Sturms Jagd
mehr Mühe gab.
Sie war völlig aus dem Häuschen, nagte an ihren Fingerknöcheln, zählte in Gedanken noch einmal alle Fakten auf, die für einen Überfall sprachen, ohne sich andererseits diejenigen zu verschweigen, die das Gegenteil behaupteten.
»Es gibt keinen Zweifel!«, rief sie Lohmann schließlich gegen das Rauschen des Fahrtwindes und das Geräusch des Motors zu.
Dann meldet sich wieder ihr Handy. Im Display erschien eine unbekannte Nummer. Das war bestimmt Herr Garbrecht, dem noch etwas Dummes eingefallen war. Sie ignorierte den Klingelton und versuchte sich zu konzentrieren. Die Einsatzleitstelle musste informiert werden, damit die nötigen Maßnahmen ergriffen wurden. Zuerst würde man die Bank umstellen und versuchen, mit den Gangstern in Kontakt zu treten. Gleichzeitig würde man die Spezialkräfte alarmieren, also Verhandlungsgruppe, SEK, MEK, alles, was zur Verfügung stand.
Das Handy dudelte erneut. Sie drückte auf die Verbindungstaste und fauchte: »Keine Zeit! Wer du auch bist, nerv mich später. Ich leg jetzt auf.« Gesagt, getan.
Es dauerte nur Sekunden, bis der Quälgeist es wieder versuchte. Streitlustig nahm sie das Gespräch an.
»Hier ist Jo«, kam es aus dem Telefon. Er schien zu schreien, denn er war trotz der Umgebungsgeräusche gut zu verstehen. »Leg nicht wieder auf, verdammt noch mal, ich muss mit dir reden!«
Mara wurde sofort wütend. »Was willst du denn diesmal? Soll ich wieder nach Frankfurt kommen, um dort von einem Portier zu erfahren, dass der Herr ausgeflogen ist? Blödmann, wo warst du? Ich habe hundert Mal versucht, dich anzurufen. Wieso hast du dich nicht gemeldet?«
»Wollte ich ja«, erklärte Strasser, »aber mir wurde die Jacke aus dem Hotelzimmer geklaut, die schöne alte Fliegerjacke, die mir unser Vater geschenkt hat, du weißt, welche ich meine. Darin war mein Portemonnaie mit allen Kreditkarten, außerdem mein BlackBerry.«
»Drück dich gefälligst verständlich aus. Was ist ein BlackBerry?«
»Ein Communicator. Handy, Adressbuch, Computer, alles in einem. Ich hatte darin sämtliche Telefonnummern gespeichert, die ich brauche, deine eingeschlossen. Um sie wiederzubekommen, musste ich gestern deinen freundlichen Bürogenossen Schmitz anbetteln. Er mag mich nicht besonders, glaube ich. Aber egal, als ich die Nummer endlich hatte, ist nur noch deine Mailbox rangegangen. Ich habe bis in die Nacht versucht, dich zu erreichen. Mensch, Mara, wo warst du denn? Ich habe mir Sorgen gemacht.«
»Das ist ja mal was ganz Neues. Damit du’s weißt: Schmitz ist nicht der Einzige, der dich nicht ausstehen kann. Das gilt gleichermaßen für mich. Warum hast du ihn nicht früher nach meiner Nummer gefragt?«
»Himmel, ich hatte zu tun. Oder glaubst du, dass ich zum Vergnügen in Frankfurt war? Irrtum, ich war geschäftlich dort. Musste Serkan promoten, meinen besten Cage-Fighter, du erinnerst dich bestimmt an ihn.«
In der Tat war ihr Serkan im Gedächtnis haften geblieben, dieser behaarte Halbaffe, der seinen Gegner im Käfig zu Frikassee verarbeitet hatte. Sie tat den Gedanken als pure Zeitverschwendung ab und war nahe daran, die Geduld zu verlieren. »Jo, du wirst es nicht glauben, aber auch ich habe gelegentlich zu tun. Jetzt zum Beispiel. Also, wenn dir nach einem Schwätzchen zumute ist, ruf doch einfach später noch mal an.«
»Ich mache mir Sorgen um dich!«, sagte er zum zweiten Mal.
Das war ungewöhnlich, denn seit sie zur Polizei gegangen war, hatte er sich das Sorgenmachen abgewöhnt. Früher war das anders gewesen, da hatte er immer auf großer Bruder und Beschützer gemacht, was ihr bis fünfzehn imponiert hatte, danach jedoch mächtig gegen den Strich gegangen war.
»Jo! Was willst du?« Sie stand kurz davor, einfach auf die Trenntaste zu drücken.
»Ich muss mit dir über deinen Schwarm reden, über diesen Tom. Er ist ein gefährlicher Mann.«
»Was redest du da?«
Strasser zögerte, auf der Suche nach den passenden Worten. »Sagen wir so: Ich habe Erkundigungen über ihn eingeholt und ein paar Dinge herausgefunden, die du unbedingt wissen solltest.«
Sie war sofort auf hundertachtzig. »Das darf doch nicht wahr sein! Du hast in Toms Privatleben herumgeschnüffelt? Spinnst du? Lass ihn gefälligst in Ruhe!«
In diesem Moment bogen sie von der Hauptstraße ab und erreichten die neu angelegte Allee, die auf den Karlsplatz mündete und damit geradewegs auf die Bank zuführte. Mit einem knappen »Warte!« legte sie das Handy in die
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