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Sturmsegel

Sturmsegel

Titel: Sturmsegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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hinterher.
    Ingmar warf ihr noch einen besorgten Blick zu, obwohl doch er es war, der eine gefährliche Aufgabe zu erfüllen hatte. Dann folgte er seinem Vater und Anneke blieb allein im Quartier zurück.
    Während sich Furcht in ihr ausbreitete wie ein rasch wirkendes Gift, tat sie wie geheißen. Kaum hatte sie den Fensterladen geschlossen, ertönte über ihnen ein lautes Krachen, so als hätte ein Blitz einen der Masten getroffen.
    »Das Elmsfeuer!«, kreischte plötzlich eine Stimme vom Deck her. Verängstigt kauerte sie sich in eine Ecke der Kajüte. Sie wusste, was das zu bedeuten hatte: Das Elmsfeuer war ein Licht, das auf den Segelrahen tanzte und immer dann erschien, wenn ein Schiff dem Untergang geweiht war.
    Vielleicht ist das alles ja doch meine Schuld, dachte Anneke, als sie den Kopf in ihren Armen barg. Ihr Magen rebellierte, doch sie konnte nicht sagen, ob vor Angst oder wegen des Seegangs.
    Das Schiff bäumte sich auf wie ein störrisches Pferd, das die Peitsche zu schmecken bekommen hatte und nicht gewillt war, sich seinem Herrn zu unterwerfen. Das Grollen wurde lauter und ab und an drang das Licht eines Blitzes durch die Bretter des Fensterladens. Die Minuten wurden zu einer Ewigkeit.
    Anneke schloss die Augen.
    Vielleicht wäre Beten in dieser Situation das Beste, doch ihr wollten beim besten Willen keine Worte einfallen. Ihre Gedanken waren bei Ingmar und sie hoffte, dass ihm nichts zustoßen würde.
    Schreie ertönten über ihr, dann erneut ein dumpfes Krachen. Das gesamte Schiff erzitterte, aber nicht so, als sei es von einem Brecher getroffen worden. Vielmehr schien es, als wollte es auseinanderbrechen. Das wäre der sichere Tod!
    Ein Geräusch erregte plötzlich ihre Aufmerksamkeit.
    Noch immer knarzte das Schiff, doch nicht mehr so laut, und Anneke konnte Schritte hören, die sich ihrem Quartier näherten.
    Die Tür wurde aufgerissen und Ingmar taumelte herein. Sein Gesicht war schrecklich blass, Blut klebte an seinen Wangen.
    »Wir müssen vom Schiff runter«, rief er panisch. Sein Blick war voller Furcht. »Vater ist …«
    Annekes Magen krampfte sich zusammen. »Was ist mit deinem Vater?«
    »Er ist vom Deck gespült worden, wie die meisten Seeleute auch«, presste Ingmar hervor. Offenbar hatte er einen gewaltigen Schock erlitten. »Überall läuft Wasser in den Rumpf. Komm mit, wir müssen es zum Boot schaffen!«
    Anneke starrte ihn erschrocken an, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Mechanisch erhob sie sich und ließ sich von Ingmar mitzerren.
    Das Oberdeck bot einen verheerenden Anblick. Beide Masten waren gebrochen, die Takelage und die Segel bildeten ein scheinbar undurchdringliches Gestrüpp. Menschen waren an Deck nicht mehr zu sehen, jedenfalls keine, die am Leben waren.
    Als ein Segeltuch vor ihnen kurz hochgeweht wurde, fiel Annekes Blick auf die Leiche von Jonas, der ihnen den Untergang prophezeit hatte. Er war offenbar vom vorderen Mastbaum erschlagen worden.
    Plötzlich traf ein Brecher das Schiff so hart, dass es sich gänzlich zur Seite neigte.
    Anneke schrie auf, als sie in die Tiefe geschleudert wurde. Der Gedanke, dass sie nicht schwimmen konnte, durchzuckte ihren Verstand und gleichzeitig kehrte die Erinnerung an den Traum zurück, den sie in der Nacht nach dem Untergang der Vasa gehabt hatte.
    »Halt dich an den Segeln fest!«, rief Ingmar ihr von irgendwoher zu.
    Ihre Hände reagierten, bevor ihr Kopf es tat. Sie bekam ein Tau zu fassen und klammerte sich mit aller Kraft daran fest. Natürlich war sie sich dessen bewusst, dass es ebenso wie der Rest des Schiffes versinken würde. Aber immerhin würde ihr noch ein wenig mehr Zeit bleiben.
    Plötzlich ertönte ein Ächzen über ihr und etwas Schweres traf ihren Nacken. Sterne flackerten vor ihren Augen und im nächsten Augenblick verlor sie das Gefühl in ihren Händen. Das Tau entglitt ihrem Griff und sie stürzte ins Wasser.
    Ein bedrohliches Ächzen ging durch die Santa Lucia, doch das bekam Anneke nur beiläufig mit, während sie verzweifelt versuchte, sich über der Wasseroberfläche zu halten.
    Das Gefühl in den Armen kehrte zurück, dennoch sank sie immer tiefer und schluckte schließlich Wasser.
    Als sich ihre Brust verkrampfte und sie schon fürchtete, dass sie wie die Besatzung der Vasa ein feuchtes Grab finden würde, wurde sie gepackt und nach oben gerissen.
    Ingmar war hinter ihr aufgetaucht und schob sie nun auf einen der gebrochenen Masten, die sich durch das Krängen endgültig vom Rumpf getrennt

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