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Sturms Jagd

Titel: Sturms Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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mit grauen Schläfen, aalglatt und steinreich, sowie ein unfassbar fetter Kerl, den Lohmann an diesem Abend zum ersten Mal sah.
    »Möchten Sie noch ein Evian, der Herr?«, wiederholte der Kellner.
    In diesem Moment wurde Lohmann entdeckt. Der Polizeipräsident in persona schaute lächelnd zu ihm herüber. Dann zupfte der hohe Herr seinen Nebenmann am Ärmel, wechselte ein paar Worte mit ihm, erntete ein aufmunterndes Nicken – und winkte Lohmann heran.
    Lohmann riss dem Kellner fast die Gläser vom Tablett, verwickelte ihn in ein sinnloses Gespräch über die Vor- und Nachteile von Kohlensäure im Mineralwasser, stürzte ein weiteres Glas Evian hinunter, tat alles, um vorzutäuschen, derart beschäftigt zu sein, dass er den Wink Dr. Bohnes übersehen hatte.
    Doch dieser signalisierte abermals, Lohmann möge sich zu ihm und seinen Begleitern gesellen. Mittlerweile wurden sogar die umstehenden Gäste darauf aufmerksam und begannen zu tuscheln. Von der Steingarten-Bar drang Gelächter herüber. Lohmann blieb nichts anderes übrig, als sich in sein Schicksal zu fügen. Wortlos drückte er dem Kellner das leere Glas in die Hand, dann hielt er gemessenen Schrittes auf den Grandseigneur und sein Gefolge zu. Die Vorstellung konnte beginnen.
    »Ah, der liebe Bodo«, begrüßte ihn einer.
    »Lange nicht mehr gesehen«, stellte ein anderer fest.
    Es folgte allgemeines Schulterklopfen, Augenzwinkern, Händeschütteln.
    »Bodo, Bodo, ich muss Sie tadeln. Sylvia wartet schon sehnsüchtig auf Ihren Anruf. Sie wollen meiner Tochter doch nicht das Herz brechen?« Das war der vor Geld stinkende Seniorchef einer ortsansässigen Müllentsorgungsfirma, der gut mit Lohmanns Onkel befreundet war.
    »Alles in Ordnung?« Diese Frage kam vom Polizeipräsidenten höchstpersönlich.
    Lohmann quälte sich ein Lächeln ab. »Alles bestens. Danke.«
    Dr. Waldemar Bohne strahlte. Gut gelaunt schaute er in die Runde, dann wanderte sein Blick zu Lohmann zurück. Er fixierte den Referendar. »Aber was wird denn nun aus der armen Sylvia? Wir haben gerade darüber gesprochen, welch ein großartiges Paar ihr beiden abgeben würdet.«
    Die Runde schmunzelte wohlwollend, während Lohmann unweigerlich husten musste. Er spürte, wie ihm die Schamesröte ins Gesicht stieg. Gleichzeitig fragte er sich, ob er tatsächlich wie der kleine Junge wirkte, für den ihn die großen Weltmänner so offenkundig hielten. Unter ihren Blicken kam er sich vor wie ein Zwölfjähriger, der sich weigerte, mit dem achtjährigen Nachbarsmädchen Förmchenbacken im Sandkasten zu spielen.
    »Sylvia …«, stammelte er. »Also, um ehrlich zu sein, habe ich erst heute Morgen mit dem Gedanken gespielt, sie demnächst wieder einmal ins Theater einzuladen. Nächste Woche oder so.« Das war natürlich gelogen, denn Sylvia war eine hässliche Kröte, doch der Müllbaron schien versöhnt.
    Als diese Formalität erledigt war, fragte der Polizeipräsident die anwesenden Herren, ob sie nicht Lust hätten, seine jüngste Anschaffung zu bewundern, nämlich zehn prächtige Koi-Karpfen, und selbstverständlich fand die Idee begeisterten Anklang. Sofort löste sich die Versammlung auf, und jeder war nur noch beseelt von dem Wunsch, möglichst schnell zum Teich zu stürmen und ins Wasser zu glotzen.
    Zurück blieben Lohmann und Herr Dr. Waldemar Bohne sowie der unbekannte Fettwanst, der Lohmann vorhin schon aufgefallen war. Als die anderen außer Hörweite waren, machte Dr. Bohne die beiden miteinander bekannt.
    »Lieber Bodo, darf ich dir Herrn Böll vorstellen? Lieber Böll, wie Sie wahrscheinlich schon vermutet haben: Das ist mein Neffe Bodo. Bodo Lohmann.«
    »Äh … der Name ist Boll, Herr Polizeipräsident, Oswald Boll. Und ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, Bodo.« Sein Doppelkinn wackelte.
    »Ganz meinerseits.«
    Dann verschwendete Herr Dr. Bohne keine Zeit mehr mit Protokollfragen, obwohl er sich mit solchen Dingen stundenlang aufhalten konnte, wie Lohmann wusste. »Hat alles geklappt?«, wollte Onkel Waldemar wissen. »Kannst du diese Kommissarin im Auge behalten, über die wir gesprochen haben?«
    Lohmanns Hustenreiz meldete sich zurück. »In der Tat, das kann ich. Für die Dauer meiner Hospitation bei der Kripo wurde sie mir als Mentorin zugewiesen. Damit habe ich sie stets im Blick, genau wie du es wolltest. Übrigens, momentan ermittelt sie in einem interessanten Entführungsfall, und ich denke, Frau Sturm hat durchaus das Zeug …«
    Der Polizeipräsident schnitt ihm

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