Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sturms Jagd

Titel: Sturms Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
Vom Netzwerk:
nachzudenken. Die Regelstudienzeit betrug neun Semester, also viereinhalb Jahre.
    »Acht Semester«, gab Lohmann Auskunft. »Vier Jahre.« In seiner Stimme schwang eine gehörige Portion Stolz mit, was durchaus berechtigt war, da er mit der Traumnote 1,0 abgeschlossen hatte. Das galt gleichermaßen für sein Abitur.
    Eine ganze Weile wusste niemand etwas zu sagen.
    Dann griff Schmitz nach seinen Zigaretten, erhob sich umständlich und verließ das Büro. »Bin im Technik-Raum«, rief er Mara im Weggehen zu. »Muss mich durch die Mitschnitte der Telefonüberwachungen kämpfen. Wird vermutlich den ganzen Tag dauern. Mist, meine Kippen sind fast alle.«
    Als er schon außer Sichtweite war, hörte man ihn auf dem Flur lästern: » Am liebsten wäre mir das Richteramt. Ich glaub, mein Schwein pfeift. Und diese Hosen. Da haben wir ja einen tollen Hanswurst am Hals.«
    »Habe ich etwas falsch gemacht?«, nuschelte Lohmann. Er stand da wie ein begossener Pudel.
    Mara verspürte plötzlich Sympathie für die bedröppelte Gestalt mit den abscheulichen Beinkleidern. Der angehende Jurist, der wie ein kleiner Junge wirkte, tat ihr leid. »Mach dir nichts draus«, beschwichtigte sie, »er meint es nicht böse. So geht er mit jedem um, das ist seine Art. Man gewöhnt sich dran.« Sie deutete auf den frei gewordenen Stuhl. »Setz dich!«
    Er gehorchte. »Danke, Frau Sturm.«
    Sie öffnete die Schreibtischschublade, in der sie ihre Zigaretten aufbewahrte, als ihr einfiel, dass sie inzwischen passionierte Nichtraucherin war. Mürrisch warf sie die Lucky Strikes zurück und schloss die Schublade wieder. »Wenn du Wert darauf legst, dass wir gut miteinander auskommen, solltest du so schnell wie möglich mit diesem Frau-Sturm-Unfug aufhören. Ich bin Mara, damit das klar ist.«
    »Aber …«
    »Nichts aber, ich bin doch keine Kriminaldirektorin oder sonst so ein hohes Tier.«
    Sie lachte, Lohmann nickte verlegen. Wieder nahm er den Geruch ihres Parfüms wahr. Sie hat wirklich eine tolle Ausstrahlung, überlegte er erneut, da merkt man gar nicht, dass sie schon so alt ist. Wie sie wohl mit offenem Haar aussieht? Ob sie verheiratet ist? Einen Ring trägt sie jedenfalls nicht. Herrgott, Lohmann, wohl von allen guten Geistern verlassen, wie? Reiß dich zusammen!
    Und wieder streifte sein Blick ihre nackten Füße, mit denen sie unter dem Schreibtisch einen imaginären Takt trommelte. Als ihm bewusst wurde, dass er sie anstarrte, drehte er ruckartig den Kopf zur Seite. Gott sei Dank klingelte in diesem Moment ihr Handy, wodurch ihr entging, dass er abermals errötete.
    Der Anrufer war Jo. »Wir müssen uns treffen«, begann er, ohne sich mit höflichem Vorgeplänkel aufzuhalten. »Sofort!«
    »Wieso, was ist los? Hast du was rausgefunden?«
    »Darüber kann ich am Telefon nicht reden.«
    »Hast du was rausgefunden?«, wiederholte sie stur.
    »Darüber kann ich am Telefon nicht reden«, gab er genauso unnachgiebig zurück.
    Wenn es jemanden gab, der noch starrköpfiger sein konnte als Mara, dann ihr Bruder. In diesem Punkt war er ihr ein unschlagbarer Lehrmeister gewesen.
    »Was ist jetzt?«, drängte er.
    Sie lenkte ein. Wenn er ein derartiges Theater veranstaltete, dann gab es einen guten Grund dafür. »Also gut, wo treffen wir uns? Bei dir zu Hause oder …«
    »Weder noch. Ich rufe von unterwegs an. Ich bin im Moment in Frankfurt und kann nicht weg. Habe geschäftlich hier zu tun.«
    »Frankfurt am Main?«
    »Nein, Frankfurt am Mississippi. Natürlich am Main.«
    Sie überlegte einen Moment. »Das heißt, du willst, dass ich auf der Stelle nach Frankfurt komme? Einfach so, während der Arbeit? Du spinnst doch, das sind über 150 Kilometer. Ich habe letzte Nacht so gut wie nicht geschlafen. Ich bin hundemüde. Außerdem brauche ich um diese Uhrzeit ewig für die Strecke. Die Autobahn wird voller Lkws …«
    »Stell dich nicht so an, du hast doch das richtige Gefährt für einen heißen Ritt. Dabei vergeht die Müdigkeit.« Er lachte. »Ich muss jetzt weitermachen, will die anderen nicht so lange warten lassen. Ich schicke dir die genaue Adresse per SMS. Beeil dich!«
    Die Verbindung wurde unterbrochen, noch ehe sie etwas einwenden konnte. »Frankfurt«, murmelte sie. »Der ist doch nicht mehr ganz dicht.«
    »Wer ist nicht mehr ganz dicht?« Lohmann war neugierig. »Wer war das? Was ist passiert?«
    Er bekam keine Antwort. Mara verharrte einen Augenblick, und man brauchte sie nicht näher zu kennen, um zu bemerken, dass die Gedanken hinter

Weitere Kostenlose Bücher