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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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die Männer, die er am Morgen zurück in diese Unterkunft geführt hatte, stand unordentlich aufgereiht und mit geschultertem Marschgepäck vor dem Bauernhaus. Der Feldwebel trat zu Hannes, grüßte vorschriftsmäßig und meldete, dass sie zurückverlegt wurden. Britische und französische Infanterie- und Kavalleriedivisionen hatten wie erwartet zügig die Lücke zwischen der 1. und der 2. Armee entdeckt und drangen in diese ein. Sie überschritten inzwischen die Marne und bedrohten damit nicht nur die rechte Flanke von Bülows 2. Armee, sondern auch den Rücken der 1. Armee. Es galt einen Durchbruch mit katastrophalen Folgen zu verhindern, und daher brach die deutsche Führung die Schlacht ab.
    »Danke, Herr Feldwebel«, brachte Hannes mit rauer Stimme hervor.
    Waldmanns forschender Blick verriet ihm, dass zumindest er seinen geschockten Zustand bemerkte. Tief einatmend wandte Hannes sich seinen Soldaten zu und ließ den Blick über sie gleiten. Sie lebten noch. Für sie war er verantwortlich! Und für sein eigenes Leben, das er um Ediths und seiner Töchter willen erhalten musste. Er reckte sich, straffte die Schultern und bellte seine Befehle. Gemeinsam setzten sie sich in Bewegung.
    Der Spieß beobachtete den Abmarsch und reihte sich als Letzter ein, während Hannes von einem Meldereiter seine schriftlichen Anweisungen entgegennahm. Darin hieß es, dass sie sich über einen weiteren Fluss, die Aisne, zurückziehen mussten. Erschrocken machte er sich klar, dass sie beinahe bis an die Tore von Paris vorgerückt waren und nun bis fast an die Grenze zurückbeordert wurden. Frankreich hatte mit dem Rücken an der Wand gestanden, da die deutschen Armeen nahezu alle wichtigen Industriezentren überrollt hatten, und die Regierung, so hieß es, nach Bordeaux evakuiert worden war. Alles, wofür sie gekämpft und geblutet hatten, zerrann ihnen wie Sand zwischen den Fingern.
    Hannes trat zur Seite und ließ seinen Zug vorbeimarschieren. Die Männer waren dreckig und wirkten ausgezehrt, ihr Gepäck hing schwer auf ihren gebeugten Rücken und klapperte scheinbar zynisch. Für was galt es jetzt noch zu kämpfen? War mit ihrem Rückzug sein Ziel, große Erfolge und einen Art Heldenstatus zu erreichen, nicht schlichtweg gestorben?
    18 Der Begriff Marketender stammt aus dem Mittelalter und steht für einen Händler, der einen Kriegstross begleitete und diesen mit Lebensmitteln, sonstigem alltäglichen Bedarf, aber auch mit medizinischer Hilfe versorgte. Frauen koppelten dieses Berufsbild oft an Prostitution.

Kapitel 21
    An der Aisne, Frankreich,
September 1914
    Mehrere in rascher Abfolge krachende Explosionen ließen Hannes den Kopf drehen. Seine Männer und er befanden sich im Aufstieg auf einen Hügelkamm nördlich der Aisne und somit konnte er auf die Brücke hinabsehen, die sie vor etwa einer halben Stunde passiert hatten. Die Konstruktion aus Holz und Stein sackte soeben in sich zusammen, als sei sie es leid, schwere Lasten tragen zu müssen, und verschwand in einer Wand aus schwarzem Rauch und aufspritzendem Wasser. Von flussabwärts drangen ähnliche Geräusche, wenn auch leiser zu ihm und er nickte befriedigt. Womöglich würde es ihnen nicht gelingen, rechtzeitig alle Brücken über den Fluss zu sprengen, doch jeder fehlende Übergang bedeutete ein logistisches Problem für die sie verfolgenden Truppen. Allerdings war bisher weder von den Briten noch von den Franzosen etwas zu sehen. Ob der plötzliche Rückzug des deutschen Heers für sie zu überraschend gekommen war?
    Mittlerweile war sein Zug weit vorgerückt und Hannes beeilte sich, an anderen Soldaten der Kompanie vorbei wieder zu ihm aufzuschließen.
    Mit dem Daumen deutete Waldmann, der wie üblich den Schluss der Truppe bildete, über seine Schulter und murmelte: »Wir machen es ihnen schwer, den Fluss zu überqueren. Uns selbst aber ebenfalls!«
    Hannes warf einen Blick auf die wie das Gerippe eines Dinosauriers aus den Fluten ragenden Brückenträger und musste seinem Feldwebel recht geben. Ihr Ziel war es doch eigentlich, Paris einzunehmen. Mit der Sprengung der Übergänge hielten sie zwar ihre Verfolger eine Zeit lang auf, doch auch sie mussten auf Behelfsbrücken ausweichen, wenn sie irgendwann wieder vorwärtsmarschieren und den Feind vor sich hertreiben wollten.
    Der Leutnant blieb Waldmann eine Antwort schuldig, was diesen aber nicht störte. Für eine weiterführende Diskussion fehlte dem Spieß ohnehin die Puste. Knapp unterhalb des Hügelkamms waren

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