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Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Titel: Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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und dem Ziel, zu dem die Wagen aufgebrochen waren. Die hagere Frau im Fort hatte kein Wort mehr darüber verloren und Thyrane nur noch höhnisch angegrinst, als der sie wütend danach gefragt hatte.

    »Mann, es ist ganz schön schwül hier«, stellte Manoel fest und hob sein Hemd etwas an, um sich damit Luft zuzufächeln. Schweiß glänzte auf seinem Bauch, und er streckte die Zunge heraus und verzog das Gesicht.
    »Das ist der Wald«, erklärte Sinao. Sie sprach leise, denn der Dschungel flößte ihr Respekt ein. Ihre Finger fanden den Zemi in ihrer Tasche und schlossen sich um den Stein, der schon ganz warm war. »Die Hitze hängt zwischen den Bäumen.«
    »Hoffentlich kommen wir bald an.«
    »Noch haben unsere Späher keine Meldung gemacht«, mischte sich Thyrane in das Gespräch ein. »Wenn wir uns nähern würden, müssten sie uns eigentlich warnen.«
    »Falls sie sich nicht in ihren Uniformen zu Tode geschwitzt haben«, erwiderte Manoel und zwinkerte Sinao zu. Er wischte sich mit der Hand über die Stirn und dann über die Haare. Seine Zöpfe waren mit einer dünnen Kordel zusammengebunden, aber einige lösten sich bereits wieder und hingen wirr auf seinen Rücken herab. Sinao konnte ihn gut verstehen; auch sie spürte den Schweiß auf ihrer Haut, aber sie beklagte sich nicht. Sie hatte schon größere Hitze klaglos ertragen, war erschöpfter gewesen als in diesem Augenblick. Im Vergleich zu vielem, was sie in ihrem Leben als Sklavin erduldet hatte, war dieser nächtliche Marsch keine besondere Anstrengung.
    »Wie spät mag es sein?«, murmelte Leutnant Fallton, und Sinao antwortete ohne nachzudenken: »Vierzehn Minuten und dreiundzwanzig Sekunden nach den sechs Schlägen nach Mitternacht.«
    Erst als sie seinen überaus erstaunten Blick sah, wurde ihr wieder bewusst, dass andere Menschen ihr Verständnis für Zeit nicht unbedingt teilten.
    Schweigend stapften sie weiter. Immerhin war der Weg vor ihnen deutlich zu erkennen. Viele Wagenräder hatten tiefe
Rinnen in den Boden gegraben, und auch die Wagen, die sie verfolgten, mussten hier entlanggefahren sein, obwohl Sinao im Laternenschein nicht genug erkennen konnte, um zu sehen, ob die Spuren frisch waren.
    Die junge Paranao lauschte auf die Stimmen der Tiere im Wald und auf den lauten Atem des Admirals. Sie dachte darüber nach, was es bedeutete, dass er ein alter Mann war. Bisher war er ihr immer lebhaft erschienen, so vital und stark, dass sein weißes Haar und die Falten in seinem Gesicht für sie nichts bedeutet hatten. Doch jetzt konnte sie sehen, dass er sich bewegte, als müsse er seinem Körper jeden Schritt abringen. Dabei hielt er sich aufrecht, den Kopf hoch erhoben.
    Der Pfad zog sich in einer fast geraden Linie durch den Dschungel. Einmal kreuzte er einen kleinen Bach, über den eine einfache Brücke aus Holzbalken errichtet worden war.
    Im Osten hinter ihnen zeigte der erste Silberstreifen am Horizont, dass sich die Nacht bald ihrem Ende zuneigen würde, und viele Vögel begrüßten den nahenden Tag mit ihrem Gesang.
    »Bald sollten wir rasten und auf die Späher warten«, entschied der Admiral. »Es ist sinnlos, ewig weiterzumarschieren, wenn wir das Ziel nicht kampfbereit erreichen. Ich hatte bislang die Hoffnung gehegt, dass es nicht allzu weit entfernt ist, aber wenn das nicht der Fall ist, müssen wir die Expedition anders angehen.«
    »Ich gebe die entsprechenden Befehle, Thay.«
    »Wir ziehen noch ein wenig weiter. Vielleicht finden wir noch einen geeigneten Lagerplatz«, entgegnete Thyrane und blickte sich um. Der Pfad war nur ein schmales Band im dunklen Grün des Dschungels. »Spüren Sie etwas?«
    Manoel blieb stehen und schloss die Augen. Obwohl Sinao vermutete, dass es mehr Schau als Notwendigkeit war, blieb
sie mucksmäuschenstill. Der junge Maestre atmete tief ein, dann nickte er langsam.
    »Es kann nicht mehr sehr weit sein«, verkündete er, als er die Augen wieder öffnete. »Aber ganz sicher bin ich mir nicht. Der Effekt ist verwirrend, wenn auch viel, viel schwächer als auf dem schwarzen Schiff.«
    Als hätten sie seine Worte gehört, näherten sich ihnen zwei Gestalten auf dem Pfad, dunkle Schemen inmitten der Schatten, die sich auf Zuruf als Soldaten der Imperial zu erkennen gaben. Sie mussten gelaufen sein, denn ihr Atem ging stoßweise.
    Thyrane war sofort mit zwei raschen Schritten bei ihnen.
    »Der Pfad führt zu einigen Gebäuden«, erklärte der kleinere der beiden hastig. Sein blondes Haar hatte einen kupferroten

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