Sturz Der Engel

… wenn …« Nylan holte tief Luft. »Zu viele ›Wenn‹ für meinen Geschmack.«
    »Allerdings.« Sie drückte noch einmal seine Hand und er erwiderte den Druck.
    Eine Weile lagen sie schweigend beisammen.
    »Die Schwerter, die wir den Einheimischen abgenommen haben, sind nicht viel besser als Brechstangen«, sagte Ryba schließlich.
    »Ja, ich weiß. Warum bereitet dir das Sorgen?«
    »Du kannst nicht vielleicht neue Patronen für die Pistolen schmieden? Oder Sprengstoff herstellen?«
    »Ich könnte Schwarzpulver machen, wenn ich die Zutaten finde, aber das würde die Pistolen binnen einer Jahreszeit zerstören, denke ich. Es gibt zu viele Rückstände dabei. Das würde sogar noch gelten, wenn ich die Patronen aus Kupfer schneiden könnte, von dem ich nicht einmal weiß, ob es hier vorkommt.«
    »Aber es sollte doch möglich sein, bessere Klingen zu machen …«, grübelte die Kapitänin. »Irgendwie …«
    Wieder senkte sich Schweigen über die Liege und schließlich, als der Geruch vom Rauch des Feuers der kühlen, klaren Nachtluft wich, schliefen sie ein. Die immergrünen Pflanzen dufteten und es roch ein wenig nach Regen.

 
XII
     
    N ylan wischte sich die Stirn ab und gab die improvisierte Schaufel an Huldran weiter. »Leg den Felsgrund hier frei. Der Bauplatz muss bis dort unten zu den Pfählen frei von Geröll sein. Und sorge dafür, dass der Dreck außerhalb der Markierungen landet, sonst müssen wir noch einmal von vorn anfangen.«
    »Ja, Ser«, antwortete die kräftige blonde Frau.
    Nylan maß mit der selbstgebauten Wasserwaage die Neigung nach. Der Felsvorsprung, auf dem sie den Turm errichten wollten, war zu stark geneigt, so dass sie zuerst den Fels freilegen und ein waagerechtes Fundament errichten mussten. Mit einer Bürste, die er aus Kiefernzweigen gemacht hatte, fegte er Staub und Schmutz vom Fels, durch den sich ein Spalt bis hinunter zum Ende des bereits freigeräumten Bereichs zog. Er bückte sich und maß die Breite mit der Hand.
    Westlich des Fundaments, auf einem ebenen Stück Fels, wechselten sich zwei Marineinfanteristinnen damit ab, rötliche Felsblöcke mit Steinäxten zu zertrümmern. Neben ihnen arbeitete Saryn mit einem kleinen Hammer, um die Bruchstücke zu Pulver zu zermahlen. Das Pulver wurde anschließend in einen der wenigen Plastikeimer gefegt.
    »Der verdammte Staub!« Die ehemalige Zweite Pilotin musste niesen. Sie rutschte etwas herum und brachte das immer noch geschiente Bein in eine andere Position.
    Wieder musste sie niesen, aber sie hielt nicht inne, die roten Steine zu Pulver zu zermahlen.
    Abgesehen vom Hämmern war noch eine andere, leichte Erschütterung im Erdboden zu spüren. Der Ingenieur sah sich um. Ryba kam zu ihm geritten und sah sich aufmerksam auf der Baustelle um.
    »Wühlst du immer noch Löcher in die Landschaft?«
    Nylan sah die Kapitänin unwirsch an, atmete aber seufzend aus, als er das Funkeln in ihren Augen sah. »Ja, wir graben immer noch Löcher.« Er deutete hinüber, schluckte und fuhr mit der Erklärung fort, obwohl er sich etwas dumm dabei vorkam. »Wenn ich das Fundament und das unterste Stockwerk richtig anlege, dann wird der Rest sehr einfach. Wenn nicht …«
    »Ich bin froh, dass du es ernst nimmst.« Sie wischte sich die Stirn ab. »Wir brauchen den Turm, außerdem einen Stall oder eine Scheune.«
    »Ich weiß aber nicht, wie lange es der Laser noch macht …«
    »Verwende ihn, so lange es geht, danach müssen wir uns eben etwas anderes überlegen.« Rybas Stimme klang nicht sonderlich besorgt.
    »Gibt es Neuigkeiten von den Einheimischen?«
    »Istril glaubt, sie hätte purpurn gekleidete Menschen auf einem entfernten Höhenzug gesehen, aber wer es auch war, ist wieder verschwunden. Unterhalb des Höhenzuges verläuft eine Straße oder besser eine Art Fahrweg. Ich würde sagen, dass der Weg zu einem der höheren Pässe führt.« Ryba drehte sich im Sattel um, betrachtete die Felder und die Hänge in der Umgebung und wandte sich wieder an Nylan. »Gerlich meint, es gäbe in den Hochwäldern keine Spuren von einheimischen Jägern. Großwild gibt es allerdings auch nicht. Die Katze scheint am Ende der Nahrungskette zu stehen. Es gibt ein paar Ziegen, wahrscheinlich verwilderte Haustiere und ihre Nachkommen, gehörnte Schafe und viele kleinere Tiere, alles Säuger. Die Ziegen und die gehörnten Schafe rennen weg, sobald sie einen Menschen sehen. Es gibt Spuren, die von Hirschen stammen könnten, aber bisher hat noch niemand einen