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Sturmwind der Liebe

Sturmwind der Liebe

Titel: Sturmwind der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Mr. Georges Hinterzimmer ins Auge gestochen hatte. Mr. Curzon hatte sie dem Baron höchst bereitwillig für eine beträchtliche Summe überlassen.
    Genny schenkte ihrer Stieftochter einen Sextanten.
    Es war aber Pippin, der Hallie eine Puppe mit Porzellankopf und in der Kleidung eines französischen Aristokraten brachte. Zu aller Überraschung warf Hallie nur einen Blick auf die Puppe, drückte sie an ihre Brust und ließ sie nicht mehr los. Eine Weile später verkündete sie: »Die Puppe heißt Harold.«
    »Harold«, wiederholte Alec langsam. »So wollte Nesta ihr Kind nennen, wenn es ein Sohn geworden wäre.« Dann nahm er sich zusammen und bemerkte in leichtem Ton zu Genny: »Sie verändert sich so schnell von Tag zu Tag. Da macht es kaum noch etwas aus, daß ich mich an sie nicht von früher her erinnern kann. Ich glaube, es ist ihre erste Puppe.«
    Am nächsten Tag reisten sie nach London weiter. Alec hatte sich nicht nach der Adresse seines Stadthauses erkundigt. Dennoch dirigierte er den Fahrer unbeirrt dorthin. Ohne jedes Zögern sagte er, es sei das große Haus an der Nordostecke des Portmouth Square. Unerwartet für Genny, ritt er neben der Kutsche her. Er war ein eleganter Reiter, und sie fand, daß es ihr eine unaussprechliche Freude bereitete, ihn reiten zu sehen.
    London war ein Erlebnis. Es war eine riesengroße, schmutzige Stadt, erfüllt von Gerüchen, Lärm und so vielen Menschen, daß Genny sich nicht sattsehen konnte. Sie starrte immer noch auf das Getriebe, als sie beim Stadthaus der Carricks ankamen. Es war ein Palast. Sie fühlte sich schrecklich fehl am Platze und unsicher. Plötzlich wurde sie in eine andere Welt gestoßen, eine Welt, für die sie nie Interesse gehabt und die für sie ohne Bedeutung gewesen war. Wenigstens bis heute, bis zu diesem Augenblick. Jetzt war alles von Bedeutung für sie. Denn sie war Baroneß Sherard.
    Wie konnte sie nur so verblendet gewesen sein, einen englischen Adligen zu heiraten?
    Sie dachte an ihr Haus in Baltimore, in dem Alec mehrere Wochen gewohnt hatte. Er hatte damals nichts gesagt. Doch das Paxton-Haus mußte ihm wie eine elende Hütte vorgekommen sein. Ihr wäre es nie in den Sinn gekommen, daß sein Haus so himmelweit von ihrem verschieden war. Sie schluckte und ließ sich von Alec aus der Kutsche helfen. Mit erhobenem Kinn ging sie rasch ins Haus, weil es wieder einmal nieselte.
    »My Lord! Was für eine wunderbare Überraschung! Wir erhielten erst gestern die Nachricht von Ihrer Ankunft. Und Ihre Lady! Willkommen, my Lady, willkommen!«
    Diese begeisterte Begrüßung wurde ihnen von einem sehr hageren, hohläugigen Individuum fortgeschrittenen Alters zuteil, das aussah wie ein dem Verhungern nahes Mitglied der Königsfamilie.
    »Das ist March, meine Liebe«, sagte Alec und blinzelte seiner Tochter zu. Pippin hatte ihm verraten, daß Hallie den verschrumpelten alten Mann liebte.
    »March!«
    Schon hatte Hallie das hohläugige Individuum umarmt und fest geküßt. Na, wenigstens ist Alecs Tochter eine Demokratin, dachte Genny. Dann blickte sie sich weiter um. Während Hallie ihre Bekanntschaft mit dem Butler der Carricks erneuerte, stellte Alec seiner Gattin Mrs. Britt vor, eine gemütliche dicke Frau, deren Gesicht von grauen Würstchenlocken eingerahmt wurde. Mrs. Britt überzeugte sich, daß es seiner Lordschaft an nichts fehlte. Dann beeilte sie sich, der neuen Baroneß das übrige Hauspersonal vorzustellen.
    Es war geschafft. Alles ist glatt gegangen, dachte Genny. Niemand hatte bemerkt, daß ihr Herr sie alle nicht erkannt hatte. Erst als Genny neben ihrem Mann die geschwungene breite Treppe emporschritt, hatte sie wieder das unausweichliche Gefühl eigener Nichtigkeit.
    Mit einer von Ehrfurcht und Unsicherheit erfüllten Stimme fragte sie: »Sind das alles deine Ahnen?«
    »Diese Leute, deren Porträts an den Wänden hängen? Ich habe nicht die geringste Ahnung. Aber arrogant genug sehen sie aus.«
    Das Schlafzimmer der Baroneß lag neben der Hauptsuite. Mrs. Britt führte Genny in einen großen, abgedunkelten Raum. Er war mit weiblichem Geschmack eingerichtet, mehr als Genny es mochte und gewöhnt war. Die vorherrschenden Farben bei den Teppichen, auf dem Bettzeug und auf allen Sesseln waren Pfirsichtöne und ein blasses Blau. Das Zimmer roch so, wie Zimmer riechen, die lange Zeit nicht benutzt worden sind. Alec, der neben Genny stand, spürte ihre gezwungene, steife Haltung, die er nicht recht verstand. Er nahm an, das Zimmer gefalle ihr

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