hören bekam. »Sie behaupten also, einem wahrhaftigen Warlord begegnet zu sein, ja? Einem Kriegsherren, der die Bevölkerung seiner Region terrorisiert? Dem Anführer einer paramilitärischen Bande von Halsabschneidern?« Omar Aidid kam ihm in den Sinn, der somalische Pirat, der durchaus gewisse Ähnlichkeiten mit einem Warlord hatte.
    Sie nickte und schloss die Augen. Mit einem Mal wirkte sie todernst. »Er war ein Warlord, und ich habe ihm von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden.« Ihre Stimme wurde leise. »Ich habe in meinem Leben schon viele Dummheiten begangen, doch das war von allen die größte.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Sie schwieg, und obwohl ihre Miene zu Stein erstarrt war, hatte er den Verdacht, dass er soeben mächtig auf den Arm genommen wurde. Diese unheimliche Begegnung klang einfach zu sehr nach Hollywood. Er schaute sie fragend, skeptisch und sogar eine Spur belustigt an.
    Sie erhob sich wortlos, um etwas aus dem Wohnzimmerschrank zu holen, das sich als dickes Fotoalbum entpuppte.
    »Aufschlagen! Seite drei und folgende anschauen!« Sie drückte ihm das Album

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