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Sturms Jagd

Titel: Sturms Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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hier gewesen, auch wenn das letzte Mal schon ziemlich lange zurücklag. Er hatte zuerst geklingelt, um herauszufinden, ob sie zu Hause war, anschließend hatte er die Nummer ihres Festnetzanschlusses gewählt, doch weder auf das eine noch auf das andere war eine Reaktion erfolgt. Das deutete darauf hin, dass sie fortgegangen war, bewies es aber nicht. Immerhin sollte es Leute geben, die ihr Telefon gelegentlich ignorierten und auch nicht immer Wert auf Besuch legten. Ihr Motorrad jedenfalls stand unten vor der Tür, und das wiederum konnte als Indiz für ihre Anwesenheit gelten, da sie garantiert nicht den Bus genommen hatte, falls sie ausgegangen war.
    Der Einbrecher machte sich auf alles gefasst, gleich würde er es genau wissen.
    Er ging in die Knie und begutachtete das Türschloss, dem er zu Leibe rücken wollte. Das konnte er in aller Ruhe erledigen, denn die Gefahr, von einem spätheimkehrenden Nachbarn überrascht zu werden, bestand nicht, da er sich im obersten Stock befand, vor dem Penthouse, das die einzige Wohnung auf dieser Etage war. Darüber gab es nur noch den Dachboden. Im nächsten Moment stand er im Dunklen, weil das Treppenhauslicht ausgegangen war. Das passierte alle paar Minuten automatisch. Er schaltete es wieder ein und griff nach seinem Werkzeug, das er schon seit Ewigkeiten nicht mehr benutzt hatte.
    Er schnaubte verächtlich. Das Schloss hatte einen herkömmlichen Schließzylinder mit Stiftzuhaltung, was ein besserer Witz war, insbesondere für die Tür einer Polizistin, die sich obendrein für ganz besonders abgebrüht hielt. Verdammte Bulette! Moderne Schließanlagen waren ohne Gewalt kaum noch aufzukriegen, doch Schlösser wie das hier hatte er früher, als er noch im Training war, in dreißig Sekunden geknackt. Diesmal brauchte er zwei Minuten, dann klackte es, und er konnte die Tür aufstoßen.
    »So, Frau Sturm«, flüsterte er, »schauen wir mal, ob Sie schon im Bettchen liegen.«
    Er raffte sein Werkzeug zusammen, dann schlüpfte er ins Innere der Wohnung, wo er zunächst im Flur stehen blieb. Alles dunkel, alles still, das Penthouse lag in tiefem Schweigen da, ein tropfender Wasserhahn und eine tickende Uhr waren die einzigen vernehmbaren Geräusche. Die gegenüberliegende Tür stand offen, und von dort drang Mondlicht herein, an das sich seine Augen allmählich gewöhnten. Zwei geschlossene Türen zweigten in andere Räume ab. Die rechte führte ins Schlafzimmer, wenn er das richtig in Erinnerung hatte.
    Er öffnete sie, langsam, vorsichtig. Die Leuchtziffern eines Radioweckers tauchten den Raum in schummriges Rot. Lag da jemand im Bett? Oder war das bloß ein zerwühltes Laken? Er lauschte. Tamara Sturm nahm stets ihre Dienstwaffe mit nach Hause, wie er wusste, und er fragte sich, wo sie die Wumme aufbewahrte. In der Nachttischschublade? Dann sollte er vermeiden, sie zu einer schlaftrunkenen Kurzschlussreaktion zu verleiten, die womöglich darin bestand, dass sie auf ihn schoss.
    Doch da war nichts, kein Atmen, kein Räkeln, nicht das leiseste Geräusch, das auf eine Schlafende hindeutete. Er tastete nach dem Lichtschalter und betätigte ihn.
    Wie erwartet, war das Bett verwaist. Demnach war seine Schwester tatsächlich nicht zu Hause. Verdammt, dachte Johannes »Jo« Strasser. Wo steckte diese Querulantin? Bestimmt zehn Mal hatte er versucht, sie auf ihrem Handy anzurufen, doch da sprang sofort die Mailbox an, was normalerweise nur geschah, wenn man das Handy ausschaltete.
    Er war gekommen, um sie aus Schwierigkeiten herauszuhalten, aber auch, um die morgige Operation Schneesturm zu schützen. Vor ihr zu schützen. Deshalb hatte er vorgehabt, sie kurzerhand festzuhalten, hier in ihrer Wohnung, wo sie keinen Schaden anrichten konnte. Er war darauf vorbereitet gewesen, Gewalt anwenden zu müssen, doch nun war sie nicht da.
    Schöner Schlamassel!
    Was wusste diese verdammte Schnüfflerin? Weshalb war sie am Nachmittag in Smertins Firma aufgekreuzt? Das war doch nie im Leben Zufall! Wenn der Russe sie in die Finger bekam, würde es ihr schlecht ergehen, vor allem, nachdem sie seinen Mercedes malträtiert hatte. Und wenn wegen ihr die Operation in Gefahr geriet … Daran wollte er lieber gar nicht denken. Es ging um 400 Millionen. Seine Schwester würde den Coup des Jahrhunderts vermasseln. Ausgerechnet Mara, die überhaupt erst dafür gesorgt hatte – indirekt und unwissentlich –, dass die Millionen greifbar wurden. Zuzutrauen war ihr jedenfalls alles, denn sie war nicht nur die

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