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Sturmsegel

Sturmsegel

Titel: Sturmsegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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blickte sich zum Tresen um. Magnus war wieder an seinem Platz, aber damit beschäftigt, Humpen zu füllen. Bestimmt würde auch Gitta gleich wieder aus der Küche kommen.
    »Nun sprich, wir werden dich schon nicht fressen!«, bemerkte ein anderer Mann. Sein Wams war dunkelgrün und das Futter darunter braun, sodass er ein wenig wie ein Jäger wirkte.
    »Ich würde Euch gern fragen, ob Ihr Kunde aus Stralsund habt. Man hört, dass das kaiserliche Heer gegen die Stadt vorgerückt ist. Ich habe Verwandte dort.«
    Die Männer blickten sich an und die ernsten Mienen, die sie dabei zogen, gefielen ihr gar nicht.
    »Um Stralsund steht es schlecht, mein Kind«, sagte der Mann, während seine Kameraden beipflichtend nickten. »Wallenstein ist persönlich erschienen und führt Verhandlungen mit Lambert Steinwich, dem Bürgermeister. Doch niemand weiß, wie lange die Befestigungen der Stadt noch halten werden. Man sagt, dass Wallenstein seine Kanoniere die Kirchtürme beschießen lässt. Mittlerweile geht nicht einmal mehr Post nach Stralsund. Und raus schon gar nicht.«
    Es war also schlimmer geworden. Dass über die Mauern hinweggeschossen wurde, machte Anneke furchtbare Angst. Wenn nun eine von den Kanonenkugeln Martes Haus traf? Oder das Kontor ihres Vaters?
    Gern hätte sie gewusst, wie lange die Männer schon unterwegs waren, wann sie diese Nachricht erhalten hatten und wie viele Tage sie sich schon in Stockholm aufhielten.
    »Anneke!«, tönte es da ärgerlich hinter dem Tresen hervor. Inzwischen war Gitta wieder im Schankraum und bemerkte natürlich, dass sie mit den Gästen redete.
    »Habt vielen Dank«, sagte sie rasch zu den Männern und lief wieder zurück.
    »Habe ich dir nicht gesagt, dass du gleich wieder zurückkommen sollst?«
    Anneke nickte. Einen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken, Gitta von Stralsund zu erzählen, von Marte, ihrem Vater, Nettel und Sanne. Aber sie brachte die Worte nicht heraus.
    »Schon gut, für heute lasse ich es dir noch mal durchgehen«, lenkte Gitta ein, denn offenbar hatte Anneke sie ganz verschreckt angeschaut. »Hilf mir beim Austragen der Humpen. Nur so können deine Arme kräftiger werden.«
    Damit reichte sie dem Mädchen zwei schwere Holzkrüge, auf denen schaumige Kronen hin und her schwappten.
    Die Bemerkungen des Spielmanns und das, was die Deutschen erzählt hatten, wollten Anneke in der Nacht nicht aus dem Kopf. Stralsund geht es schlecht, dachte sie. Und ich bin hier und nicht bei Marte, die vielleicht Beistand benötigt.
    Doch die Abreise aus Stockholm war ihr nicht möglich. Sie würde sich damit abfinden und hoffen müssen, dass ihr Vater sie irgendwann zurückholte.
    Als dieser Gedanke in ihrem Kopf herumwirbelte, hatte sie plötzlich wieder die Worte des Spielmanns im Ohr.
    Dass Gitta ein scharfes Mundwerk hatte, konnte sie sich vorstellen. Aber ihr wäre es doch lieber gewesen, nicht allzu viel über die Verhältnisse hier zu wissen. Dass zwischen Magnus und Inga kein Feuer brannte, hatte sie selbst bemerkt. Und im Nachhinein wusste sie jetzt auch, was die Blicke zu bedeuten hatten, die ihr Magnus am Tisch zugeworfen hatte.
    Aber sie war der Meinung, dass es sie nichts anginge. Schließlich würde sie ja nicht für immer hierbleiben …
    Schritte vor der Tür rissen sie aus ihrem Nachdenken fort. Vor lauter Angst, Magnus würde sich in ihre Kammer verirren, zog sie ihre raue Decke bis zum Kinn. Aber der Wirt wollte nicht zu ihr. Gittas Quartier war sein Ziel.
    Anneke vernahm ein leises Pochen gegen die Tür. Die Geschichte des Fiedlers fiel ihm wieder ein.
    Wenig später ertönte ein merkwürdiges Schnaufen, gleich so, als würde jemand schlecht Luft bekommen. Anneke konnte sich zunächst keinen Reim darauf machen, doch als das Geräusch wieder und wieder erklang, beschlich sie eine Ahnung. Erschrocken zog sie die Decke über den Kopf und hielt sich die Ohren zu. Nein, das wollte sie auf keinen Fall hören! Es war Sünde, was die beiden da taten, auch wenn Anneke nicht genau wissen wollte, was da vor sich ging.
    Leider bewahrte der raue Stoff sie nicht vor den Geräuschen. Und auch nicht vor dem, was sie angesichts derer empfand. Es war ein unbekanntes Gefühl, dass sie irritierte und seltsamerweise wünschen ließ, dass Ingmar bei ihr wäre. Dieser Wunsch wurde beinahe übermächtig, er brannte in ihrem Bauch und ließ ihr Herz pochen. Noch fester drückte sie die Decke an ihre Ohren und kniff die Augen zusammen.
    »Gott mach, dass es vorbeigeht«, flüsterte

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