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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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draußen ruhig geworden. Nur das Pfeifen des Windes und das Rascheln der wehenden Vorhänge füllte die Stille.
    »Oskar? Mutter? Vater?«
    »Wir sind unverletzt, Sohn. Und für das zertrümmerte Geschirr und die Möbel bräuchten wir wohl eher eine Manufaktur und einen Schreiner als einen Arzt.«
    Trotz des Schreckens schlich sich ein Schmunzeln auf Ankis Gesicht. Jetzt wusste sie, wo die Lachfältchen ihres zukünftigen Schwiegervaters herrührten und was es mit Roberts Gelassenheit auf sich hatte. Offenbar gab es nicht viel, was diesen Mann beeindruckte.
    »Wenigstens hat Oskar das gute Essen nicht umkommen lassen«, erwiderte Mathilde prompt. Das Geräusch aneinanderklirrender Scherben ließ Anki vermuten, dass sie die Auflaufform in Händen hielt, die mitsamt der Tischdecke heruntergerissen worden war, als das Ehepaar sich vor den Geschossen in Sicherheit brachte.
    »Vorsicht, Anki. Der Boden ist übersät mit Scherben.« Robert streckte ihr seine Hände entgegen, damit er ihr unter dem Tisch hervor und auf die Beine helfen konnte. Er sah, wie stark sie noch immer zitterte, und nahm sie Trost bietend in den Arm. In diesem Moment knipste Roberts Vater im Flur das Licht an und Mathilde lächelte dem eng umschlungenen Paar zu.
    Obwohl Anki sich in Roberts Armen herrlich geborgen fühlte, war sie doch erleichtert, als er sie freigab. Zuschauer behagten ihr beim Austausch von Zärtlichkeiten nicht sonderlich. Während das Ehepaar Busch eine Bestandsaufnahme des Schadens vornahm, entdeckte Anki in Mathildes Augenwinkel beim Anblick des zersprungenen Porzellans nun doch ein paar Tränen.
    Oskar verließ unterdessen gewohnt schweigsam den Raum. Kurz darauf fiel die Außentür ins Schloss. Sein Bruder, inzwischen mit Besen und Schaufel zugange, drückte beides Anki in die Hand und riss eines der zerstörten Fenster auf. »Komm zurück, Oskar!«
    »Diese Idioten wissen genau, dass wir nichts mit dem autokratischen System Russlands zu tun haben«, hörte Anki Oskar rufen.
    »Lass es gut sein, hörst du?« Der junge Arzt beugte sich weit aus dem Fenster in die dunkle Nacht. Unter seinen Schuhen knirschte das Glas und Anki befürchtete, er könne ausrutschen und in die Splitter stürzen.
    Endlich trat Robert zurück und schloss das Fenster so vorsichtig, als fürchte er, weitere Scheiben darin würden zerspringen. Anki verkniff sich alle Fragen über das eigentümliche Verhalten von Oskar und machte sich daran, die überall verstreut liegenden, im Licht der Kerzen sanft glitzernden Scherben zusammenzufegen.
    »Ich versuche Bretter aufzutreiben, mit denen wir die Fenster für heute Nacht vernageln können«, erklärte Robert mit düsterer Miene. Im Vorbeigehen drückte er Ankis Unterarm und verschwand ebenfalls ins Freie. Ob er gleichzeitig noch seinen Bruder aufzuhalten versuchte – weshalb auch immer dieser so eilig davongestürmt war?
    Die Unkompliziertheit des Ehepaars Busch half Anki, das soeben Erlebte zu verarbeiten. Sie wurde nicht etwa in das Wohnzimmer gebeten, um dort darauf zu warten, bis der gröbste Schaden behoben war. Wie selbstverständlich durfte sie mithelfen, die Scherben zu beseitigen, um anschließend die Porzellanstücke, die den Steinwurf überlebt hatten, aus der Vitrine zu nehmen und in eine Kiste zu packen. Zuletzt hielt sie die Holzlatten, die Robert vorsichtig, um nicht noch mehr Schaden anzurichten, in die Fensterrahmen einpasste.
    Nach getanem Werk setzten sie sich in das ebenfalls geschmackvoll eingerichtete Wohnzimmer, und während Wolf einen leichten Wein einschenkte, ergriff Mathilde Ankis Hand.
    »Unser gemütlicher Abend ist von diesen aufgebrachten Menschen leider empfindlich gestört worden. Allerdings spiegelt das doch nur unser Leben wider: Wir planen, müssen aber jederzeit mit Unvorhersehbarem rechnen. Der Vorfall hat mir die Antwort auf eine Frage gegeben, die mich seit Wochen beschäftigt. Da meine Entscheidung auch Sie betreffen wird, Fräulein van Campen, ist es nur richtig, dass Sie an diesem Gespräch teilhaben, das, wie diese Steinwerfer, heute nicht eingeplant war.«
    »Ich dachte mir schon, dass dies nun letztendlich der entscheidende Ausschlag ist«, murmelte Wolf und setzte sich in einen mit apfelgrünem Samt bezogenen Sessel.
    Ankis fragender Blick wurde von Robert nicht erwidert, da er vornübergebeugt auf der Couch saß. Er stützte die Ellenbogen auf seine Oberschenkel und betrachtete seine gefalteten Hände.
    »Fräulein van Campen, seit Kriegsbeginn sind wir

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