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Sturz der Marionetten: SF-Thriller

Titel: Sturz der Marionetten: SF-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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dass mir in den Augen brannte und meine Zunge verätzte. Ich hustete Blut, aber es war nicht mein eigenes, und sah ein weiteres Peitschenpaar, größer als die des Jungen, das sich wie die Klinge eines Fleischmessers zwischen uns hin und her bewegte. Die Peitschen hatten den Jungen mitten im Rücken durchbohrt und rissen ihn auseinander wie einen Beutel Blut. Die menschlichen Knochen und die unmenschlichen Einbauten, die ihm seine Gestalt verliehen hatten, barsten auseinander und flogen in verschiedene Richtungen davon.
    Ein Teil dessen, was auf mir gelandet war, musste zu den Materialien gehören, mit denen er geboren worden war. Ein anderer Teil musste zu den Modifikationen gehören, die seine Eltern auf Geheiß des Eis vorgenommen hatten. Sie fühlten sich an wie die Gerätschaften, die sie tatsächlich darstellten, waren jedoch nicht weniger beängstigend als Schrapnelle. Das Letzte, was ich sah, war sein Kopf, nach wie vor nur ein schwarzes, grün umrandetes Oval, der eine Armeslänge über meinem eigenen erzitterte. Ich kniff die Augen zu, wollte nicht sehen, was als Nächstes geschah, und ersparte mir so den Anblick, aber nichts konnte mich vor den Geräuschen schützen, als sein Kopf ebenfalls auseinandergerissen wurde.
    Sein Griff um meinen Hals und meinen Körper löste sich, was mir Gelegenheit gab, verzweifelt nach Luft zu schnappen, ehe die Peitschen, die den Jungen zerrissen hatten, sich mir zuwandten. Mein Hals ruckte zur Seite, wäre beinahe gebrochen, als ich mit einer Gewalt in die Luft gezerrt wurde, die den Empfindlichkeiten des menschlichen Körpers beinahe genauso wenig Rücksicht zuteilwerden ließ wie die, die ich erlebt hatte, als ich vor Tagen aus den Ruinen des Labors gezerrt worden war. Wieder war ich überzeugt, ich hätte nur noch ein paar Herzschläge zu leben, und wieder war da ein Teil von mir, der beinahe erleichtert war. Aber dann wickelte sich eine andere Peitsche um mich und stützte meine Kehrseite, der Druck auf meinen Brustkorb ließ nach, und ich konnte mich endlich auf das konzentrieren, was um mich herum geschah.
    Aber das war keine große Hilfe. Die Dunkelheit, das trübe, flackernde Licht und das Chaos inmitten von Tausenden von Vlhani, die sich gegenseitig in Stücke rissen, überforderten mein Begriffsvermögen. Auch die Perspektive schien verzerrt: Die geraden Linien des Gitters waren nun krumm, das Gitter selbst aufgerissen und teilweise schlicht zusammengebrochen. Zuckende Vlhani oder Vlhani-Teile lagen auf den Überresten und krümmten sich in einer Weise, die mir in den Augen wehtat. Überall um mich herum gingen Hunderte von ihnen aufeinander los, hackten sich gegenseitig mit kraftvollen Schwingern ihrer Glieder in Stücke. Splitter, die einst Bestandteil lebendiger Kreaturen waren, flogen in Massen in alle möglichen Richtungen und machten es noch schwerer, den Irrsinn zu erfassen.
    Der Vlhani, der mich gepackt hatte, stakste über die Reste des Gitters. Jeder seiner Dreißig-Meter-Schritte war eine Herausforderung, galt es doch, die vielen Gefahren des offenen Schlagabtauschs in der unterirdischen Kammer zu umgehen. Überall um uns herum waren Hunderttausende seiner Art damit beschäftigt, einander zu töten oder selbst zu sterben; ich sah sogar einen, der mitten im Chaos stand und aussah, als wüsste er nicht, was er tun sollte, bis er plötzlich anfing, an sich selbst herumzuzerren, und sich zwei Peitschen ausriss, ehe ein Vlhani in seiner Nähe die Arbeit zu Ende brachte, die abzuschließen er sich selbst schon zu sehr kaputtgemacht hatte. Eine Phalanx anderer Vlhani, die um uns herum Position bezogen hatte, wehrte all die ab, die versuchten, an mich heranzukommen, wurde bald selbst in Stücke gehauen und von anderen Verbündeten ersetzt, die ebenso rasch untergingen.
    Die Schreie waren mehr als ohrenbetäubend, das unstete Licht und die flüssigen Peitschenbewegungen zu verwirrend, um dem Geschehen folgen zu können. Mir blieb keine Zeit, mir Gedanken über die Bedeutung all dessen zu machen, aber ich erinnerte mich, dass ich nicht die Einzige war, die hier in Gefahr schwebte, und so brüllte ich: »Tara! Ch'tpok!«
    Ein Vlhani-Kopf, der ganz in meiner Nähe hing, lieferte mir ein konvexes Spiegelbild meines eigenen Gesichts in Grün. Der einzig erkennbare Teil waren meine Augen, die halb wahnsinnig aussahen. Alles darunter ging in einem derben Schimmern unter. Dann, offenbar von etwas getroffen, das ich nicht hatte sehen können, explodierte der Kopf. Die

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