Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln
Damit sein Tod nicht umsonst war.« Er wies mit dem Kopf auf Jenks, dessen Antlitz bleich zu ihnen emporstarrte, als verfolge der Tote ihre Worte ganz genau, und sie nickte noch einmal grimmig und ging dann gemessenen Schrittes nach vorn.
Jaquento sah ihr nach, ehe er seine Aufmerksamkeit den beiden Schiffen zuwandte, die sie nun jagten. Schon auf den ersten Blick sah er den Fehler.
»Deguay hätte nach Süden abdrehen sollen«, flüsterte er.
»So beschädigt, hätten wir sie niemals eingeholt. Jetzt können wir ihnen den Weg abschneiden.«
»Sie sind nah an der Küste«, gab Bihrâd zu bedenken. »Eine Wende hätte sie vielleicht auf die Felsen gedrückt. Sie wollen erst wieder offenere See erreichen, um zu manövrieren.«
»Warum auch immer. Sie kommen nicht davon.«
Auch wenn die Fregatte stöhnte und ächzte und von ihren Masten Segelfetzen und Taue wie dicke Spinnweben herabhingen, fing sie den starken Wind in der verbliebenen Segelfläche ein, und ihre Fahrt gab Jaquento recht. Sie waren langsam und behäbig, aber schnell genug, um die beiden Schiffe zu erreichen, bevor diese zwischen ihnen und der Küste durch die Lücke schlüpfen konnten. Gnadenlos kam die Fregatte näher, verringerte den Abstand zwischen sich und der rauen Küstenlinie und ließ den beiden Schiffen immer weniger Platz für Manöver.
Die Wellen peitschten voraus gegen die Klippen, als gälte es, das Land zu vernichten und in seiner Gänze zu verschlingen. Einige Tropfen fielen auf Jaquentos Haut, und er glaubte zunächst, dass es Gischt sei, doch dann ging ein erster Regenschauer auf sie nieder, der wie eine graue Wand in der Luft hing. Die Wolken wurden dunkler, aber der junge Hiscadi achtete nicht darauf; er hatte nur Augen für die Todsünde . Er bildete sich ein, Deguays grün gekleidete Gestalt und Rahels wippenden Zopf zu sehen, dabei konnte er kaum mehr als irgendwelche Menschen erkennen, die auf den Schiffen umherliefen.
Diesmal ließ die Kapitänin früher feuern. Die raue See sprang mit der Mantikor nicht sehr behutsam um, und die erste Salve verteilte sich über ein weites Gebiet. Doch die Thayns luden unermüdlich nach und feuerten wieder. Schon waren ihre Ziele nah herangekommen. Wenn sie erst durch die Lücke schlüpften, würden sie entwischen, da die Fregatte in
ihrem Zustand nicht hoffen konnte, genug Fahrt zu machen. Ihnen blieb nur dieser eine Angriff.
Das Donnern der Kanonen ließ das Schiff erbeben. Zum Glück war der Kampf gegen die Unerschrocken von Backbord aus geführt worden, und so war die Steuerbordseite noch halbwegs unversehrt. Diesmal landeten einige Treffer vor allem in der Takelage der Totwey .
Vor Jaquento reckte Sinosh seinen Hals immer weiter, als versuche er, ihn bis hinüber zu der Schwarzbrunn-Fregatte zu strecken. Die kleine Echse war von dem Schiff wie in Bann geschlagen, aber auch Jaquento konnte seinen Blick nicht abwenden.
Die Todsünde feuerte, und auch die Totwey ließ ihre Kanonen sprechen, doch die meisten ihrer Schüsse gingen fehl, und die Bewaffnung des schwarzen Schiffs war ohnehin kaum eine Gefahr für ein Kriegsschiff wie die Mantikor .
Dennoch mussten die Erschütterungen dazu geführt haben, dass sich der schon beschädigte Besanbaum nun vollends löste und mit einem Krachen auf das Deck stürzte.
»Vorsicht«, schrie Jaquento aus vollem Hals, und Roxane, die sich gerade direkt unter dem Besan befunden hatte, wandte sich ihm zu, erkannte die Gefahr im Bruchteil eines Augenblicks und warf sich zur Seite. Der Rudergänger, der dicht neben ihr stand, hatte nicht so viel Glück. Die schwere Holzstange fiel auf ihn und begrub seinen Unterkörper unter sich. Ohne nachzudenken, sprang der Hiscadi zu dem Verunglückten. Die Kapitänin rappelte sich bereits wieder auf und griff ebenfalls mit beiden Armen um die schwere Holzstange.
»Auf drei«, gab Jaquento vor, und gemeinsam mit einigen anderen Herbeigeeilten stemmten sie den Besanbaum von dem unglücklichen Matrosen, dessen anfänglicher Schrei nun in ein hohles Heulen übergegangen war.
Roxane richtete sich keuchend auf.
»Bringt ihn unter Deck«, wies sie die Umstehenden an. Dann suchte sie den Blick des Hiscadi: »Danke, Mesér«
Er nickte und wandte sich dann wieder Bihrâd zu, der die gesamte Szene beobachtet hatte.
Von der Totwey ertönten keine weiteren Schüsse . »Feuer einstellen«, befahl Roxane. »Erst wieder auf mein Kommando eröffnen.«
Unabwendbar glitten die Schiffe aufeinander zu. Die Totwey war vorn, auf
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