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Sturmzeit

Sturmzeit

Titel: Sturmzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Link Charlotte
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eines haben Sie doch wohl begriffen: daß ich einer von den Männern bin, denen die Zukunft gehört. Und daß es sich nur lohnen kann, meine Freundschaft zu erringen.«
    Carvelli nippte an seinem Sherry. »Selbstverständlich ist mir um Ihre Freundschaft sehr zu tun, lieber Wolff. Nur - auch Felicia Lavergne gehört natürlich meine Sympathie, und es widerstrebt mir...«
    »Frau Lavergne ist nach Ostpreußen zurückgekehrt«, unterbrach Wolff, »es ist nicht einmal sicher, ob sie je wieder nach München kommt. Schließlich ist sie verheiratet und hat zwei kleine Kinder.«
    »Aber dann...«
    Wolff s Augen wurden schmal. »Also, jetzt hören Sie zu, Carvelli. Ich möchte diese Fabrik übernehmen, ganz und gar, und ich werde keine Ewigkeit darauf warten. Felicia hat einen großen Fehler begangen, als sie jetzt nach Insterburg ging. Kurz zuvor hat sie, sowohl in München als auch in Berlin, eine ganze Reihe Lieferverträge abgeschlossen. Was ich Ihnen - und übrigens auch den Herren, die vor Ihnen auf diesem Stuhl saßen zu sagen habe, ist dies: Wir werden nicht liefern. Wir lassen Sie sitzen. Was einen hübschen Verlust für Sie bedeutet, das wissen Sie ja.« Wolff hielt inne und kippte mit heftigem Schwung seinen Sherry hinunter. »Sie werden uns verklagen. Das heißt, Sie werden mit einer Klage drohen.«
    »Frau Lavergne wird sich darauf verlassen, daß Sie dafür sorgen, daß alle Liefertermine eingehalten werden«, meinte Carvelli, »soviel ich weiß, sind Sie für die Produktion zuständig, Frau Lavergne für die Vertragsabschlüsse und die Entwürfe. Die Entwürfe liegen vor, ich habe sie gesehen. Also...«
    »Also ist Lektion Nummer eins, die Felicia Lavergne zu lernen hat: Verlaß dich auf nichts. Es sind ihre Verträge. Was auch immer damit zusammenhängt, ich werde es ignorieren.«
    Wolff goß sich einen zweiten Sherry ein. »Wir waren bei der Klageandrohung. Schadenersatz. Sie und die anderen zusammengerechnet, da kommt eine stattliche Summe heraus. Ich werde Ihnen Felicias Firmenanteile anbieten für den Fall, daß Sie von einer Klage absehen. Sie und die anderen werden dieses Angebot annehmen. Gleich darauf werden Sie die Anteile an mich verkaufen - und Sie werden dafür doppelt soviel Geld bekommen, wie Ihnen irgendein deutsches Gericht als Schadenersatz zubilligen würde.«
    Carvelli zögerte. »Das geht nicht auf. Wenn Sie nicht ermächtigt sind, uns die Aktien zu verkaufen, ist unser Geschäft nicht rechtsgültig. Frau Lavergne wird bei ihrer Rückkehr eine Klage gegen Sie einreichen.«
    »Sie wird sich das überlegen. Denn ich werde ihr natürlich mitteilen, daß sie in diesem Fall dann mit einer Schadenersatzklage Ihrerseits zu rechnen hat. Und im übrigen ist es nur wichtig, daß die Aktien in meinen Händen sind. Ich habe ein Tauschgeschäft vor. Aber das... ist eine interne Familienangelegenheit.«
    Carvelli schwirrte der Kopf. Diese Sache behagte ihm ganz und gar nicht. Andererseits - Stadelgruber und Breitenmeister, so hatte Wolff angedeutet, waren bereit mitzumachen. Und wenn sie es taten...
    »Die Zeiten werden nicht besser«, bemerkte Wolff gleichmütig, »ein gutes Geschäft sollte sich keiner entgehen lassen.«
    »Was ist, wenn Frau Lavergne schon in den nächsten Tagen zurückkommt?«
    »Dann wären wir allemal mit der Lieferung in Verzug. Und würden auch kaum aufholen können. Zumal ich beschlossen habe, ein anständiger Arbeitgeber zu werden und die tägliche Stundenzahl meiner Arbeiter drastisch zu reduzieren.«
    Carvelli erhob sich. »Ich denke«, sagte er, »wir sind Partner.«
    Aber er ließ sein Glas stehen, und an der Tür winkte er ab, als Wolff ihm nachkommen wollte. Weiß Gott, im Hause Lombard an der Prinzregentenstraße kannte er sich aus, von besseren Zeiten her. Er schloß die Tür hinter sich. Draußen, im kühlen, dunklen Treppenhaus lehnte er sich für einen Moment seufzend gegen die Wand. Er fischte sein Taschentuch hervor und tupfte sich die Stirn ab. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut, nein, ganz und gar nicht. Aber, Gott, was sollte er tun, die Zeiten waren schlecht, da hatte Wolff recht... Er schrak zusammen, als er Schritte hörte. Es war Kat, die den Gang entlangkam.
    »Oh, guten Tag, Fräulein... Lombard...« Es war Carvelli darum zu tun, bloß nicht in ein Gespräch verwickelt zu werden. So nickte er Kat nur kurz zu und lief eilig die Treppe hinunter. Kat, die ihm über das Geländer gebeugt nachsah, spürte einen Moment lang den Strom kalter Luft, als er

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