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Sturms Jagd

Titel: Sturms Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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Fingern quoll Blut hervor, er starrte sie an und murmelte: »Ich … muss dir noch etwas sagen …«
    Es war das erste Mal, dass er sie duzte, und es war zugleich das letzte Mal, denn was immer er ihr mitteilen wollte, er brachte es nicht mehr heraus. Mitten im Satz kippte sein Kopf zur Seite.
    Dann lag er reglos da.
    Während sie sich bewusst machte, wie sympathisch ihr dieser liebenswürdige Spinner mit den Golfhosen in der kurzen Zeit ihrer Bekanntschaft geworden war, kam von irgendwo ein Gewehrkolben angeflogen, den sie erst bemerkte, als er gegen ihren Kopf knallte. Von einem Atemzug zum nächsten verschwamm die Welt vor ihren Augen. Sie sank zu Boden.
    Wie durch einen Trichter nahm sie Toms Stimme wahr, als er zu den anderen sagte: »Lasst uns abhauen, die Bullen müssen jeden Moment auftauchen. Wie weit seid ihr mit dem Verladen?«
    »Fertig.« Der Clown lachte. »Und die da nehme ich mit.«
    Auf dem Rücken liegend sah Mara, dass er mit seinem Wurstfinger auf sie zeigte. Dann nahm er die Maske ab, und zum Vorschein kam ein fetter Kerl mit Irokesenschnitt, der unheimlich brutal aussah. Links und rechts des Haarstreifens waren zwei geflügelte Totenköpfe auf seinen Schädel tätowiert und auf seinen Hals ein Spinnennetz. Sie erinnerte sich an Greiners Worte. Er heißt Guido Kippling, Spitzname Kippe. Hat in der Vergangenheit mehrfach wegen Vergewaltigung gesessen …
    Sie fühlte sich hochgehoben und aufgeladen wie einen Sack Kartoffeln. Kippling verfügte offenbar über erstaunliche Kraft. »Wenn wir wieder zu Hause sind«, feixte er, »werde ich meinen Spaß mit ihr haben. Dann komme ich doch noch auf meine Kosten. Hihi.«
    Mara, die mit dem Gesicht nach unten hing und deren Welt kopfstand, erhaschte einen flüchtigen Blick auf Tom. Wie es aussah, wollte er gegen Kipplings Pläne protestieren, doch schließlich lenkte er ein. Seine letzten Worte, die sie hörte, lauteten: »Von mir aus kannst du mit ihr machen, was du willst. Aber lasst uns jetzt endlich verschwinden.«
    Dann wurde sie ohnmächtig.

Kapitel 52
    »Du bist viel zu früh dran«, empfing Smertin den verhassten Narbigen. Er warf seinem Kumpan mit der Augenklappe einen fragenden Blick zu, dann musterte er den Neuankömmling. Sein Misstrauen war unübersehbar.
    »Weiß ich doch«, gab Strasser gut gelaunt zurück. »Ich bin absichtlich etwas früher gekommen, damit wir Zeit haben, noch ein wenig zu plaudern. Schließlich trennen sich unsere Wege nach dem heutigen Tag für immer. Lieber Victor, mein Freund und Sukin Sin , ich glaube, ich werde dich vermissen.« Er lächelte unverhohlen süffisant, doch der Russe ignorierte die Provokation.
    »Plaudern?«, wiederholte er, während er sich insgeheim fragte, was diese narbige Kanalratte im Schilde führte. Dass Strasser etwas ausheckte, stand für ihn außer Zweifel, dafür sprach allein die Tatsache, dass er ohne Begleitschutz aufgetaucht war. Blieb also die Frage, welches Ass er im Ärmel hatte. Oder zu haben glaubte. Smertin beruhigte sich mit dem Gedanken an die Scharfschützen auf dem gegenüberliegenden Dach. Unwillkürlich wanderte sein Blick in die Höhe. Das entging dem Narbigen nicht, doch wenn es ihm Sorgen bereitete, ließ er sich nichts anmerken. Selbstsicherer Bastard!
    »Plaudern trifft sich gut«, nahm der Russe den Faden wieder auf, »denn auch ich habe dir ein paar interessante Neuigkeiten mitzuteilen.«
    »Neuigkeiten? Da bin ich aber gespannt.« Strasser rieb sich vergnügt die Hände. »Ich liebe Überraschungen.«
    Nun lächelte Smertin ebenfalls, wobei er das Kunststück fertigbrachte, sogar noch eine gehörige Portion mehr Überheblichkeit in diese an sich freundliche Geste zu packen, als sein Kontrahent das vermochte. »Leider muss ich dich enttäuschen, es handelt sich um schlechte Neuigkeiten. Schlecht für dich.« Die inszenierte gute Laune des Narbigen ging ihm auf die Nerven. Nun, ein simples Händeklatschen würde ihm die Laune gründlich verderben. Doch bis dahin wollte Smertin sich noch ein wenig amüsieren. Feierlich verkündete er: »Wir haben deine Lederjacke gefunden. Die Fliegerjacke, die dir dein Vater geschenkt hat.«
    Für einen winzigen Moment bekam Strassers Fassade einen Riss, doch dann fing er sich wieder. »Die Jacke? Aber das ist doch keine schlechte Nachricht, Victor, mein Lieber, das ist wundervoll. Sie ist mir in Frankfurt im Hotel gestohlen worden. Wo hast du sie gefunden?«
    »Serkan hat sie gefunden und mir gegeben.«
    Bei der Nennung dieses Namens

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