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Sturmwind der Liebe

Sturmwind der Liebe

Titel: Sturmwind der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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zu Rate. »Von seinem Todestag an, Mr. Raymond.«
    »Dann wären es jetzt noch siebenundzwanzig Tage. Nochmals meinen Dank, Mr. Raymond. Ich bringe Sie raus.«
    Seit Nestas Tod waren fast fünf Jahre vergangen. Fünf Jahre, in denen Alec nie mit dem Gedanken gespielt hatte, sich wiederzuverheiraten. Er dachte an Maria Cordova Sanchez in Madrid, eine sehr reiche verwitwete Contessa. Sie hatte mit großer Begeisterung mit ihm geschlafen und ihm Sachen gezeigt, die er nie zuvor erlebt hatte. Um Hallie hatte sie ein großes Gewese gemacht, bis sich das kleine Mädchen, damals noch ein Säugling, über ihr bestes Kleid erbrochen hatte. Bei der Erinnerung mußte Alec grinsen. Maria hatte sich von da an nie mehr um Hallie bemüht.
    Nein, er hatte die Contessa nicht heiraten wollen. Er hatte überhaupt nie heiraten wollen.
    Was sollte er nun mit Genny anfangen? James hatte sein Testament so abgefaßt, daß er, Alec, sich für sie verantwortlich fühlen mußte. Er sah ein, daß Genny die Werft nicht erben konnte. Sonst würde sie ihr in wenigen Monaten verloren gehen. James hatte sie Alec auf dem sprichwörtlichen Präsentierteller dargeboten, die Werft und seine höchst widerspenstige Tochter.
    Was sollte er tun? Genny bewegte sich wie ein Phantom. Seit dem Tod ihres Vaters kapselte sie sich von ihm ab, von allen. Ihm fiel wieder ein, wie sie vor ihrem bereits toten Vater stammelnd ihr Geständnis abgelegt hatte, und es gab ihm einen Stich. Genny mußte unter unvorstellbaren Schuldgefühlen leiden. Bedauerlicherweise hatte er eine Rolle dabei gespielt – sie war in seinem Bett gewesen – und daran ließ sich nichts mehr ändern.
    Warum sollte er sie nicht heiraten? Er mußte über sich selber lachen. Er entschloß sich, mit Hallie darüber zu sprechen.
    Er fand seine Tochter in ihrem Zimmer im ersten Stock des Ostflügels. Hallie saß im Schneidersitz auf dem Boden und war mit ihren Schiffsmodellen beschäftigt.
    »Hallie«, sagte er leise, um sie nicht zu erschrecken.
    »Hallo, Papa. Ist mit Genny alles in Ordnung? Sie ist ganz blaß und so traurig.«
    »Es geht ihr gut, mein Kürbis.« Er setzte sich neben seine Tochter auf den Fußboden und nahm ein Schiff in die Hand, eine Brigg mit vierzehn Kanonen.
    »Ein französisches Kriegsschiff, Papa, die
Eglantine.
Sie ist 1804 vor Gibraltar gesunken.«
    »Das stimmt«, sagte Alec geistesabwesend und stellte die Brigg wieder hin. »Hallie, ich möchte mich mit dir über Genny unterhalten.«
    Seine Tochter legte den Kopf schief.
    Sie war so klug, seine Tochter. »Man hat uns heute Mr. Paxtons Testament eröffnet. Er hat es ziemlich kompliziert gemacht. Im Grunde möchte er, daß ich Genny heirate. Weißt du, sie steht jetzt ganz allein, hat keine Angehörigen mehr. Ich wollte wissen, wie du darüber denkst.«
    »Mußt du Genny heiraten?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Gut«, sagte Hallie. Dann nahm sie das Modell einer englischen Fregatte, der
Halcyon,
in die Hand.
    »Was ist gut?«
    »Na, wenn du das Gefühl hättest, daß du gezwungen wirst, Genny zu heiraten, dann wäre es nicht gut. Du mußt sie heiraten wollen.«
    »Möchtest du, daß ich sie heirate?«
    »Ich kann Genny gut leiden. Wird sie mir kleine Brüder und Schwestern schenken?«
    »Höchstwahrscheinlich. Ich würde es jedenfalls wünschen.«
    »Sie fühlt sich augenblicklich sehr elend, Papa.«
    »Ich weiß, Hallie, ich weiß. Wir müssen ihr helfen. Sie soll sich wieder besser fühlen.«
    »Glaubst du, daß sie sich gern meine Sammlung ansehen würde?«
    »Ich glaube, das würde ihr sehr gefallen.«
    Abends saß Alec ganz allein im Eßzimmer der Paxtons. Es war, als wäre er der Besitzer, und das war ein komisches Gefühl. Moses stand ehrerbietig an der Tür.
    Es gab geschmorten Hasen. Er nahm einen Bissen. Dann legte er Messer und Gabel auf den Teller. Er hatte keinen Hunger. Er sah auf das Weinglas. Nein, Durst hatte er auch nicht.
    »Hat Genny ihr Abendessen bekommen, Moses?«
    »Ja, Sir. Lannie hat es ihr auf dem Tablett raufgebracht.«
    »Ich werde in Kürze nach ihr schauen.« Alec seufzte. »Wir haben da ein Problem, Moses.«
    »Ja, Sir. Miß Genny, Sir, is, na ja, sie is zäh wie ihr Vater. Aber er war ihr ein und alles. Es hat sie schwer getroffen, Sir.«
    »Ich weiß. Ich gehe jetzt gleich zu ihr. Wenn du Teller krachen hörst – kümmere dich nicht darum, Moses!«
    »Nein, Sir.«
    Fünf Minuten später stand Alec vor Gennys Zimmer und zögerte. Er wollte anklopfen, ließ es dann aber sein. Sie weinte

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