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Sturmtief

Titel: Sturmtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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seine Nase zwischen den Fingerspitzen ein. »Ihre Vermutung
wird durch ein anderes Faktum untermauert. Das Kraftwerk Krümmel ist, wenn ich
mich nicht irre, 1984 ans Netz gegangen.«
    Lüder nickte anerkennend. Er selbst hatte diese
Information nachlesen müssen. Der Kriminaldirektor hatte Lüders Reaktion
richtig gedeutet und winkte ab. »Das wäre zu viel der Ehre. Ich weiß es deshalb
so genau, weil Brokdorf zwei Jahre später in Betrieb genommen wurde und ich bei
den Krawallen dort im Einsatz war.«
    »1984«, wiederholte Lüder. »Und seit 1986 treten in
der Elbmarsch, und zwar nur dort, vermehrt Leukämiefälle auf. Das ist ein
sonderbarer Zufall. Ich selbst mag deshalb nicht an die auch von den
eingesetzten Kommissionen für möglich gehaltene Variante glauben, dass die
Erkrankungen auf die Altlasten aus der Zeit der Sprengstofffabrik
zurückzuführen sind. Es gab mehrere Kommissionen, und die
schleswig-holsteinische, nennen wir sie einmal so, wurde von der damaligen
Landesregierung zurückgepfiffen. Ob man doch etwas entdeckt hat, was nicht an
die Öffentlichkeit darf?«
    Lüder wusste, dass Nathusius ein vorzüglicher
Schachspieler war. Diese Fähigkeiten konnte er auch bei seinen Analysen
einsetzen und ein paar Schritte im Voraus denken.
    »Sie halten es für möglich, dass Havenstein etwas
herausgefunden hat, mögliche Manipulationen, Drohungen, Erpressungen oder so.«
    Lüder nickte. »Ich möchte deshalb mit Mitgliedern der
Kommission sprechen und herausfinden, wie unabhängig sie waren.«
    Der Kriminaldirektor nickte. »Das ist eine gute Idee.
Sie waren damals einer meiner fähigsten Mitarbeiter.« Es sprach für Nathusius,
dass er nicht »der fähigste« sagte und damit andere Beamte der Abteilung
diskriminiert hätte. »Sie haben am eigenen Leib erfahren, wie es ist, wenn man
zwischen die Mühlsteine der Politik gerät, Herr Dr. Lüders. Ich erinnere mich
an Ihre unter nicht nachvollziehbaren Argumenten zurückgezogene Beförderung zum
Kriminaloberrat. Da hat jemand hinter den Kulissen dran gedreht. Und jetzt
scheinen Sie sich wieder in diesem Strudel zu befinden.«
    »Ich habe mich nicht danach gedrängt«, warf Lüder ein.
»Es war der Auftrag des Ministerpräsidenten.«
    »Hinter dessen Stirn man nicht sehen kann«, sinnierte
Nathusius. »Oder hat der Regierungschef einen unserer besten Beamten auf den
Fall angesetzt, um aus erster Hand zu erfahren, auf welcher Fährte man ist?«
    »Sie meinen, die Politik möchte wissen, ob die
Ermittlungen sehr nahe an Dinge herankommen, die besser im Verborgenen bleiben
sollten?«
    Nathusius’ Loyalität als ranghoher Polizeibeamter
verbot ihm, Lüder zu antworten. Aber die beiden Männer verstanden sich auch
ohne Worte.
    »Entschuldigung«, sagte der Kriminaldirektor, als sein
Handy klingelte. »Ja, Aaron«, begrüßte er seinen Gesprächspartner, um eine
Weile zuzuhören, unterbrochen durch ein gelegentliches »Ja, ja«. Dann bedankte
er sich und legte auf.
    »Diese Auskunft ist inoffiziell«, betonte Nathusius.
»Dov Eisenberg ist tatsächlich mit Hannah Eisenberg verheiratet. Seit über zehn
Jahren. Das Ehepaar wohnt in Rishon LeZion im Großraum Tel Aviv. Frau Eisenberg
war Journalistin bei der Ha’eretz, einer liberalen Zeitung. Ihr Ehemann ist
Straßenbauingenieur.«
    »Das ist eine unverdächtige Vita.«
    Nathusius stimmte Lüder zu. »Frau Eisenberg hat neben
ihrer journalistischen Tätigkeit auch Bücher veröffentlicht.«
    »Welche?«, fragte Lüder.
    Nathusius hob bedauernd die Hände. »Es ist ein sehr
persönlicher Kontakt, den ich nicht übermäßig strapazieren kann.«
    »Hat Ihr Kontaktmann etwas von Kindern erzählt?«
    »Nein«, sagte der Kriminaldirektor.
    »Wer ist dann das Kind auf dem Foto, das wir im
Oldenburger Appartement gefunden haben?«, sagte Lüder mehr zu sich selbst.
    Auf der Heimfahrt erreichte ihn ein Anruf Vollmers’.
»Wir haben Informationen über Albert Völlering. Laut Industrie- und
Handelskammer betreibt er seit fünf Jahren das Finanzierungsgewerbe. Die
Bankauskünfte zeigen keine Unregelmäßigkeiten auf. Völlering ist weder
überschuldet, noch gibt es außergewöhnliche Geldeingänge. Fazit: Er ist ein
unbeschriebenes Blatt. Dann habe ich noch eine weniger gute Nachricht.
Elisabeth Vorderwühlbecke, das ist die alte Dame aus der Nachbarwohnung, hat
einen Oberschenkelhalsbruch und eine Gehirnerschütterung erlitten. Besonders
der Bruch ist eine schlimme Folge des brutalen Stoßes durch den Täter. Es steht
zu

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