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Sturmwind der Liebe

Sturmwind der Liebe

Titel: Sturmwind der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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schlechter sein als andere, nur weil ich eine Frau bin?
    Alec würde wahrscheinlich antworten, das sei der Lauf der Welt. Aber er war ja schließlich ein Mann. Sie gähnte. Es war ein erlebnisreicher Tag gewesen. Die Männer waren aufgeregt, sie wollten das Rennen gewinnen und die verdammten Briten schlagen. Dieser Einfall, dachte sie grinsend, hatte ausgezeichnet gewirkt. Sie mußte sie nur bei guter Laune halten und ihnen Alec und die Bark immer wieder als Feinde hinstellen. Dann kamen sie nicht auf die Idee, sich Gedanken darum zu machen, daß ihr Kapitän eine Frau war.
    Sie würden fast zwei Wochen bis Nassau brauchen. Bei günstigem Wind vielleicht weniger. Aber die Winde waren entlang der Ostküste fast immer unberechenbar, besonders in den Herbstmonaten. Kurz vor Dunkelwerden hatte sie noch in weiter Entfernung Alecs Schonerbark gesichtet. Sie holte nicht auf, fiel aber auch nicht weiter zurück. Sie war bereit, ihren letzten amerikanischen Dollar darauf zu verwetten, daß seine Männer schon jetzt ausgepumpt waren, weil sie den ganzen Tag hatten kreuzen müssen, um den Abstand zwischen den beiden Schiffen so gering wie möglich zu halten.
    Genny schloß die Augen, und sofort sah sie Alec vor sich. Nicht den Mann, der als Kapitän auf der Schonerbark stand, sondern Alec, ihren Ehemann und Liebhaber. Nackt lag er auf ihr, küßte sie, streichelte ihre Brüste und drang dann in sie ein, wobei er die Augen schloß, weil ihn seine Gefühle überwältigten. Und dann war er tief in ihr, und gleich würde er vor Lust aufseufzen, bevor er sich in ihr zu bewegen begann. Und dann würde er ihr Becken hochheben, um tiefer in sie zu gleiten, und sie anlächeln und auffordern, ihm zu sagen, wie sie es gern haben wolle.
    Das hatte sie noch nie getan. Ihr Geist war zu verwirrt von den wilden Gefühlen, die er in ihr erregte. Es wäre ihr auch peinlich gewesen, ihm gegenüber laut auszusprechen, was sie fühlte und was sie von ihm wünschte. Aber er wußte es ja auch, ohne daß sie ein Wort sagte. Immer traf er das Richtige, was ihm, wie sie glaubte, sehr gefiel. Denn so übte er eine gewisse Macht über sie aus.
    Gennys Lider klappten auf. Leichter Schweiß stand ihr auf der Stirn. Ihr Körper hatte reagiert, als wäre Alec bei ihr. Sie verlangte nach ihm. Jetzt! Wie sehr sie nach ihm verlangte! Die Stärke ihrer Gefühle überraschte sie selber. Ihr fiel ein, daß sie bei ihrem Zusammensein noch nie die Initiative übernommen hatte. Ob eine Frau das überhaupt durfte? Erwartete man es von ihr? Das wußte sie nicht. Sie dachte an sein steifes, glattes Glied, wie er es an ihren Leib preßte, und sie fragte sich, wie es sich wohl in ihrer Hand anfühlen mochte – oder in ihrem Mund. Ob es für ihn anders wäre, als wenn er sie liebkoste und streichelte? Das wußte sie auch nicht. Aber sie nahm sich fest vor, es auszuprobieren. Jeder sollte Macht über den anderen haben. Das war nur fair.
    Dabei kam ihr ein anderes Problem in den Sinn. Was sollte sie tun, wenn sie das Rennen gewann? Ihn verlassen? Ihn dazu drängen, sie zu verlassen?
    Sie konnte sich nicht vorstellen, daß sie ohne Alec leben könnte, daß sie ihn nie wiedersehen würde.
    Andererseits war ihr der Gedanke unerträglich, nicht mehr in der Werft zu arbeiten, nicht mehr zu segeln, nicht mehr Verantwortung zu tragen, nicht mehr den Triumph zu erleben, daß sie etwas vollbracht hatte, daß ihre Bemühungen von Erfolg gekrönt waren. Was würde Alec dazu sagen? Daß sie auch wunderbare Erfolgserlebnisse haben würde, wenn sie seine Kinder zur Welt brachte.
    Jede Stute konnte Füllen werfen, aber nicht jede Stute konnte ein Rennen gewinnen. Genauso wie nicht jede Frau einen Baltimore-Klipper bauen konnte.
    Tatsächlich gab man nur sehr wenigen kleinen Mädchen die Gelegenheit, etwas anderes zu tun, als mit Puppen zu spielen und am Stickrahmen zu sitzen. Ihre Erziehung begann schon in der Wiege, aber es war eine falsche Erziehung, die nicht darauf abzielte, sie zu tüchtigen und unabhängigen Menschen zu machen. Nein, alles war nur darauf abgestellt, ihnen beizubringen, wie sie das Gefallen eines Mannes erregen und ihm das Haus führen konnten. Sie hatte noch Glück gehabt, daß ihr Vater sie nicht anders als ihren Bruder behandelt hatte. Bis er dann sein Testament hinterließ, dieses verdammte Testament!
    Das Leben sei eine Aufeinanderfolge von Kompromissen, hatte ihr Vater einmal gesagt. Aber sie hatte nie geglaubt, daß er auch im Fall einer Heirat zu Kompromissen

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