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Sturz Der Engel

Titel: Sturz Der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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mich Nesslek nehmen. Du hast noch keinen Bissen gegessen und ich habe die ganze Zeit nur geredet.«
    »Vorsicht«, sagt Zeldyan lachend. »Du solltest niemanden sehen lassen, dass du dich als Kindermädchen verdingst.«
    »Als ob ich nicht schon genug Sorgen hätte.« Sillek hebt Nesslek hoch. »Dabei bin ich längst schon ein Kindermädchen für all die Grundbesitzer, die Angst haben, sie könnten ihre Frauen nicht mehr verprügeln, wenn die Engel dort oben in den Bergen sitzen bleiben.«
    »Ich hätte nie gedacht, dass du einmal so etwas zu mir sagen würdest.«
    »Ich habe viel von dir gelernt.« Sillek klopft seinem Sohn auf den Rücken und lächelt Zeldyan an.

 
CXII
     
    A ls Nylan erwachte, lag er auf seiner Liege. Das Licht, das durch die Fenster ins Zimmer fiel, brannte, obgleich nur trüb, in seinen Augen. Er drehte mit zusammengekniffenen Augen den Kopf etwas zur Seite und hatte das Gefühl, ihm würde ein Schmiedehammer vor den Kopf geschlagen. Weiß und Schwarz überschwemmten ihn für eine Weile. Er lag reglos und mit geschlossenen Lidern da, bis die Hämmer und die Messerstiche nicht mehr ganz so schmerzhaft waren.
    Langsam, ohne den Kopf zu bewegen, öffnete er die Augen wieder.
    Das leise Knacken der Wiege klang in seinem Kopf wie eine rumpelnde Mühle, Dyliess’ Atem kam ihm vor, als peitschte ein scharfer Wind durch den Turm.
    Ryba saß im Schaukelstuhl. Ein Arm ruhte in einer Schlinge, mit dem anderen bewegte sie die Wiege. Die linke Gesichtshälfte war verkratzt und dunkelblau angelaufen, über die Wange liefen schmale rote Linien.
    »Du …«, keuchte Nylan. Die Augen brannten immer noch.
    »Ich weiß«, sagte sie. »Du siehst fast genau so schlimm aus. Sie mussten deine Finger mit Gewalt aus der Mähne deiner armen Stute reißen.«
    Nylan versuchte, die Finger zu bewegen. Sie waren steif und wund. Schon diese winzige Bewegung ließ das Pochen im Kopf wieder anschwellen.
    »Du siehst ziemlich mitgenommen aus«, sagte er nach einer Weile.
    »So schlimm ist es nicht. Der Arm war nur ausgerenkt, aber es hat höllisch wehgetan. Istril entwickelt sich zur Heilerin, das muss mit dem silbernen Haar zusammenhängen. Es war gut, dass Istril noch da war, denn was du mit dem Magier getan hast, ist auf dich und Ayrlyn zurückgeschlagen. Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, lag sie flach wie du.«
    »Nein …« Nylan wollte sich die Lippen lecken. »Ich bin … ich bin zum Magier durchgedrungen. Es war das Töten selbst. Das Töten setzt mir so zu, mir und allen Heilern.«
    »Das Töten ist noch das Einfachste«, erwiderte Ryba, als hätte sie seine Worte überhaupt nicht gehört. »Das Schwierige ist es, die Wächterinnen auszubilden und dazu zu bringen, das zu tun, was sie tun sollen. Diese Frauen haben einfach Angst, die Klinge gegen einen Mann zu erheben. Das muss sich ändern.« Sie hustete und zuckte dabei zusammen.
    »Sind auch ein paar Rippen angeschlagen?«
    »Ja. Und du bewegst dich auch kaum, wie ich sehe.«
    »Wenn ich mich bewege, fällt mein Kopf runter«, erklärte Nylan.
    »Denize ist vor Angst erstarrt und saß einfach nur auf ihrem Pferd herum«, fuhr Ryba weiter. »Sie haben sie zerhackt, weil ich nicht rechtzeitig zur Stelle war. Desain, Miergin und die arme Nistayna, sie haben sich wirklich bemüht, aber es hat nicht gereicht. Außerdem hat der Magier Jaseen und Berlis erwischt.« Ryba schauderte und hörte auf, die Wiege zu schaukeln. »Das Töten ist so leicht. Zu leicht für Männer.«
    Nylan schloss die Augen. Er hatte keine Lust, ihr zu widersprechen. Vielleicht war das Töten wirklich leicht, aber das Töten zu fühlen war es nicht. Doch was hätten sie sonst tun sollen? Er spürte, wie er wieder in der Schwärze versank, und überließ sich dem Gefühl.

 
CXIII
     
    D er warme Wind, der durchs offene Fenster strich, wirbelte den Staub vom Boden des großen Saales auf. Ganz egal, wie oft sie die Steine wischten oder fegten, dort schien immer Staub zu liegen.
    Nylan stützte die Ellenbogen auf den Tisch und schloss die Augen. Nach einer Weile öffnete er sie wieder und trank einen Schluck kaltes Wasser. Er fühlte sich immer noch, als wäre er in einen Erdrutsch von Felsblöcken und Ziegelsteinen geraten.
    Ryba, Dyliess und Ayrlyn und die meisten Kinder ruhten gerade, aber er konnte sich keine Pause gönnen. Er trank noch einen Schluck Wasser und schaute durch ein schmales Fenster zum blaugrünen Himmel und den vereinzelten Wolken am spätsommerlichen Himmel hinaus. Dann

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