Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmsommer

Sturmsommer

Titel: Sturmsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
Vom Netzwerk:
Meteor. Der Braune mit der unterbrochenen Blesse. Neben Damos. Den kennst du ja wohl. Ist jetzt mein Pflegepferd, seit zwei Wochen. Weißt du noch nicht, weil du ja krank warst.«
    »Kannst du etwa reiten?«, frage ich ungläubig. Jetzt bin ich aber ganz schön baff.
    »Ist hilfreich, wenn man ein Pflegepferd hat.«
    Genau. Ja. Das ist Tanja. Das mag ich nicht. Bah. Wie konnte mir entgehen, dass Tanja Damos’ besten Kumpel reitet? Ausgerechnet Meteor. Das darf ja wohl nicht wahr sein.
    »Was dagegen?«
    »Das arme Pferd«, sage ich trocken.
    Doch sie ignoriert das einfach. »Na los! Gehen wir. Die Stunde hat eigentlich schon angefangen.«
    »Ich bleibe hier.« Ich verschränke die Arme und mache es mir auf der Bank bequem.
    »Hier?« Sie schaut mich zweifelnd an. »Wusstest du, dass ich hier vorbeikomme?«
    O Mann, die kapiert aber auch gar nichts.
    »Hier«, sage ich nur stur. Ich habe keine Lust, ihr zu erklären, dass ich abgehauen bin. Ging schließlich voll daneben. Sie runzelt die Stirn und mustert mich eine Weile, bevor sie gleichmütig mit den Schultern zuckt, als habe sie etwas beschlossen.
    »Okay, wenn du lieber in der freien Natur lernen willst - mir soll’s recht sein.«
    Seelenruhig setzt sie sich neben mich, packt ihre Bücher aus, drückt mir einen Block in die Hand und beginnt mit den Binomischen Formeln. Ich bin machtlos, das muss ich zugeben. Und während Damos zwischen den Bäumen steht und döst, fange ich an zu rechnen. Mitten im Wald. In meinem Wald. Neben einem Mädchen, das nun in meinem Stall ist. Meinen Damos kennt.
    Das ist irgendwie zu viel für mich.
    Ich bin hundemüde. Tanja strengt an. Zuerst hat sie mich x-mal die Binomischen Formeln abgefragt. Ich wollte bocken, aber das ging nicht. Wenn ich nichts sagte, schaute sie mich ununterbrochen mit einem Blick an, den ich nur von den bösen Feen aus den Märchenfilmen von früher kenne. Ich starrte zurück und sagte dann die Lösung. Widerwillig. Es war ein Kampf. Nach ungefähr einer Stunde sagte sie aufseufzend: »Na gut. Das waris für heute.« Sie sah auf einmal müde aus und nicht mehr so fröhlich wie beim Rechnen. Ihr scheint Rechnen wirklich Spaß zu machen. Das ist krank!
    Vielleicht gibt sie ja auf. Vielleicht ruft sie morgen Mama an und sagt, sie will nicht mehr. O bitte.
    Jetzt ist es gerade mal neun Uhr und ich liege schon im Bett - und das ist um diese Zeit wirklich sehr selten der Fall. Mama hätte das gerne, aber ich bin eine Nachteule.
    Als ich nach Hause kam, fragte sie mich natürlich sofort, wo ich gewesen sei. »Wir haben im Wald gelernt«, sagte ich müde. Es war ja die Wahrheit. Und Tanja war schließlich gar nicht erst hier gewesen.
    »Warum denn das?«, fragte Mama skeptisch. Ich zuckte nur mit den Schultern. Mama wollte wissen, ob Tanja das denn auch recht war, aber da habe ich wieder nichts gesagt. Nur, dass sie ruhig bei Tanja anrufen und nachfragen könnte, ich hätte nichts dagegen. Aber das hat sie dann doch nicht gemacht. Immerhin hat Tanja gar nicht erst bei uns geklingelt. Mama bestand aber darauf, dass ich Tanja morgen das Geld mitbringe. Das lasse ich am besten Toni machen. Tanjatechnisch reicht es mir für diese Woche dicke.
    Jetzt liege ich tief eingegraben in meinem Bett und höre die alten Depeche-Mode-Sachen von Lissi, weil die so schön kühl klingen und weit weg, und ich will nicht mehr an das denken, was heute Nachmittag war.
    Schon gar nicht an die nächste Nachhilfestunde.

STöRENFRlEDE
    Donnerstagmorgen. Frühstück. Mama, Papa, Lissi und ich. Ich knabbere einen halben Toast, mehr krieg ich morgens nicht runter, die anderen hängen hinter der Zeitung. Die letzten Tage? Nichts Besonderes. Tanja schweigt. Sagt nichts. Nichts Gutes und nichts Schlechtes. Kann sie auch gar nicht. Wahrscheinlich denkt sie sich Grausamkeiten für die nächste Stunde aus.
    Manchmal kommt sie auf mich zu, als wolle sie mit mir reden, ich denke das zumindest, und dann drehe ich mich schnell weg oder ignoriere sie einfach. Toni macht es mit, aber immer öfter widerwillig. Knurrte irgendwas von wegen es kämen selten genug Mädchen auf uns zu.
    Es hat keiner mehr etwas dazu gesagt, zu dem Lernen im Wald. Nur ist irgendwie klar, dass wir das nächste Mal hier lernen. Und in den Stall gehe ich nur noch ganz früh oder spät, sodass ich sie nicht treffe.
    Am liebsten würde ich eine andere Box für Damos suchen. Oder noch besser: einen anderen Stall. Aber das Schlimme ist, dass er den alten Meteor seit seiner Geburt

Weitere Kostenlose Bücher