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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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großzügig angelegten Park zur Fontanka. »Ich sehe Boote auf dem Kanal. Du weißt doch, wie gern die Töchter der Chabenskis mit dem Dampfer auf der Neva fahren? In ein paar Tagen reisen wir zum Landsitz der Familie nach Zarskoje Selo. Die Fürstin will ihre Kinder aus der noch immer mit Soldaten überfüllten Stadt heraushaben. Warst du schon einmal auf dem Sommersitz der Chabenskis? Ich leider erst zweimal. Ich freue mich darauf, den Katharinenpalast und den Alexanderpalast wiederzusehen. Was hältst du davon, dich uns anzuschließen?« Anki drehte sich um und unterdrückte ein Lächeln.
    Ljudmila stand in ihrem langen, himmelblauen Seidennachthemd barfüßig vor dem Fenster, lehnte sich zitternd an das Marmorfenstersims und blickte hinaus auf die sich sanft im Wind wiegenden Bäume. »Würdest du bitte nach meiner Zofe läuten, damit sie mir beim Ankleiden behilflich ist?«
    »Ich kann dir doch zur Hand gehen.«
    »Du bist meine Freundin, nicht meine Zofe.«
    »Aber wenn ich dir doch gern helfe!«
    »Das tust du eigentlich ununterbrochen, nicht?«
    Bevor die Komtess es sich anders überlegte, betrat Anki erneut den Kleiderschrank und suchte Unterkleider, eine hübsche weiße Bluse und einen hellblauen Rock heraus, der dem ihren sehr ähnlich war.
    Zurück im Zimmer fand sie die Freundin hinter dem dreiteiligen schwarzen Paravent, auf dem weinrote Rosen mit überdeutlich applizierten Stacheln prangten. Ljudmilas Nachthemd hing über der mittleren Bespannung.
    Anki reichte ihr die Kleidungsstücke und machte sich anschließend auf die Suche nach bequemen Schuhen und einer leichten Jacke, da Ljudmila noch immer fror. Auf einen Hut verzichtete Anki, stattdessen band sie der jungen Frau die langen, roten Haare mit einem weißen Band zu einer unkomplizierten Frisur auf.
    Daraufhin betrachtete Ljudmila sich im Spiegel und zog eine Grimasse. »Ich sehe aus wie ein Gespenst.«
    Anki wäre wegen der Fratze und der Worte beinahe vor Freude in Tränen ausgebrochen. Sie lief zu Ljudmila und umarmte sie stürmisch. »Wir gehen jetzt in die Sonne hinaus, dann ändert sich das schnell.«
    »Richtig, ich werde grässliche Sommersprossen bekommen.«
    »Sommersprossen sind hübsch.«
    Abwehrend schüttelte Ljudmila den Kopf und bat Anki, ihr einen Sonnenschirm zu holen. Auch die Anzahl der verschiedenfarbigen Schirme und Spazierstöcke, ausgestattet mit Kristall-, Elfenbein-, Silber- und Goldköpfen, teils in Tierform, teils mit wertvollen Steinen geschmückt, faszinierte Anki, zumal sie ihre Freundin noch nie mit einem dieser modischen Accessoires gesehen hatte. Wahllos griff sie nach einem blauen Sonnenschirm, lief voller Vorfreude zu Ljudmila zurück und betrat kurz darauf mit ihr die wuchtige Eingangshalle des Palais.
    Die Bediensteten staunten gehörig, als die kurz zuvor noch so schwach wirkende Herrin das Haus verließ. Schon wenig später saßen die beiden jungen Frauen auf einer Holzbank inmitten blühender Margeriten, Rosensträucher, weißem Sommerflieder und überschwänglich rankender Clematis und atmeten tief den herrlichen Duft der Blütenvielfalt ein. Eine Voliere aus schwarzen, gedrehten Eisenstäben thronte neben ihnen. Hinter dem Gitter flatterten kleine Vögel in so vielen bunten Farben wild durcheinander, wie Anki sie niemals zuvor gesehen hatte. Sie vermutete, dass sie aus exotischen, weit entfernten Ländern stammten.
    Ljudmila schwieg und platzierte ihren zierlichen Schirm geschickt so, dass die Sonne ihr nicht ins Gesicht schien. Sie schloss die Augen und genoss die Wärme, den Duft und den fröhlichen Gesang der Vögel in ihrem Käfig und in den Zweigen der Bäume.
    Zufrieden über ihren kleinen Sieg ließ Anki sie gewähren, obwohl sie viele Fragen beschäftigten, vor allem nach diesem eigentümlichen Satz mit der Brücke. Im Moment war sie glücklich, ihre Freundin aus ihrer düsteren Melancholie gelockt zu haben.
    »Anki? Was ist mit Jevgenia Ivanowna?«
    Diese Frage hatte Anki tief in ihrem Herzen gefürchtet. Ob die Komtess die Wahrheit bereits ertrug? Sie zögerte und wog ab, wie viel sie preisgeben und welche Details sie besser verschweigen sollte.
    »Anki, bitte. Seit Tagen liege ich in diesem Bett, höre die Menschen im Haus murmeln und weinen. Ich denke nicht, dass Herzogin Bobow bei ihrem Besuch meinetwegen weinte oder Herzog Bobows mühsam unterdrückter Zorn an meinem Zustand lag«, sagte Ljudmila mit bebender Stimme. Sie legte den Schirm achtlos ins Gras und ergriff Ankis Hände.
    »Jevgenia

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