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Sturms Jagd

Titel: Sturms Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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Wasserfall. Er wollte seine Laura wiederhaben, seine Rose, seine Liebe, sein Ein und Alles, jammerte er. Schon nach kurzer Zeit war Mara überzeugt, dass er als Täter ausschied. Diese Annahme untermauerte die Vermieterin mit ihrer Aussage, er habe in den letzten drei Tagen sein Zimmer nicht verlassen, sondern rund um die Uhr in der Stube gehockt und gesoffen.
    Unmittelbar vor der Visite bei Meier hatte Mara gemeinsam mit den Streifenbeamten Laura Rosenzweigs Wohnung durchsucht. Ein zuvor bestellter Schlüsseldienst hatte ihnen die Tür geöffnet. Leider war das Ergebnis der Durchsuchung genauso ernüchternd gewesen wie die Befragung Meiers. Was blieb, war allein die Gewissheit, dass Laura weder Opfer eines schweren Unfalls in den eigenen vier Wänden geworden war noch Suizid begangen hatte. Ein brauchbarer Hinweis über ihren Verbleib ergab sich jedoch nicht.
    Die Stimme einer Ärztin, die mit einem Klemmbrett bewaffnet über den Korridor eilte, holte Mara in die Gegenwart zurück.
    »Ah, guten Morgen, Frau Strass … äh … Frau Sturm. Schön, Sie wiederzusehen. Sie waren lange nicht mehr hier.«
    Mara nickte verlegen. Lag in der Frage ein versteckter Vorwurf? »Wenig Zeit. Ich hatte beruflich und persönlich viel um die Ohren, wissen Sie?«
    Die Ärztin nickte. »Na, jedenfalls haben Sie Glück, Ihrem Vater geht es schon seit ein paar Tagen ziemlich gut. In letzter Zeit war er bis mittags mehr oder weniger klar. Wie es aussieht, schlägt die neue Rivastigmin-Therapie gut an.«
    Maras Vater war zweiundachtzig. Seit etwa einem Jahr stand fest, dass er an Morbus Alzheimer litt; er war orientierungslos, wurde von Wahnvorstellungen heimgesucht, vergaß sogar die Namen seiner Kinder. Ihr Bruder sorgte mit seinem Geld dafür, dass der Senior vernünftig untergebracht war, nämlich in einer der vier luxuriösen Wohneinheiten dieses Pflegeheims, das einem privaten Unternehmen gehörte. Sie wusste, dass ihr Bruder monatlich 6000 Euro berappte, um dem Vater das Schicksal in einem der Gitterzimmerchen für Kassenpatienten zu ersparen. Doch abgesehen von dieser finanziellen Zuwendung, die ihn kaum mehr belastete als Mara der Erwerb einer Kinokarte, tat er rein gar nichts für den alten Herrn, keine Anrufe, keine Besuche, keine Briefe. Noch nicht einmal um seine Unterbringung hatte er sich bemüht, sondern alles auf sie abgewälzt. Sein Beitrag bestand im Scheckbuch-Zücken.
    Die Ärztin warf einen Blick auf das Klemmbrett. »Ihr Vater müsste mit dem Frühstück fertig sein, Frau Sturm. Wenn Sie möchten, können Sie jetzt zu ihm. Soll ich Sie begleiten?«
    Mara lehnte ab. »Danke, ich kenne den Weg.«
    Die Ärztin verabschiedete sich. »Und geben Sie auf sich Acht, Frau Sturm«, mahnte sie im Weggehen. »Versuchen Sie, kürzer zu treten. Arbeiten Sie nicht mehr so viel. Sie sehen erschöpft aus.« Sie verschwand mit rauschendem Kittel.
    Dass Mara erschöpft aussah, war indes kein Wunder.
    Es war kurz vor fünf gewesen, als sie nach erfolgter Wohnungsdurchsuchung und Gastspiel beim Rolligen Rollo ins Präsidium zurückgekehrt war. Dort hatte sie noch eine geschlagene Stunde mit Schreibarbeiten zugebracht, um den Fall anschließend dem zuständigen Kommissariat zu übergeben. Lediglich eine Sache wollte sie selbst noch ermitteln, doch das war erst am folgenden Nachmittag möglich.
    Während sie dem Korridor folgte, dachte sie an Laura.
    Die Wohnung der Verschwundenen war aufgeräumt gewesen, ohne steril zu wirken. Sie war geschmackvoll eingerichtet, mit vielen Blumen sowie zahlreichen selbst gemalten Bildern an den Wänden, die man guten Gewissens als Kunstwerke bezeichnen konnte. Drei dieser Bilder hatten Mara mehr als alle anderen beeindruckt, da sie augenscheinlich mit ganz besonderer Hingabe gemalt worden waren. Sie hatten nebeneinander im Wohnzimmer gehangen, und während das rechte und das linke zwei Kinder zeigten, war auf dem mittleren eine sympathische junge Frau zu sehen. Mara zweifelte nicht daran, dass es sich dabei um ein Selbstporträt Lauras handelte.
    Ja, Laura Rosenzweig war eine wirklich talentierte Malerin, um das zu erkennen, musste man kein Experte sein. Wenn sie sich mit dem Bild nicht allzu sehr geschmeichelt hatte, sah sie umwerfend aus, eine echte Schönheit. Was hatte Anne gemeint? Ihr habt den gleichen Charakter, du und Laura, und auch äußerlich seid ihr euch ähnlich …
    Mara bezweifelte das; Lauras Wohnung war aufgeräumt, sie hingegen lebte im Chaos. Überdies war sie siebenunddreißig, wurde

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