Sturz Der Engel
haben, wurde er angegriffen und hat seine Feuerkugeln eingesetzt. Nachdem Vater und beinahe vierzig Soldaten gefallen waren, zog er sich zurück. Wenn er die Kämpfer nicht angeführt hätte, wüssten wir immer noch nicht, was geschehen ist. Ich müsste dann auf Tereks Arbeit mit dem Spähglas bauen und das gefällt mir erst recht nicht. Er ist sogar noch verschlagener als Hissl.«
»Alle Magier sind verschlagen. Das hat dein Vater auch immer gesagt, Sillek«, antwortet Fürstin Ellindyja ihrem Sohn.
»Er hatte Recht, aber bisweilen sind sie durchaus nützlich.«
»Was wirst du nun mit Hissl tun?«
»Nichts.«
»Nichts? Nachdem er deinen Vater in den Tod geführt hat? Nichts?« Ellindyjas Stimme wird etwas lauter und eine Spur schärfer.
»Was würde es nützen, ihn zu töten? Wir haben drei Trupps Soldaten verloren und es sieht aus, als hätten wir jetzt einen Feind im Rücken, direkt auf dem Dach der Welt, der wahrscheinlich fähig ist, die Handelsstraße nach Gallos zu unterbrechen. Fürst Ildyrom und seine Vettel bauen weniger als einen halben Tagesmarsch von Clynya entfernt eine Grenzbefestigung und die suthyanischen Händler reden davon, dass die Zölle auf die Handelswaren bald erhöht werden könnten. Früher oder später werden wir kämpfen müssen, um ihnen Rulyarth zu entreißen, weil wir ihnen sonst auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind.« Sillek hält inne. »Und vor diesem Hintergrund soll ich einen Magier töten und die Weiße Gilde gegen mich aufbringen? Ich soll mir neue Feinde machen, während wir jetzt schon zu viele haben?«
»Du bist der neue Herr von Lornth, Sillek. Du musst tun, was du für richtig hältst … genau wie es dein Vater tat.«
»Was könnten wir gewinnen, wenn ich Hissl hinrichten lasse?«
Seine Mutter zuckt die breiten Schultern. »Wie du soeben selbst gesagt hast, kommt überhaupt nichts dabei heraus. Ich weiß nur, dass es immer Schwierigkeiten gibt, sobald Weiße Magier im Spiel sind.«
»Ich werde es nicht vergessen.« Sillek steht auf und geht zur eisenbeschlagenen Eichentür. »Die Magier und die anderen sollen sich im Saal versammeln«, befiehlt er einem Diener.
»Ja, Ser.«
Sillek hält seiner Mutter die Tür auf und wartet, bis auch sie sich erhoben hat. Dann gehen sie den schmalen Gang zum Empfangssaal hinunter, wo er aufs Podium steigt und sich vor dem geschnitzten Lehnstuhl aufbaut, der auf einem etwa zwei Spannen dicken Block aus massivem Stein steht. Fürstin Ellindyja setzt sich auf einen gepolsterten Hocker links hinter Silleks Thron.
Sieben Männer betreten den Raum. Fünf Soldaten wechseln nervöse Blicke und starren zwei weiß gekleidete Magier an. Niemand sieht zu Fürst Sillek oder seiner Mutter. Nur Hissl erwidert Silleks Blick, während Terek sich leicht vor der Fürstin verneigt, ehe er sich an Sillek wendet.
»Wer dient am längsten in den Streitkräften von Lornth?« Silleks Blick wandert über die Soldaten.
»Ich glaube, das wäre wohl ich, Ser. Ich bin Jegel.« Jegel hat grau meliertes Haar und einen kurzen, zottigen Bart von der gleichen Farbe. Seine Schwertscheide ist wie die der anderen Soldaten leer. Der linke Ärmel seines Hemds ist abgeschnitten, der Oberarm mit sauberen Tüchern verbunden.
»Von den drei Zügen, die mit Fürst Nessil ausgeritten sind, seid ihr die Einzigen, die überlebt haben?«
»Ich bitte um Verzeihung, Ser, aber das trifft nicht ganz zu. Es waren vielleicht ein Dutzend, die die Handelsstraße nach Gallos herunter geritten sind. Welbet hat sie angeführt. Er sagte, ihr würdet niemanden am Leben lassen, der zurückkehrt, nachdem Euer Vater gefallen ist …«
»So hätte es auch geschehen müssen …«
Sillek ignoriert die geflüsterte Bemerkung seiner Mutter. Die Soldaten treten nervös von einem Bein aufs andere.
»Und warum bist du zurückgekommen?«, fragt der junge Fürst schließlich.
»Meine Gefährtin hat gerade unseren Sohn zur Welt gebracht und ich habe gehofft …« Jegel zuckt mit den Achseln.
»Hast du meinen Vater in der Schlacht im Stich gelassen?«
»Nein, Ser.« Jegels braune Augen erwidern jetzt Silleks Blick. »Ich habe gemeinsam mit ihm angegriffen.« Er deutet auf seinen bandagierten Arm. »Ein Donnerwerfer der Engel hat mich verwundet, aber ich bin dennoch bei Eurem Vater geblieben, bis ich ihm nicht mehr folgen konnte. Dann habe ich Staubflocke zurückgelenkt.«
»Staubflocke?«
»Mein Pferd. Unten am großen Höhenzug bin ich dann auf den Magier und die anderen gestoßen. Die
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