Sturz der Marionetten: SF-Thriller
dem Schlick gab eine Chitinscherbe, die auf einer anderen Chitinscherbe geruht hatte, unter ihrem Gewicht nach, und sie rutschte voran und erduldete stechende Schmerzen zu beiden Seiten ihrer rechten Wade.
Skye hatte es geschafft, auf die ungünstigste Stelle zu treten, die man sich nur vorstellen kann: ein Schelf, gebildet aus der geborstenen Hemisphäre des Exoskeletts, die aus dem Kopf eines unglückseligen Vlhani herausgebrochen war. Das bereits mehrfach angebrochene Bruchstück, das bei der nächsten Belastung in Einzelteile zerfallen musste, war unter ihr zusammengebrochen, und die rasiermesserscharfen Kanten zu beiden Seiten schlitzten ihr die Haut auf. Jeder Versuch, sich zu befreien, hätte die Scherben nur noch tiefer in ihr Fleisch getrieben, ihr die Haut abgezogen und die Muskeln aufgetrennt, sodass sie verblutet oder ihre Knochen freigelegt worden wären, ehe sie sich der Klammer um ihr Bein hätte entledigen können.
Die meisten Leute wären in Ohnmacht gefallen oder in Panik geraten. Manche hätten einfach an ihrem eingeklemmten Bein gerissen, bis die scharfen Kanten es abgetrennt oder eine Arterie geöffnet hätten. Ich selbst hätte Zeter und Mordio geschrien. Nichts von all dem wäre nutzbringend gewesen. Die Porrinyards hatten eine andere Art, mit Problemen umzugehen. Noch während der Schmerz durch Skyes Körper strömte, produzierte Oscins das Endorphin, das den Schmerz zwar nicht ausschaltete, ihn aber dämpfte und so Konzentrationsvermögen und Verstand schützte und den tödlichen Komplikationen eines schweren Schocks entgegenwirkte. Natürlich hatte er mir keinen Hinweis darauf geliefert, was los war. Nicht einmal sein Gesichtsausdruck hatte sich verändert, während Verrr'kath und die anderen mich zu meiner Mission auf Vlhan befragt hatten. Skye war imstande, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen und zu tun, was die Instinkte jedem normalen Menschen versagt hätten: Sie verlagerte mehr Gewicht auf das Bein, schob es fort von den scharfen Kanten und schuf sich den Raum, den sie brauchte, um sich unter Zuhilfenahme ihrer Hände zu befreien.
Aber sie war ernsthaft verletzt. Auf beiden Seiten ihres Beins klaffte eine tiefe, unregelmäßige Wunde, aus der Blut hervorsickerte, und als sie das Hosenbein ihrer Leggings hochrollte, war ihre Haut schwarz von dem Schlamm und den Körpersäften der Vlhani. Nur Juje wusste, mit welchen Krankheitserregern diese Mixtur ihre Körperchemie infizieren mochte.
Die Wunden mussten so bald wie möglich gesäubert und desinfiziert werden. Aber noch bestand keine unmittelbare Gefahr. Und würde sie um Hilfe rufen oder Oscin bitten, es an ihrer Stelle zu tun, so wäre es nur eine Frage der Zeit, bis sie sich in demselben politischen Morast wiederfände, der mich gerade eine halbe Welt entfernt in die Tiefe zog.
Besser, so entschieden die Porrinyards, Skye ertrüge ihre Wunden noch eine Weile unbehandelt und bliebe folglich in Freiheit. Man würde sie nicht hier draußen vergessen. Und in der Zwischenzeit hätte sie ja auch eine Aufgabe zu bewältigen.
Sie konzentrierte sich darauf, den Schmerz zu bezwingen, erklärte ihn zu einem Hintergrundrauschen und bahnte sich einen Weg zu einer Stelle, an der das Blut weit genug getrocknet war, um nur noch schlammig zu sein und nicht mehr flüssig. Sie erkannte, dass die überlebenden Vlhani, die ihr am nächsten waren, auf ihre missliche Lage aufmerksam geworden waren und sich im Kreis um sie herum versammelten, sie in einen Käfig einschlossen, dessen Gitterstäbe aus den Peitschen bestanden, deren Enden sie in den blutgetränkten Boden gebohrt hatten.
Die meisten menschlichen Wesen, die durchgestanden hatten, was die Porrinyards in der letzten Nacht durchlebt hatten, hätten angenommen, dass sie sie töten wollten.
Sie sprach einfach offen zu ihnen. »Ich bin verletzt. Helft mir.«
Als die nach oben gerichteten Peitschen für sie tanzten, lieferte ihr das Geschirr eine weitere, wenig hilfreiche Übersetzung. »Schmerz ... Gefahr ... Ei ... Mensch ... Mensch ... Tanz ... Mensch ...«
»Ja«, sagte sie und hoffte, dass das Peitschengeschirr ihre Gedanken ordnungsgemäß übermitteln konnte. »Ich bin ein Mensch, und ich habe Schmerzen. Ich verstehe nicht, was ihr mit den Eiern meint. Könnt ihr mir helfen?«
»Hilfe ... Schmerz ... Ei ... Schmerz ... Ballett ... Ei ... Schmerz ... Viel ... Mord ...«
Das war gefährlich nahe daran, einen Sinn zu ergeben.
Sie versuchte es noch einmal. »Ich suche die Tanzpilger.
Weitere Kostenlose Bücher