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Sturmsegel

Sturmsegel

Titel: Sturmsegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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So sah sie sich schon bis spät in die Nacht scheuern, mit halb geschlossenen Lidern und wunden Händen.
    »Ist gut, kannst mit dem Rühren aufhören, sonst wird die Suppe noch zu Brei!«, sagte Gitta schließlich, als sie hinter Anneke trat. Sie nahm eine große Kelle und schöpfte damit etwas Suppe in eine hölzerne Schüssel.
    »Hier, bring das dem Fiedler, er kriegt jeden Abend für sein Spiel was zu essen.« Damit drückte Gitta ihr den Napf in die Hand und legte einen Holzlöffel hinein. »Na los, mach schon, oder willst du, dass die Töne noch schräger werden?«
    Anneke schüttelte den Kopf und ging los.
    Der Fiedler spielte gerade eine Weise, und da sie nicht wagte, ihn zu unterbrechen, wartete sie an seinem Tisch, bis er fertig war.
    Als er aufblickte, stellte Anneke überrascht fest, dass er von Nahem besehen nicht mal halb so alt war, wie sie ihn eingeschätzt hatte.
    »Ah, mein Essen!«, sagte er auf Schwedisch und streckte seine Hände nach der Schüssel aus. »So ein hübsches Mädchen hat mich noch nie bedient. Bist neu hier, was?«
    Anneke blickte ihn unverständig an.
    »Bist du stumm oder was?«
    »Ich … tyska«, brachte sie mit einem entschuldigenden Schulterzucken hervor.
    »Ah, Deutsche!«
    Auch der Spielmann beherrschte ihre Muttersprache. Offenbar war sie hier doch häufiger anzutreffen, als Anneke gedacht hatte.
    »Seit wann bist du hier?«, fragte der Mann.
    »Seit gestern«, entgegnete sie. Eigentlich hätte er sehen müssen, dass sie zum Tresen gegangen war und mit Magnus gesprochen hatte. Aber offenbar hatte er sie vergessen oder war dermaßen in seine Musik versunken gewesen, dass er sie gar nicht bemerkt hatte.
    »Wollen wir hoffen, dass du es 'ne Weile hier aushältst«, entgegnete der Fiedler und winkte sie mit einer vertraulichen Geste näher an sich heran.
    Anneke blickte sich zur Theke um, doch da Gitta nicht da war, beugte sie sich so weit vor, dass der Mann ihr etwas zuflüstern konnte.
    »Falls du's noch nicht mitgekriegt hast, die Gitta hat hier das Sagen. Stell dich gut mit ihr, so wird dich Magnus auch gut behandeln.«
    Anneke sah ihn staunend an. »Aber seine Frau …«
    »Die ist nur eine Strohpuppe und kann froh sein, dass Magnus sie versorgt.« Der Spielmann ließ seinen Blick über Annekes Gestalt wandern. »Lass dich ja nicht von ihm begrapschen, sonst sorgt Gitta dafür, dass du deine Stelle verlierst. Sie ist die Einzige, die es mit ihm treibt, und keine andere.«
    Anneke wurde rot und richtete sich auf. »Wie könnt Ihr so etwas sagen?«
    »Ich spiele hier schon seit vielen Monden, ich weiß, wie es hier zugeht. Magnus hat Inga nur deswegen geheiratet, weil sein Freund, der selige Lasse Peersson, ihm die Sorge für sie übertragen hat, als er im Kampf fiel. Inga mag vielleicht ein wenig seltsam wirken, aber vor ihr brauchst du dich nicht zu fürchten, denn sie will eigentlich nur ihre Ruhe. Aber Gitta kann ein Drachen sein, hüte dich vor der.«
    Offenbar hatte der Spielmann einschlägige Erfahrungen mit der Magd gemacht.
    »Nun gut, Mädchen, ich wollte dich nicht verschrecken«, setzte er hinzu, nachdem er genug Erstaunen in Annekes Miene gesehen hatte. »Siehst anständig aus, und wenn du ordentlich anpackst, wirst du mir sicher noch eine Weile meine Suppe bringen. Ich freue mich darauf!«
    Damit griff er nach dem Holzlöffel und schaufelte seine Mahlzeit in sich hinein.
    Anneke fühlte sich wie erschlagen von dem Wissen, das sie eigentlich gar nicht haben wollte. Nachdem sie ihn noch einen Moment lang angestarrt hatte, wandte sie sich um.
    Auf dem Weg zurück hörte sie, wie sich ein paar Männer ebenfalls auf Deutsch unterhielten. Sie wirkten in ihren geschlitzten und seidenunterfütterten Wamsen wie reiche Kaufleute und hatten ihre Federhüte auf den Tisch gelegt.
    Gitta hatte sie eigentlich geheißen, gleich wieder zurück zu sein, aber sie konnte nicht widerstehen. Sie trat an den Tisch und fragte: »Verzeiht bitte meine Dreistigkeit, aber kommt Ihr zufällig aus dem Mecklenburgischen?«
    Die drei Männer blickten verwundert auf und stellten ihre Humpen ab.
    »Na sieh mal einer an, die spricht unsere Sprache.«
    »Nicht nur das«, entgegnete Anneke. »Ich komme aus Stralsund. Und als ich Euch reden hörte …«
    Unter den Blicken der Männer schwand plötzlich ihr Mut und sie stockte.
    Die Reisenden sahen sie eine Weile an, dann lächelte einer von ihnen und fragte: »Was hast du denn auf dem Herzen, Mädchen?«
    »Ich … ich wollte …« Anneke

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