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Sturmsommer

Sturmsommer

Titel: Sturmsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Ob sie gerade passt oder nicht. Ein paar Mädchen kichern. Ich glaube, meine Chancen, im nächsten Jahr wieder Klassensprecher zu werden, stehen im Moment ziemlich schlecht.
    »Sogar ich sitze manchmal noch in einem Baumhaus«, antwortet Schnecke. Ich glaube ihr das aufs Wort. »Das hat nichts mit Erwachsensein zu tun.«
    »Sondern?«, fragt Toni.
    »Erwachsensein hat damit zu tun, dass man weiß, wie man wieder runterkommt.« Sie bestraft Tanja und mich noch mal mit ihrem Eulenblick und redet weiter.
    Also, heute Mittag Baumhaus. Gleich nach der Schule. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob wir da überhaupt noch reinpassen. Ich bin ganz schön gewachsen in letzter Zeit. Und ich lese auch keinen Harry Potter mehr. Ich kann mir nicht mal mehr vorstellen, einen Mittag lang im Baumhaus zu sitzen, mit einem Harry-Potter -Band und einer Familienpackung Mintschokolade und zufrieden zu sein. Früher war ich es. - Letztes Jahr noch.

 
    HöLLENRITT
    Unser Baumhaus ist nicht mehr da. Irgendjemand hat es runtergerissen. Die Balken hängen zersplittert in den Ästen, unter dem Baum wurde Müll abgeladen. Wir wussten beide, dass wir kein neues bauen würden, als wir es sahen. Aber ich war sauer. Wie kann man so was kaputt machen. Drei Jahre lang haben wir daran rumgebastelt. Gut, seitdem ich Damos hatte, war ich immer weniger dort gewesen. Trotzdem.
    Toni bekam eine rote Nase und zerrte hektisch an den kaputten Balken herum, als könnte er noch etwas ändern. Ich glaube, er hätte am liebsten geheult.
    Jetzt bin ich doch gleich nach Hause gefahren. Mama mag das sowieso lieber, wenn wir alle zusammen mittagessen. Je älter wir werden, desto schlimmer wird das. Sie nimmt es persönlich, wenn wir etwas anderes vorhaben. »Einmal am Tag will ich euch um mich haben«, sagt sie.
    Ich renne die Treppe hoch und lasse meinen Rucksack auf das Bett plumpsen. Mir ist zu warm. Es ist auf einmal heiß geworden in der sechsten Stunde. Die Sonne schien mir auf den Nacken, aber ich glaube, es lag auch daran, dass Frau Schilfer uns den Termin für die nächste Arbeit mitgeteilt hat. DIE Arbeit. In zwei Wochen schreiben wir sie.
    Das war doch alles noch so weit weg. Erst mal wieder gesund werden, mir eine Lösung wegen der Nachhilfe ausdenken, Damos besuchen - und jetzt steht schon die nächste Arbeit an.
    Immerhin hat Toni seine Eltern weichgekriegt: Er darf auch mit zum Wanderreiten. Gut, das ist so nicht ganz richtig. Erst einmal musste ich ihn weichklopfen. Ich wollte von Anfang an, dass er mitkommt, so klasse ich mich mit Freddie auch verstanden habe. Toni hat eine ganze Pause lang nur gemotzt und geschimpft - warum ich mir denn nichts Besseres aussuchen könne, etwas Entspannteres, vielleicht Ferien am Meer oder von ihm aus auch irgendwo im Wald, aber keinesfalls im Sattel. Es war nicht leicht, ihn zu überzeugen. Aber irgendwie hab ich es geschafft. Zwei Stunden lang hat er mich angeschwiegen und ab und zu dramatisch geseufzt. Das hat er schon im Kindergarten gemacht, wenn ihm was nicht passte. Tonis Seufzen kenne ich in-und auswendig.
    In der nächsten Pause kam er dann endlich zu mir und fragte mit unbeteiligtem Gesicht, wann dieser Überlebenstrip denn starten würde und ob es auch Pferde gibt, die nicht so geistesgestört sind wie Damos. Die gibt es mit Sicherheit, konnte ich ihn beruhigen. Seine Scheu vor Pferden treibe ich ihm schon noch aus. Dafür ist genug Zeit. Und wir wollen nun auch Marc und Anja fragen, ob sie mitkommen. Ich meine, wir sind eine Clique oder so etwas, wir machen fast alles zusammen. Die müssen einfach mit.
    Da liegt ein Zettel auf meinem Kopfkissen. Mamas Schrift. »Schmutzwäsche!« Vorsichtig luge ich hinters Bett. O weh.
    Mein Wäschekorb quillt mal wieder über. Seitdem ich fast jeden Tag reite, weigert sich Mama, meine Outdoor-Klamotten zu waschen - also all den Kram, den ich ihm Stall anziehe. Alte T-Shirts, Reithosen, Fleecepullis, Westen, dicke Socken. Das Problem ist, dass bei mir eine einzige Reitstunde genügt, um mich von oben bis unten dreckig zu machen. Ich frag mich immer, wie die Frauen in der Abendreitstunde das hinbekommen - die sind sogar geschminkt, wenn sie aufs Pferd steigen, und die Satteldecken passen zu ihren Shirts und den Bandagen, und wenn die Stunde vorbei ist, sehen sie immer noch so aus wie vorher. Ich bin meistens schon staubverschmiert, wenn ich aufs Pferd steige. Und meine Hände darf man gar nicht erst anschauen.
    Jedenfalls ist es nun mein Job, mich um die Reitklamotten und

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