Sturms Flug
beeindruckt, denn es war ihr binnen einer Woche gelungen, mehr oder weniger im Alleingang ein ganzes Verbrechersyndikat zu zerschlagen und einen wahren Jahrhundertcoup zu vereiteln.
Im Verlauf dieses Falls war übrigens auch das Büchlein beschlagnahmt worden, das in ihrem Hosenbund gesteckt hatte und dafür sorgte, dass er pausenlos an ihre Unterwäsche denken musste. Und auch wenn ihr bei den Ermittlungen ebenso oft der Zufall zu Hilfe gekommen war wie ihr Bruder, der Unterweltkönig, der kurzfristig die Seite gewechselt hatte, musste Lohmann unumwunden zugeben, dass sie ihre Sache gut gemacht hatte. Mehr noch, fantastisch war sie gewesen, das hätte er selbst dann überall verkündet, wenn er ihr nicht verfallen wäre. Die Woche im August, in der er sie bei ihren Ermittlungen begleitet hatte, war die aufregendste seines Lebens gewesen.
»Als er hörte, was Sie getan haben, hat er einen Tobsuchtsanfall bekommen«, fuhr Lohmann in seinem Bericht fort. »Wie Sie sich denken können, spreche ich von Ihren Ermittlungen in Afrika.«
Mit er war sein Onkel gemeint, der Polizeipräsident, Herr Dr. Waldemar Bohne.
Mara wusste genau, von wem die Rede war. »Er hat einen Tobsuchtsanfall bekommen? Hast du mir nicht gerade erzählt, dass mich Eisenschädel Kunze für eine brillante Ermittlerin hält? Dein Onkel spinnt doch.«
Er druckste herum, denn es widerstrebte ihm, sich abfällig über seinen Onkel zu äußern, auch wenn er fand, dass dieser alles andere als fair zu ihr war. »Er spinnt nicht. Ich meine, Sie müssen seinen Standpunkt verstehen. Für ihn haben Vorschriften einen hohen Stellenwert, das bringt sein Amt mit sich.« Er bedachte sie mit einem tadelnden Blick. »Sie sind einfach auf eigene Faust losgezogen und haben die große Ermittlerin gespielt. Noch dazu auf einem anderen Kontinent, was eine Menge diplomatischer Verwicklungen hätte nach sich ziehen können. Sie sind Polizistin in Köln, nicht bei Interpol.«
»Hallo!«, rief sie. »Dein Onkel hat mich suspendiert, schon vergessen? Ich bin nicht mehr Polizistin, weder in Köln noch sonst wo.«
Das war eher falsch als richtig. Fakt war, dass man sie suspendiert hatte, das schon. Doch dies bedeutete lediglich, dass sie für die Dauer der Suspendierung keine Amtshandlungen vornehmen durfte, wie es im Behördendeutsch hieß. Dennoch war sie nach wie vor Beamtin mit einem Dienstgrad, einer Personalnummer und der theoretischen Möglichkeit, wieder in den aktiven Polizeidienst aufgenommen zu werden. Dazu bekam sie ein regelmäßiges Gehalt, das sie fürs Nichtstun kassierte, auch wenn ihre Bezüge momentan um zwanzig Prozent gekürzt waren. Dennoch, so lange, bis sie eine offizielle Entlassungsurkunde in die Hand gedrückt bekam, war sie Polizistin und damit zum Gehorsam verpflichtet.
»Warum hat er Sie damals eigentlich suspendiert?«, fragte Lohmann. »Immerhin haben Sie gute Arbeit geleistet, und das weiß er.«
»Warum er mich suspendiert hat? Tut das was zur Sache?«, gab sie barsch zurück.
Er runzelte die Stirn. Tut das etwas zur Sache? Dieselbe Antwort hatte ihm sein Onkel auch schon zigmal gegeben. »Wie auch immer, jedenfalls hatten Sie kein Recht, im Ausland in einem Kriminalfall zu ermitteln. Abgesehen davon, dass so etwas brandgefährlich sein dürfte, haben Sie sich als Beamtin des deutschen Staates in die Belange eines anderen Landes eingemischt. Gerade im überstaatlichen Rechtsverkehr müssen die Vorschriften eingehalten werden. Oder wie würden Sie reagieren, wenn plötzlich ein Polizist aus Südafrika hier auftaucht, um auf eigene Faust …«
»Ich würde ihn unterstützen, wenn ich könnte«, fiel sie ihm ins Wort. »Davon abgesehen … Okay, du hast recht, es war brandgefährlich! Ich will gar nicht daran denken, was mir hätte passieren können. Da waren zwei Typen mit weißen Strohhüten, Mister Albright und Mister Neboto, die wollten mir nicht nur die Blutkonserven abjagen, ich glaube, die hätten mich glatt umgebracht, wenn …« Sie verstummte.
»Ich hoffe, Sie übertreiben.«
»Kein Stück.« Sie erzählte ihm, wie sie versucht hatte, in einem vollgestopften Kleinbus zu flüchten, dann jedoch eingeholt worden war. »Also bin ich ausgestiegen, bevor ich die Grenze erreichte, wo die beiden mich garantiert abgefangen hätten. Passenderweise bin ich dabei, kaum dass ich den Bus verlassen hatte, einem Produktionsteam der Docolonia über den Weg gelaufen …«
»Docolonia? Nie gehört.«
»Ich damals auch nicht. Inzwischen weiß
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