Sturz Der Engel
zugleich. »Du bist ein liebevoller Mann, der sich nicht erlaubt, seine Gefühle auszudrücken. Du hast Schuldgefühle und glaubst, du lässt dich gehen, wenn du nur über deine Gefühle nachdenkst. Deshalb handelst du lieber und hoffst, die Leute werden es verstehen.«
»Wahrscheinlich.«
Ayrlyn schnaubte und drückte seinen Arm.
»Was ist mit dir? Werden nicht nach dem letzten Herbst Bewaffnete unterwegs sein, die nach einer Händlerin mit flammend rotem Haar suchen?«
»Ich trage es jetzt kürzer und ich werde einen Hut aufsetzen. Wenn sie es bemerken – nun ja, es dauert eine Weile, in dieser Kultur Nachrichten zu übermitteln, und wir müssen eben versuchen, Fürst Silleks Männern aus dem Weg zu gehen.«
»Das gefällt mir nicht.«
»Was soll ich machen? Wir brauchen die Waren. Also lieber jetzt als gar nicht.«
Der Ingenieur nickte widerstrebend und richtete sich auf, als die Triangel zum Mittagessen rief.
»Gehst du zum Mittagessen? Gehst du in die gleiche Richtung wie ich?«, fragte Ayrlyn.
»Gibt es überhaupt einen anderen Weg?« Nylan schluckte. »Nein, darauf brauchst du nicht zu antworten.«
»Ich werde nicht antworten, aber ich werde nicht vergessen, dass du gefragt hast.« Sie lächelte sanft und Nylan erwiderte das Lächeln.
LXXXI
Z eldyan setzt sich auf der Bettkante zurecht und legt Nesslek an die Brust. Sie trägt ihren Hausmantel aus grüner Seide, der einen schönen Kontrast zu ihrem goldenen Haar bildet.
»Meistens ist er wirklich ganz lieb«, sagt sie, indem sie lächelnd das Kind betrachtet.
»Außer wenn er mitten in der Nacht zu schreien beginnt.« Sillek reibt sich die Augen und gähnt, dann geht er zum Fenster. Die Felder außerhalb von Lornth haben sich, so weit das Auge reicht, grün gefärbt. Es ist das helle Grün junger Pflanzen, unter dem noch ein leichter Braunton vom letzten Winter liegt. »Kann er nicht wenigstens eine Nacht mal bei einer Amme bleiben?«
»Wenn er älter ist, ja. Aber er ist ja noch nicht einmal eine Jahreszeit alt«, widerspricht Zeldyan. »Würdest du den Erben von Lornth irgendjemandem anvertrauen?« Sie lächelt ihn liebevoll an.
»Es könnte sein, dass ich die nächste Jahreszeit nicht überlebe«, meint Sillek lachend. »Es könnte sein, dass ich auf dem Feldzug mehr Schlaf bekomme als in meinem eigenen Bett.«
»Es freut mich, dass dir nur der Schlaf fehlt.«
Er dreht sich um, kehrt zum Bett zurück und gibt ihr einen Kuss auf die Wange. »Es ist nicht alles, was mir fehlt, aber ich will, dass du dich wohl fühlst.«
Zeldyan errötet leicht. Dann runzelt sie die Stirn. »Ich mache mir immer noch Sorgen, weil du so weit von Lornth entfernt sein wirst.«
»Was ich auch mache, es wird immer weit entfernt von Lornth sein. Ich habe zwei Feinde, die uns aussaugen wollen, und einen dritten, den meine eigenen Grundbesitzer mich so wenig vergessen lassen wie meine Mutter.«
»Hat sie noch etwas anderes getan, außer mit Lygon zu reden?«, fragt Zeldyan.
Sillek runzelt leicht die Stirn und dreht sich wieder zum Fenster um.
»Es tut mir Leid, ich wollte nicht …«
»Schon gut.« Sillek kratzt sich am schwarzen Bart und bleibt mit dem Rücken zu ihr stehen. »Fürst Megarth hat sich an mich gewandt, Fürst Fysor auch. Sie waren alte Freunde meines Vaters.« Er zuckt die Achseln und dreht sich um. »Was soll ich machen?«
»Es tut mir Leid«, sagt Zeldyan noch einmal.
»Mir auch.«
»Es kommt mir alles so dumm vor.« Zeldyan hebt die freie Hand, um seinem Einwand zuvorzukommen. »Ich weiß, ich weiß. Du hast es erklärt, deine Mutter hat es erklärt und mein Vater hat es erklärt, als er Relyn enterbt hat, aber dumm ist es immer noch.«
»Hat man noch einmal etwas von Relyn gehört?«
»Nein. Vater glaubt, die Engelsfrauen halten ihn gefangen. Haben deine Magier ihn gesehen?«
»Nein. Aber das hat nicht viel zu bedeuten. In den Schwarzen Turm können sie nicht hineinsehen und im Winter konnte man die Menschen mit ihren dicken Mänteln und Tüchern sowieso nicht voneinander unterscheiden.« Sillek setzt sich neben dem Bett auf den Stuhl und gähnt. Er streichelt ihre Wange.
Nesslek gurgelt, niest leise und trinkt weiter.
»Du hast nichts Besseres zu tun, als zu essen, zu schlafen und deiner Mutter nahe zu sein«, sagt Sillek zu seinem Sohn. »Und mich wach zu halten.« Er steht auf.
Zeldyan nimmt seine Hand. Er erwidert den Druck, dann lösen sich ihre Finger voneinander.
LXXXII
R ienadre deutete auf die Formen für
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