Sturz Der Engel
Abendessen keinen Streit gebrauchen. Wir können überhaupt keinen Streit gebrauchen. Wir müssen zusammenhalten, wenn wir den kommenden Winter überleben wollen.«
Nylan setzte sich schweigend auf seinen Platz und betrachtete die Aschehaufen im kalten Herd. »Kein Feuer?«
»So kalt ist es noch nicht und es macht Arbeit, die Stämme zu zersägen und zu spalten, selbst wenn man trockenes, totes Holz nimmt«, erklärte Ayrlyn, die auf der anderen Seite des Tisches saß. Neben ihr, in Rybas unmittelbarer Nähe, hatte Hryessa Platz genommen. Relyn saß auf der anderen Seite.
»Du trägst ja eine Jacke«, sagte Nylan zu Ayrlyn.
»Ich bin keine Sybranerin«, erklärte die rothaarige Heilerin. »Du bist mindestens Halb-Sybraner.«
Nylan schüttelte grinsend den Kopf. »Wahrscheinlich war es die falsche Hälfte.«
Das Abendessen bestand aus langen Fleischstreifen, die offenbar mit viel Mühe weich geklopft worden waren. Gewürzt war das Fleisch mit dem scharfen, getrockneten Pfeffer, den Kyseen irgendwo gefunden hatte, und darüber hatte sie eine noch schärfere rotbraune Soße gekippt. Als Beilage gab es verkochte Nudeln, die fast so dick waren wie kleine Klöße, und eine Art in Scheiben geschnittene Wurzel.
Nylan zwang sich, ein paar Scheiben der Wurzel zu essen, kippte sich dann aber scharfe Soße auf alles außer aufs Brot. Das Brot wurde wirklich immer besser.
Zu trinken gab es nur Wasser. Morgens gab es bitteren Tee, abends Wasser. Der Ingenieur fragte sich, wie lange es dauern würde, bis sie andere Getränke zur Verfügung hatten.
Hryessa starrte abwesend das grobe Holz der Tischplatte an, während die anderen sich unterhielten. Als Nylan zu essen begann, nahm die einheimische Frau sich noch eine große Portion Fleisch und dicke Nudeln. Sie aß langsam, als wäre sie zwar satt, befürchtete aber, am nächsten Tag nichts zu bekommen.
Nylan verkniff sich ein Kopfschütteln und langte kräftig zu. Nach dem ersten Bissen Fleisch mit Nudelklößen standen ihm die Schweißperlen auf der Stirn.
Er trank seinen Becher leer und füllte nach, dann tupfte er sich die Stirn ab.
»Das Brot hilft eher als das Wasser«, bemerkte Ryba trocken.
Ayrlyn stimmte nickend zu.
Er schob sich wieder einen Löffel in den Mund und kaute Brot dazu. Sie hatten Recht. Das Brennen ließ nach und er aß weiter. Nachdem er noch etwas Brot und Wasser zu sich genommen hatte, fragte er: »Ist das jetzt Kyseens neuester Trick, um jegliche Kritik am Essen zu unterbinden? Denn wenn es so scharf ist wie jetzt, bleibt einem die Stimme weg und man kann sich nicht beschweren.«
»Ich finde es gut«, meinte Gerlich.
»Andererseits hatte er ja noch nie Geschmack«, warf Ayrlyn flüsternd ein.
»Hat er immer noch nicht«, murmelte Nylan und fügte etwas lauter hinzu: »Du magst es eben, wenn es heiß und scharf ist.«
Die anderen am Tisch lachten, nur Hryessa ignorierte den Scherz. Relyn runzelte leicht die Stirn. Er hatte immer noch Mühe, nur mit der linken Hand zu essen, und Nylan nahm sich vor, etwas zu konstruieren, damit Relyn den Armstumpf benutzen konnte.
»Besser als kalt und lasch«, konterte Gerlich.
Die Bemerkung wurde mit leisem Kichern quittiert, dann wurden die Unterhaltungen an den beiden Tischen fortgesetzt. Besonders lebhaft ging es am anderen Ende zu, wo Huldran und Cessya saßen.
Nylan bekam ein paar Fetzen mit.
»… baden, wenn das Eis an den Wänden klebt …«
»… besser, als zu stinken …«
»… nicht egal? Aber der Ingenieur ist der Einzige, der sich darum kümmert, und du weißt ja, wie gefährlich es wäre, wenn …«
Nylan blickte zum Ende des ersten Tisches, wo Denalle neben Narliat saß und an ihm ihr Anglorat ausprobierte. Narliats Gesicht schien unbewegt, aber Nylan konnte sehen, dass der Mann gegen die Langeweile ankämpfte.
Nylan konzentrierte sich darauf, seinen Teller leer zu essen, auch wenn er noch zweimal vom Brot nehmen musste, um das scharfe Fleisch herunter zu bekommen.
»Kein Nachtisch?«, fragte Istril. Ihre Stimme übertönte mühelos das Gemurmel.
»Ich hätte da ein paar ausgesprochen süße Ideen zum Nachtisch«, warf Gerlich ein.
»Ich dachte nicht an die Art Nachtisch, die Ihr Euch vorstellt, Waffenmeister. Ihr seid so brutal wie die Brechstange, die Ihr bei Euch tragt. Das gefällt nicht allen Frauen.« Istril stand auf und ging zur Treppe, um ihren Kompositbogen zu holen.
Relyn, der neben Ayrlyn saß, beobachtete die schlanke Marineinfanteristin. Er schürzte die Lippen und
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