Sturmwind der Liebe
geneigt war.
Oder hatte sie sich geirrt? Warum sonst hätte er die Bestimmungen des Testaments so festgesetzt? Vielleicht doch, um sie zu Kompromissen zu zwingen?
Wenn das zutraf, so führte sie dieser Kompromiß in die vollständige Niederlage und zur Kapitulation.
Während sie sich fragte, was Alec jetzt tun oder denken mochte und ob er auch an sie dachte, schlief sie ein. Sie schlief tief, bis Daniels sie zur dritten Wache weckte.
Was ihren Mann, den Baron Sherard, anging, so trank er an diesem Abend ein Glas guten französischen Cognac und wünschte sich, er hätte nie diese blöde Wettfahrt vorgeschlagen.
Hölle und Verdammnis! Er hatte sie unterschätzt. Und den elenden Klipper auch. Fast mit offenem Munde hatte er mitangesehen, wie ihr schlankes Schiff sich so hart am Wind segeln ließ, daß es nahezu gegen den Wind anlaufen konnte, wo er mit seiner Crew mehrmals kreuzen mußte, um den Abstand zwischen den beiden Schiffen einigermaßen erträglich zu halten. Aber sie würde einen größeren Vorsprung auf ihn gewinnen. Seine Männer konnten einfach nicht vierundzwanzig Stunden lang am Tag mit Wendemanövern verbringen. Das war eine zu anstrengende Arbeit. Er trank noch einen Cognac. Verdammnis!
Es war hoffnungslos. Sie würde gewinnen.
Ja, er würde das Rennen verlieren. Und er fluchte, bis es ihm selbst zu viel wurde, obwohl er nur in Gedanken geflucht hatte.
Nach ihrem Sieg würde sie ihn verlassen oder verlangen, daß er sie verließ. Das würde er nie fertigbringen. Sie war doch seine Frau! Er konnte ihr nicht die Leitung der Werft überlassen und dann zusehen, wie sie bankrott ging. Und dazu würde es zweifellos kommen.
War sie schwanger?
Ich bin nicht nur ein großer Pessimist, dachte Alec, ich bin auch dumm und feige. Bis jetzt hatte er doch noch lange nicht gegen sie verloren! Wenn er und seine Männer mit der
Night Dancer
hundertmal über Stag gehen mußten, wo für die
Pegasus
ein einziges Wendemanöver genügte, dann würde er es eben befehlen. Er würde alles tun, was notwendig war, sie zu schlagen. Zu ihrem eigenen Wohl.
Er fragte sich allerdings auch, was seine Männer darüber denken mochten.
Am folgenden Nachmittag begann es zu nieseln. Der Himmel war gußeisengrau, das Meer kabblig und der Wind viel unbeständiger als noch zwei Stunden zuvor.
Bei diesem Wetter hatte es die
Pegasus
nicht leicht.
»Das ist der Atlantik, Genny«, sagte Daniels und vergaß vorübergehend, daß das rotbackige Mädchen neben ihm sein Kapitän war. »Außerdem ist es schon ein bißchen spät im Jahr. So spät, daß man nicht annehmen kann, mit einem Klipper ohne Zwischenfälle durchzukommen. Das wissen Sie doch.«
»Ich hatte gehofft, wir würden Glück haben und dieser wunderbare Nordwestwind würde anhalten.«
»Vielleicht wird sich der Wind wieder legen und nicht dauernd wechseln. Wenn wir unseren augenblicklichen Vorsprung zur Schonerbark halten, gibt es keine Probleme. Denken Sie nur mal an den Sonnenschein und das ruhige Meer in Nassau!«
Plötzlich riß ein Windstoß Alec die Wollmütze vom Kopf. Sie und Daniels sahen ihr nach, wie die Windwirbel sie seitwärts von der
Pegasus
entführten.
»Das ist ein harmloser Sturm«, sagte sie. »Der geht auch wieder vorbei.«
Daniels nickte pflichtschuldig. Innerlich betete er, daß es
so
wäre. Die Wahrheit zu sagen, gefiel es ihm gar nicht, wenn Miß Genny – Kapitän oder nicht – auf dem Atlantik in einen Sturm geraten würde, schon gar nicht auf der
Pegasus.
Wenn es gar ein Hurrikan wäre, würden sie in die größten Schwierigkeiten kommen. Daniels war durchaus nicht davon überzeugt, daß die extreme Konstruktion des Klippers selbst in verhältnismäßig geschützten Gewässern einen schweren Sturm überstehen würde. Mr. Paxton hatte den Masten eine stärkere Vorwärtsneigung verliehen als allen Vorgängerinnen, und die Stags waren unter der Mindestgröße. Wenn das Schiff voll aufgetakelt war, überlappten sich die Focksegel mit denen des Großmasts, so daß beide Masten großen weißen, gleichschenkligen Dreiecken glichen. Wenn sie direkt in einen Sturm liefen, würden Böen von hoher Windstärke die scharf geneigten Masten sauber in zwei Teile zerlegen und die Segel in Fetzen reißen. Außerdem lag der Freibord sehr niedrig über der Wasserlinie. Ein gehöriger Sturm, und die Wellen würden nur so über das Deck waschen.
Ach, zum Teufel, dachte Daniels und paßte scharf auf. Mehr war kaum zu tun. Er hörte, wie Miß Genny – mein Gott,
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