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Sturz der Marionetten: SF-Thriller

Titel: Sturz der Marionetten: SF-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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würde.
    Aber die zitternde Pakh Valinia schaute hin, schaute vorbei an ihrer eigenen Furcht und an mir, stieß hustend eine Staubwolke hervor, ehe sie sich auf was immer über uns lauerte konzentrieren konnte.
    Ich sah, wie ihre Augen einer Bewegung folgten, und erkannte die Wiedergeburt der Hoffnung.
    »C-counselor?«, würgte sie hervor.
    »Was?«
    »Sie ... sie tanzen.«

KAPITEL ZWANZIG
DER PREIS
 
    »Was zum Teufel ist passiert?«
    Das war die einzig wahre Frage, die überall auf Vlhan und über Vlhan hinaus an allen Orten gestellt wurde, an denen der Toten gedacht wurde. Sie wurde in tausend Sprachen gestellt und von jeder bekannten intelligenten Spezies. Und als in den folgenden Wochen immer mehr Puzzleteile auftauchten, konnte niemand übersehen, dass die Teile nicht zusammenpassten.
    Es sollte einige Zeit vergehen, ehe irgendjemand in entscheidender Position die Frage aufbringen würde, warum all die überlebenden Vlhani um Nurejew an jenem Tag kehrtgemacht hatten und davonmarschiert waren, ganz zu schweigen davon, warum alle Vlhani ihre Feindseligkeiten weitgehend gleichzeitig eingestellt hatten.
    Für die meisten menschlichen Beobachter, die das Kampfgeschehen aus einer Perspektive menschlich-militärischer Logik betrachteten, lag die Antwort auf der Hand. Warum hätten die Vlhani nicht fliehen sollen? In ihren Reihen war eine offene Revolution ausgebrochen; das ganze Gebiet wurde zu Brei zerbombt; sie waren übermannt worden, unterlegen, und sie hatten genug Verstand - sogar in den Nachwehen eines weltumspannenden Wahns -, zu wissen, dass sie verloren hatten. Nach menschlicher Vorstellung war ein Rückzug die einzig sinnvolle Vorgehensweise.
    Nur wenige aufmerksame Seelen wiesen auf den bedeutenden Makel in dieser Theorie hin, der besagte, dass Krieg nicht immer einen Sinn haben musste. Vlhani, wie Menschen, waren stets bereit gewesen, in großer Zahl für ein größeres Gut zu sterben, manchmal auch für einen größeren Wahn.
    Irgendwann erinnerte sich jemand daran, dass die Vlhani mehr als nur riesige Monster waren, dass sie intelligente Wesen waren, zu denen wir diplomatische Beziehungen aufgenommen hatten. Vielleicht konnten wir sie fragen. Oder, noch besser, da niemand es sonderlich eilig damit hatte, vielleicht mussten wir uns nur einmal den aus dem Stegreif aufgeführten Tanz genauer ansehen, den die Horde auf dem Rückweg in die Wüste dargeboten hatte. Immerhin hatten die Überwachungskameras der Bomberflotte das Geschehen aus jedem denkbaren Winkel aufgezeichnet. Was, wenn jemand die Holos studieren würde? Das bringt uns nirgends hin, hieß es. Und wir taten es nicht. Aber vielleicht hätten wir dann herausfinden können, was den Wahnsinn ausgelöst und was ihn beendet hatte.
    Wie das Leben spielt, war die Person, die diesen Geistesblitz hervorbrachte, Virond Hammersmith; und nachdem er das Übersetzungsprogramm eingesetzt hatte, fand er heraus, dass all diese tanzenden Vlhani, all die Vlhani, die sich überall auf der Welt zurückzogen, das Gleiche sagten.
    Andrea Cort. Freund. Jagdpartner. Peitsche.
 
    »Was zum Teufel ist passiert?«
    Die erste Person, die mir diese Frage in exakt diesen Worten stellte, war Oscin Porrinyard, kalkweiß trotz des Mosaiks aus blauen Flecken, das sein Gesicht in eine Höhenlinienkarte verwandelte. Ich antwortete nicht, weil ich noch nicht in der Lage war, irgendeine Frage zu beantworten. Nun, da die unmittelbare Gefahr vorüber war, hatten der Stress und das Entsetzen der letzten paar Tage endlich Gelegenheit, mich einzuholen. Alles stürzte zugleich auf mich ein, und ich brach einfach in seinen Armen zusammen und fühlte in der besonderen Art, mit der er mich in die Arme schloss, nicht nur seine, sondern auch Skyes Präsenz. Das Echo ihrer weichen Wangen war deutlich in seinen stoppeligen spürbar.
    Ich weiß nicht mehr, was ich in den nächsten Minuten alles zu ihm sagte. Ich weiß, dass es halb hysterisch war und zwischen Liebesbeteuerungen und verzweifelten Bitten, sie mögen mir vergeben, was ich getan hatte, hin und her schwankte.
    »Juje«, flüsterte er. »Was hast du getan?«
    Ich sagte ihm nur, es täte mir leid, und weinte.
    Wenn ich zusammenbreche, dann bleibt nichts mehr heil.
    Über uns hörten die Vlhani auf zu tanzen und stolzierten zurück in die Wälder um uns herum. Am Himmel zeigte sich die erste Glut der aufziehenden Dämmerung. Ch'tpok schluchzte, wir hätten sie sterben lassen sollen. Aber ich konnte von all dem nichts verarbeiten.

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