Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)
glücklich und wüsste, dass deine Entscheidung aus freien Stücken und aus Liebe zu mir gefallen ist. Tust du es nicht, ist mir bewusst, dass du alle Für und Wider sorgfältig abgewogen hast und mich dennoch liebst.«
Anki lächelte, als sie einen Hauch von Schalk in seiner Stimme hörte.
»In diesem Fall dürfte deine Liebe zu den Chabenski-Mädchen und eine große Portion Verantwortungsgefühl in deine Entscheidung mit eingeflossen sein. Und diese wunderbaren Wesenszüge an dir achte und respektiere ich.«
Einen Augenblick hielt Anki den Atem an und fragte sich, wie es sein konnte, dass dieser sensible, großartige Mann sich ausgerechnet in sie verliebt hatte. Womit verdiente sie dieses Glück?
»Ich brauche etwas Zeit«, murmelte sie schließlich, obwohl ihr Herz laut schrie, dass sie nirgends anders als in seiner Nähe sein wollte. Jetzt und für immer! Aber ihr Verstand riet ihr, die ihr verbleibenden Stunden zu nutzen, um ihre Entscheidung genau zu prüfen.
»Die bekommst du«, erwiderte er leise, ließ endlich das Lenkrad los und wandte sich ihr zu, soweit ihm das im Wagen gelang. »Aber eines will ich dennoch wissen. Gleichgültig, ob du mit uns nach Württemberg reist oder ob du hierbleibst, bis der Krieg in ein paar Wochen vorüber ist.«
»Ja?«
»Willst du meine Frau werden?«
Anki stutzte. War ihm das denn nicht längst klar? Er wusste doch, dass sie ihn liebte. Sie würde keinen Mann küssen und sich von ihm umarmen lassen, ohne sicher zu sein, dass sie dieses Geschenk dem Mann gab, der für den Rest ihres Lebens als Ehemann an ihrer Seite sein würde.
Auf ihr verwirrtes Schweigen hin rutschte Robert näher zu ihr, sodass sie in seinem Gesicht endlich mehr als nur graue Schatten sah, obwohl die Fahrzeugscheiben inzwischen von innen beschlagen waren. Zu ihrer Verwunderung lächelte er.
»Ich kenne die Antwort, meine Liebe. Aber ich will dir hiermit einen offiziellen Heiratsantrag machen. Ich möchte es aus deinem Mund hören, damit ich mich daran erinnern kann, falls du dich zum Bleiben entscheidest. Schau«, er senkte den Kopf, kramte mit einer Hand in seiner Westentasche und streckte ihr dann die Handfläche entgegen. Im Licht der Straßenlampe blitzte ein kleiner weißer Diamant an einem sanft schimmernden Goldring auf.
»Oh, Robert!«, entfuhr es Anki. Eine heiße Welle puren Glücks floss durch ihren Körper.
»Ich warte noch immer ungeduldig auf eine Antwort, Anki van Campen.«
»Dann will ich dich nicht länger warten lassen. Ja, Robert Busch. Ich möchte dich heiraten, denn ich liebe dich von ganzem Herzen.« Ihre Worte waren nur ein Flüstern, obwohl sie sich ihrer Sache vollkommen sicher war. Doch dieser Augenblick erschien ihr so entscheidend, so unbeschreiblich wichtig und berauschend, dass sie etwas in sich spürte, das sie nur Ehrfurcht nennen konnte.
Robert schloss die Hand mit dem Ring zu einer Faust, fasste mit der anderen in ihren Nacken und zog sie an sich, um sie federleicht zu küssen.
Ein Zittern durchlief ihren Körper, das sie nicht der Kälte zuschrieb. Vielmehr war es, als durchbreche eine zarte Pflanze die verkrustete Erde, die bis jetzt alle ihre Gefühle umschlossen hatte. Sie brach sich Bahn, lockerte den Boden und erblühte zu einer wunderschönen Blume. Hatte sie diesen Schutzpanzer aufgebaut, nachdem Tilla sie einweihen musste, was zu Hause in Koudekerke geschehen war? Oder hatte Gott ihre Sehnsucht nach körperlicher Nähe zu einem Mann, dieses unbeschreiblich große Gefühl der Zusammengehörigkeit, sorgsam in ihr verborgen, damit sie es nicht leichtfertig verschwendete, sondern für den Mann aufhob, der sie um ihre Hand bat?
Roberts Gesicht blieb dicht vor ihrem, als er ihr zuraunte: »Ich danke dir. Du machst mich zum glücklichsten Mann von ganz Petersburg … nein, Petrograd. Ich hasse diesen dämlichen neuen Namen!«, stieß er noch hervor, ehe er sie leidenschaftlich küsste.
***
Wie berauscht vor Glück reichte Anki Jakow ihren warmen Mantel und das Tuch, das sie sich um Hals und Kopf geschlungen hatte. Dabei ignorierte sie seinen fragenden Blick, denn sie ahnte, wie rot ihre Nase vor Kälte, ihre Wangen aber vor Aufregung waren.
»Ich habe eine Nachricht für Sie. Ein Bote der Zoraws brachte sie vor gut zwei Stunden.«
»Eine Nachricht von Ljudmila Sergejewna?«
»Ich nehme es an.« Jakow verschwand für einen Augenblick, war aber schnell wieder bei ihr und überreichte ihr einen mit Seidenpapier gefütterten Briefumschlag. »Ihre Hoheit,
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