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Sturms Jagd

Titel: Sturms Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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seinerseits auf die Milizionäre zu.
    Petrow stieß einen erstaunten Laut aus, denn obwohl man ihm haarklein erklärt hatte, wie sich der Direktor und die Bullen verhalten würden, war es ihm schwergefallen, daran zu glauben.
    Ingo, der dem Russen gefolgt war, missdeutete dessen Erstaunen als Ausdruck von Unkenntnis, was ihm selbst ein Gefühl der Überlegenheit gab. »Das habe ich schon mindestens ein Dutzend Mal erlebt«, erklärte er im Tonfall eines Oberlehrers. »So läuft das immer ab, wenn es einen Alarm gibt. Erst ruft die Polizei an und lässt sich bestätigen, dass alles in Ordnung ist, dann muss jemand mit dem Regenschirm vor die Tür. Das ist ganz schön ausgefuchst, denn falls tatsächlich ein Überfall im Gange wäre, könnten die Täter einfach jemanden zwingen, am Telefon zu behaupten, es sei alles in Butter. Doch erst wenn er mit dem Schirm nach draußen kommt, ist der Beweis erbracht, dass dem auch tatsächlich so ist.«
    »Ein Alarm?« Petrow mimte den Ahnungslosen. »Ich kann keinen Alarm hören.«
    Ingo schnaubte verächtlich. »Das ist der Sinn der Sache.«
    Die Bullen sprachen mit dem Nadelstreifenanzug, dann folgten sie ihm in die Bank. Er klatschte in die Hände. »Alle mal herhören!«, rief er. »Hol mal jemand die Leute aus dem Aufenthaltsraum und den Büros hinzu! Na los, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Auch die Damen und Herren Raumpfleger mögen bitte herkommen!«
    Zwei Minuten später waren alle versammelt. Der Direktor verkündete mit nörgelnder Stimme: »Es hat einen Überfallalarm gegeben. Wer ist diesmal wieder an den Knopf gekommen?«
    Wildes Gezeter erhob sich. Natürlich stritt jeder ab, für den Fehlalarm verantwortlich zu sein, und natürlich hatten alle die Mitglieder der Putzkolonne im Verdacht, doch die leugneten noch vehementer und beteuerten, wie vorsichtig sie zu Werke gegangen seien.
    Die Bullen schauten sich derweil mehr oder weniger gelangweilt um, schlenderten herum, warfen einen Blick hierhin und dorthin. Das dauerte eine halbe Ewigkeit und wäre vermutlich schneller vonstattengegangen, wenn der Dicke nicht unentwegt in die Brötchentüte gegriffen hätte, die er dabeihatte und in der sich offensichtlich sein Frühstück befand. Als sie abrückten, war der Teppich voller Krümel.
    »Da wieder einmal keiner verantwortlich ist«, raunzte der Lange im Weggehen den Direktor an, »unterstellen wir also eine Funktionsstörung der Anlage. Sehen Sie zu, dass sich im Laufe des Morgens ein Techniker darum kümmert. Ich habe keine Lust, noch mal völlig umsonst herzukommen.«
    Petrow schaute den beiden Polizisten grinsend nach. Der Direktor sperrte hinter ihnen zu. Um halb neun würde er wieder aufschließen, damit die Kundschaft hereinkonnte.
    »Ich weiß, dass ihr etwas miteinander habt«, sagte Ingo unvermittelt zu Petrow. Er bedachte seinen vermeintlichen Rivalen mit einem Blick, der sowohl Enttäuschung als auch Wut bedeuten konnte. Streitlustig forderte er den Russen auf, ihm zwecks ungestörter Aussprache in die Besenkammer zu folgen. Ohne eine Antwort abzuwarten, stiefelte er mit geblähten Nasenflügeln voran.
    Petrow hatte keine Ahnung, was in den Spinner gefahren war, folgte ihm jedoch.
    Die Tür der Besenkammer war noch nicht richtig zu, als sich Petrow die erstbeste Flasche mit Reinigungsmittel schnappte, die ihm in die Finger kam, wortlos den Deckel abschraubte und Ingo ohne Vorwarnung eine ordentliche Ladung des Inhalts in die Augen spritzte. Der Attackierte schlug schreiend die Hände vor das Gesicht. Einen Atemzug später ging er zu Boden, nachdem das Rohr eines Staubsaugers gegen seine Schläfe gekracht war. Petrow trat noch fünf oder sechs Mal nach dem Kopf des am Boden Liegenden, dann riss er den Reißverschluss seines Overalls auf, und eine schwarze Montur kam zum Vorschein. Eine Sekunde später hielt er eine Pistole in der Rechten.
    Es war exakt acht Uhr, eine Viertelstunde später als geplant.
    Dennoch – die Operation Schneesturm hatte begonnen.

Kapitel 39
    Zeit seit Beginn der Operation Schneesturm:
00:01:33
    Lohmann glaubte weiterhin, dass Frau Sturm einem Hirngespinst hinterherrannte und dass es wahrlich keinen Grund zur Eile gab. Entsprechend bedächtig, stets im Einklang mit den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung, lenkte er den Audi durch den Berufsverkehr – bis sie ihn aus voller Kehle anfuhr, gefälligst auf das verdammte Gaspedal zu treten. Dabei sah sie aus wie eine Raubkatze, gefährlich und fauchend, sodass er sich deutlich

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