Sturz Der Engel
da ein Unwetter aufzog, wurde die Luft schwül und drückend. »Ein halbes Silberstück für Eure Auslagen können wir für jeweils zwei Fässer drauflegen«, fügte er hinzu. »Das wäre …« Er suchte einen Augenblick nach dem Wort. »Das wäre nur gerecht.«
»Gerecht? Das wäre mein Ruin«, klagte Skiodra. »Ihr Magier glaubt immer, jeder Mensch müsste wie Ihr in der Lage sein, etwas aus dem Nichts zu erschaffen. Pah! Selbst wenn Ihr zwei Silberstücke für das Fass zahlen würdet, würde es mich noch zum armen Mann machen.«
Narliat warf einen raschen Blick zu Nylan.
»Eine Armut, die es Euch immer noch erlauben würde, Euch ein paar schöne Pelze zu kaufen. Sogar eine Handvoll …« Er sah sich hilfesuchend zu Narliat um.
»Kupferstücke?«
»Kupferstücke. Selbst ein Gewinn von zwei Kupferstücken pro Fass würde euch zum reichsten Händler weit und breit machen.«
»Ich weiß wohl, dass Ihr ein Magier seid. Ja, Ihr mögt ein Magier sein, aber Euer Vater war ein Wucherer. Ihr wollt, dass meine Männer Heu fressen wie die Pferde und meine Pferde Unkraut. Also gut, dann sagen wir, der Gerechtigkeit halber sollen es anderthalb Silberstücke für das Fass sein, aber dann muss ich immer noch die Kleidung versetzen, die ich am Leibe trage.«
Sie einigten sich schließlich auf neun Kupferstücke für das Fass.
»Was habt Ihr nun anzubieten?«, fragte Skiodra, als ein Junge, der als Schreiber diente, die Zahl auf ein Stück Schiefer schrieb und Nylan anbot. Die Ziffer sah wie eine Neun aus, aber Nylan sah sich vorsichtshalber zu Ayrlyn und Narliat um, die nickten.
»Versucht es mit dem kleinen Schwert«, schlug der Bewaffnete vor.
Nylan zeigte dem Händler das Schwert.
»Ein schönes Spielzeug für einen Jungen, aber sicher nicht viel wert«, schnaubte Skiodra.
»Fürst Nessil hat ein Goldstück dafür bezahlt«, versicherte Nylan ihm.
»Ein Goldstück, das mag sein, aber er war ein reicher Fürst, der betrogen wurde oder mit der Tochter des Schmieds geschlafen hat …«
Der Nachmittag würde noch viel länger werden, als er befürchtet hatte. Nylan verkniff sich ein entnervtes Seufzen. »Fürsten müssen nicht handeln, edler Skiodra. Wenn sie glauben, dass man sie betrogen hat, dann töten sie den Betrüger. Diese Klinge hier ist wahrscheinlich sogar zwei Goldstücke wert, aber er hat nur eines bezahlt und die Waffe ist kaum benutzt.«
»Wahrlich, Euer Vater und Euer Großvater müssen Wucherer gewesen sein, Magier. Wie hat nur Eure arme Mutter überleben können? Aus reinem Mitgefühl und weil ich Eure Verwegenheit zu schätzen weiß, biete ich Euch fünf Kupferstücke für diese jämmerliche Waffe …«
Die Sonne, deren Stand hinter den schweren Wolken anfangs noch zu erkennen gewesen war, berührte schon beinahe die Gipfel im Westen, als Skiodra die Überreste seiner Waren auf die Wagen lud und Abschied nahm. Nicht lächelnd, aber auch nicht mit finsterer Miene zog er davon, nachdem er versprochen hatte, noch vor der Ernte wiederzukommen.
»Was haben wir nun erreicht?« Fierral besah sich, was sie eingetauscht hatten, die Hand immer noch auf den Knauf ihrer Feuerwaffe gelegt.
Die Stapel, Ballen und Fässer boten einen seltsamen Anblick. Abgesehen von fast dreißig Fässern Maismehl und anderem Mehl, getrockneten Früchten und einem mit Wachs geschützten Laib gelbem Käse hatten sie Ballen mit Wollstoff, zwei große Küchenmesser, zwei große Wasserkessel und drei unterschiedlich große Kochkessel, eine Axt und zwei Sätze Eisenscharniere erworben, die stark genug für eine Scheunentür waren. Schrauben oder Nägel gab es allerdings nicht.
Nylan streckte die Hand aus, als er die ersten Regentropfen im Gesicht spürte. Er lauschte dem fernen Donnergrollen und runzelte die Stirn. Die Wolken schienen eine Energie zu bergen, die dem Neuronetz der Winterspeer sehr ähnlich war.
Ayrlyn sah zwischen Nylan und den Wolken hin und her. »Ich weiß.«
Ryba wandte sich stirnrunzelnd an Narliat. »Glaubst du, sie kommen zurück?«
»Vielleicht ja, vielleicht nein. Es spielt keine Rolle.«
»Es spielt keine Rolle?« Ayrlyn sah ihn mit braunen Augen fragend an.
»Nachdem er hier war, werden auch andere kommen.«
Nylan hoffte es. Sie brauchten mehr Vorräte, erheblich mehr Vorräte, wenn der Winter so werden würde, wie er es erwartete. Und sie brauchten etwas wie Hühner. Er war der Ansicht, dass Hühner den Winter überstehen konnten, wenn sie an einem windgeschützten Ort gehalten wurden, wo die
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