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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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»Halten Sie sich besser von ihm fern. Das dürfte nicht schwer sein, weil er für Bedienstete nichts übrighat. Allerdings wage ich nicht einzuschätzen, wie nachtragend er – oder seine Tochter – sind. Ich möchte Sie ungern in Schwierigkeiten wissen.«
    »Danke, Herr Busch, für Ihre Hilfe und für die Warnung. Ich versuche, sie zu beherzigen.«
    Robert setzte den Hut auf und ging zu seinem Pferd, das von einem Angestellten der Chabenskis versorgt worden war. Der Student befestigte seine Tasche am Sattel, stieg auf und ritt an der Mojka entlang in Richtung Voznesenskij Prospekt.
    Anki trat bis an die äußerste der vier Rundsäulen, die das weiße Vordach trugen und sah dem jungen Mann nach, bis sie ihn aus den Augen verlor. Was blieb, war die Erinnerung an seine flüchtige Berührung und an den Aufstand in ihrem Herzen, den diese ausgelöst hatte.

Kapitel 15
    Bei Lüttich, Belgien,
August 1914
    Während die Stadt Lüttich kurioserweise schnell eingenommen wurde, stemmte sich die zu ihrem Schutz erbaute Festung mit ihren zwölf stark befestigten Außenforts gegen den Ansturm des deutschen Heers an. Unermüdlich drang das Abfeuern der Artilleriegeschosse über das Land, begleitet vom Stampfen der nachrückenden Soldaten und dem Rollen der Protzen 13 , die immer schwerere Geschütze zum Kampfschauplatz transportierten. Darunter waren erstmalig auch 42-Zentimeter-Mörser, die von ihren Bedienmannschaften liebevoll Dicke Bertha genannt wurden und den Festungsmauern erheblichen Schaden zufügten.
    Abseits der Belagerungsstellungen lagerte Hannes’ Zug in einem in dieser kriegerischen Zeit eigentümlich romantisch anmutenden Weidenhain. Während im Osten die ersten Strahlen der Sonne über die Landschaft glitten und die schwarzen Schatten mit Farbe füllten, wanderte Hannes ruhelos zwischen den Infanteristen hindurch und betrachtete die ermattet daliegenden Soldaten. In der vergangenen Nacht hatte er zehn Männer verloren. Zwei von ihnen lagen verletzt im Lazarett, sechs waren tot und bei zweien wusste er nicht, was aus ihnen geworden war.
    Zwar waren in der Kadettenanstalt die kräftezehrenden Kämpfe und die damit verbundenen Verluste thematisiert worden, doch die Realität sah völlig anders aus als im Lehrbuch. Blutiger. Schmutziger. Widerwärtiger. Endgültiger. Bereits nach seinen ersten Fronteinsätzen begann Hannes zu erahnen, was zu Philippes Kriegsverdrossenheit geführt haben mochte, die er bisher nie hatte nachvollziehen können.
    Er ließ sich auf einer steil abfallenden Böschung nieder, viel zu aufgewühlt, um auch nur an Schlaf zu denken. Obwohl er sich nach den langen Märschen der vergangenen Tage und dem Schrecken seiner ersten Schlachten wie erschlagen fühlte, ließ er den Blick erneut über seine auf 30 Mann zusammengeschrumpfte Einheit gleiten.
    Die meisten Soldaten hatten ihre Köpfe auf ihr Gepäck gebettet und die Augen geschlossen. Einige kauten an ihrem Proviant, während ein auffällig jung wirkender Bursche, dem nur ein Flaum im Gesicht stand, an seinen Fingernägeln knabberte.
    Zum ersten Mal begann Hannes damit zu hadern, dass er sich nach seinem Abschluss auf der Kadettenanstalt und der anschließenden Pflichtzeit nicht intensiver um einen Aufstieg in den Reihen der Militärs bemüht hatte. Ein höherer Rang und damit verbunden ein anderes Aufgabenfeld innerhalb der Armee hätte ihn vor einer zu engen Beziehung zu seinen Untergebenen geschützt. Die meisten seiner Männer kannte er erst seit ein paar Tagen. Er wusste kaum etwas über sie und deshalb ging ihm der Verlust der Soldaten nicht allzu nahe. Allerdings ahnte er, dass sich dies ändern würde …
    Müde, schlurfende Schritte näherten sich seinem Lagerplatz. Hannes hob den Blick und sah zweien seiner Unteroffiziere, Heinrich Tassa und Hermann Eisenburg, prüfend entgegen. Sie rutschten nacheinander die Böschung zu ihm hinunter und grüßten vorschriftsmäßig, wobei Hannes sich fragte, ob er ebenso heruntergekommen, verdreckt und übermüdet aussah wie diese beiden Gestalten.
    Eisenburg, ein paar Jahre älter als Hannes, ließ sich ihm gegenüber auf einem Felsbrocken nieder. »Heine ist auf dem Verbandsplatz gestorben. Mit dem Bauchschuss war ihm nicht zu helfen. Kleber kämpft noch. Sieht aber nicht gut aus.«
    Hannes nickte ernüchtert. Noch ein Toter und einer, für den der Krieg bereits vorüber war. Fragend sah er zu Tassa auf. Dieser erklärte: »Von den beiden Vermissten gibt es keine Spur. Vermutlich sind sie

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