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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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die Windreiter sich schließlich in den Wind drehte, war Jaquento dennoch flau im Magen. Sie lagen gut innerhalb der Reichweite der Festungsgeschütze. Sollten die Soldaten der Compagnie Lunte riechen, würde es ihnen schwerfallen, die Bucht heil zu verlassen. Ganz zu schweigen von den drei Schiffen, von denen jedes ein respektabler Gegner war. Sie waren nun der Gnade der Compagnie ausgeliefert, und nur Jaquentos Worte würden darüber entscheiden, ob diese ihnen zuteilwurde.
    Wie ein grüner Blitz huschte Sinosh über das Deck und erklomm die Kleidung des jungen Hiscadi, bis die Echse ihren gewohnten Platz auf seiner Schulter erreicht hatte.
    Ich kann ja behaupten, ein Echsenhändler zu sein, ging es ihm durch den Kopf, während Jaquento die glatte Haut seines Begleiters streichelte. Ich wette, dass zehn von euch geschuppten Untieren die ganze Festung in Schutt und Asche legen könnten.

ROXANE

    Das Achterdeck war zu einem Gefängnis geworden. Ständig spürte Roxane die lauernden Blicke der Mannschaft auf sich. Auch wenn viele der Besatzungsmitglieder die Situation an Bord zu entschärfen suchten, gab es doch einige, die danach trachteten, das Ungemach der Offiziere weidlich auszunutzen. Ohne den Rückhalt des Kapitäns war die Disziplin des Schiffs gefährdet. Fast dreihundert Menschen waren auf engstem Raum zusammen eingepfercht, und die üblicherweise strenge Ordnung war alles, was die Besatzung zusammenhielt. Schon jetzt bemerkte Roxane ein Aufbegehren, das sich in schwer bestimmbaren Elementen wie einem Blick, der Körperhaltung oder dem Tonfall zeigte. Niemals war da genug für Sanktionen, kein offener Widerspruch war zu hören, doch die Nachlässigkeit bei Befehlsausführungen nahm stetig zu.
    Der Kapitän bekam von alledem nichts mit; mehr und mehr Zeit verbrachte er unter Deck in seiner Kajüte, betete mit dem Caserdote und verschwand so aus dem täglichen Leben der Mannschaft. Seine Ausfälle waren einem dunklen Zorn gewichen, der sich in einem lauernden Blick und unerwarteten höhnischen Kommentaren äußerte.
    Die Hauptlast trugen die Fähnriche. Ihr oft noch jugendliches Alter und der engere Kontakt mit der Mannschaft sorgten dafür, dass sie häufig zum Ziel von Spott und geschickten Insubordinationen wurden.
    So schritt Roxane nervös über das Achterdeck. Aus dem stolzen Kriegsschiff Mantikor war ein bis zum Zerreißen gefülltes Behältnis von Hass und Angst geworden, dessen Nähte jeden Augenblick platzen mochten.
    Roxanes Müdigkeit machte sich in ihren Grübeleien ebenfalls bemerkbar. Die doppelten Wachen waren anstrengend und laugten die junge Offizierin aus. Ohne die Hilfe von Cearl und Aella hätte sie dies wohl kaum durchgestanden. Die Erschöpfung steckte tief in ihr, ging bis auf die Knochen, die bei jeder Bewegung schmerzten. Hinzu gesellte sich die Angst, Fehler zu machen, die vom Kapitän jenseits jeder Vernunft geahndet werden würden.
    So habe ich mir meine erste Fahrt als Offizierin sicher nicht vorgestellt , dachte Roxane bitter, doch dann musste sie an Tola denken, die noch immer vom Fieber geschüttelt im Lazarett lag. Dagegen wirkten ihre eigenen Sorgen harmlos. Als der Fähnrich die Glocke schlug und so den Wachwechsel ankündigte, salutierte Roxane vor Aella und übergab ihr das Kommando. Einige Stunden Schlaf würden ihr guttun. Vorher allerdings musste sie noch eine Aufgabe erledigen. Sie ignorierte die Blicke der Besatzung und ging von ihrer Kammer aus durch das Geschützdeck zum Bug. Die Luft unter Deck war trotz geöffneter Luken schlecht, doch es war die feindselige Atmosphäre, die Roxane zu schaffen machte, nicht der Geruch von über zweihundert Leibern.
    Endlich erreichte sie das Lazarett, in dem nur zwei Kojen belegt waren. Die Ärztin war nicht da, also trat die junge Offizierin an Tolas Koje heran und sah auf das bleiche Gesicht des Mädchens herab. Ihre Augen waren geschlossen, und ihr stand ein dünner Schweißfilm auf der Stirn. Die Schiffsärztin hatte sie dick in Decken eingewickelt, sodass nur ihr Kopf zu sehen war. Das Mädchen war halb zur Seite gedreht, da ihr Rücken noch von den Striemen der Peitsche gezeichnet war. Ob Tola sie gehört oder einfach nur ihre Anwesenheit gespürt hatte, konnte Roxane nicht sagen; jedenfalls schlug der Fähnrich die Augen auf. Die junge Offizierin zwang sich zu einem Lächeln, und Tola erwiderte es tapfer.
    »Thay.«
    »Tola. Ich … bist du mit dem Buch fertig?«
    Das Mädchen nickte und wollte unter die Koje greifen, doch

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