Sturms Jagd
Heimlichtuerei an den Schleimscheitel wandte. »Da haben wir uns wohl geirrt, als wir annahmen, jemand hätte mit einem Dietrich die Tür zum Penthouse geöffnet. Nennt man so was nicht Wohnungseinbruch?«
Strasser schüttelte den Kopf. »Sie haben doch keinen Schimmer, was ein Dietrich ist. Ich hab die Tür mit einem Pick geöffnet, das ist ein gewaltiger Unterschied.« Das stimmte. »War das alles? Ich hab noch ’ne Menge zu erledigen.«
Er wollte gehen, doch die beiden hielten ihn zurück; Schleimscheitel stellte sich ihm in den Weg, Spitzbart packte ihn hart am Arm, und er spürte die Kraft des Mannes. Als ehemaliger Boxer rechnete er sich unwillkürlich aus, wie die Chancen standen, den Kerl kurzerhand aus den Schuhen zu hauen. Das würde nicht einfach werden, der Typ war eine harte Nuss. Zudem hatten die beiden garantiert Verstärkung mitgebracht, die sich im Hintergrund hielt.
Er entdeckte einen Lieferwagen mit getönten Scheiben, der auf der anderen Straßenseite parkte. Dort richtete höchstwahrscheinlich gerade jemand ein Teleobjektiv auf ihn, das konnte er förmlich spüren. Er hob die Rechte mit dem ausgestreckten Mittelfinger in Richtung Lieferwagen.
»Hören Sie auf, uns zum Narren zu halten, Strasser!«, bellte der Schleimscheitel. »Sie wissen genau, was wir von Ihnen wollen. Haben Sie sich entschieden, Mann?«
Strasser zögerte. Seit Tagen zerbrach er sich den Kopf, und seine Unschlüssigkeit stand ihm in diesem Moment in sein narbiges Gesicht geschrieben.
»Verdammt, Strasser, was gibt es denn da noch zu überlegen? Was wir Ihnen anbieten, ist die Chance.«
»Ja, tolle Chance. Wie viel verliere ich dabei?« Er tat so, als würde er angestrengt nachdenken. »Ah, jetzt hab ich’s wieder: 400 Millionen sind im Topf, zwei Viertel davon gehen an die Schar fleißiger Helferlein, ein Viertel kassiert mein bester Kumpel Smertin, und eins ist für mich, ein Viertel von 400 Millionen. Erzählen Sie mir also bitte nichts von einer verdammten Chance, sonst muss ich auf der Stelle reihern. Gute Nacht.«
Er wandte sich erneut zum Gehen, und diesmal wurde er nicht aufgehalten. Er war schon beinahe um die nächste Häuserecke verschwunden, als er noch einmal stehen blieb und sich umdrehte. »Sie wissen nicht zufällig, wo meine Schwester steckt?«, fragte er.
Tamara war in akuter Gefahr, und das bereitete ihm höllische Kopfschmerzen. Da hatte sich ein Mann in ihr Leben geschlichen, den sie für Tom den Kater hielt. Strasser hatte den Kater vor ziemlich genau 24 Stunden zum ersten Mal zu Gesicht bekommen, gestern, auf einem Waldparkplatz. Er war der Einzige gewesen, der einen Anzug getragen hatte. Er war ein gut aussehender Typ mit dem Tattoo der Falcon Brigade an der Innenseite des Arms. Er war einer von Smertins Glorreichen Sieben, und er wurde Gigolo genannt. Strasser war davon überzeugt, dass sich der Verbrecher an seine Schwester herangemacht hatte, um sie zu bespitzeln. Demnach wusste Smertin haargenau, wer Mara war. Sein Getue am Nachmittag, als er verlangt hatte, ihr Kennzeichen zu erfahren, um sich für die Demolierung seines Mercedes zu rächen, war demnach nichts als Theater gewesen, und Strasser war darauf hereingefallen.
Spitzbart und Schleimscheitel verneinten, sie wussten nicht, wo sich Mara aufhielt.
»Ihr seid die Größten«, brummte Strasser und ging eiligen Schrittes davon.
Kapitel 29
Bodo Lohmanns 40-Quadratmeter-Dachwohnung in der Zülpicher Straße war der heißeste, stickigste, unerträglichste Ort in der ganzen Stadt, und daran konnten auch die drei strategisch verteilten Tischventilatoren sowie die geöffneten Dachluken nichts ändern. Lohmann wälzte sich hin und her, schmorte im eigenen Saft, konnte partout nicht einschlafen. Selbstverständlich führte er das auf die Hitze zurück und nicht auf die Tatsache, dass er sich in Wahrheit um den Schlaf grübelte.
Sein Handy lag auf dem Nachttisch, tat ihm jedoch nicht den Gefallen, auch nur den leisesten Mucks von sich zu geben. Demzufolge war Pjotr Petrow immer noch nicht nach Hause gekommen. Unerhört, welchen Lebenswandel manche Leute pflegten! Den Gedanken, dass der Russe längst heimgekehrt sein könnte und bereits seit Stunden von Frau Sturm verhört wurde, verdrängte Lohmann, denn das hätte bedeutet, dass sie ihn übergangen hatte.
Wieder nahm er das Mobiltelefon zur Hand und vergewisserte sich, dass nicht versehentlich die Stummschaltung aktiviert war. Nein, alles in bester Ordnung, Lautstärke auf Maximum, Empfang
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