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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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abzusehen.«
    »Und was ist mit Serbien?«
    »Selbst in diesem Stadium ist es für Russland und Österreich noch nicht zu spät, sich an einen Tisch zu setzen und für den Balkan eine Lösung auszuarbeiten, mit der beide leben können.«
    Schweigen breitete sich aus; dann sagte Fitz: »Ich bezweifle, dass so etwas geschehen wird.«
    »Aber wir müssen die Hoffnung am Leben erhalten!«, sagte Maud und hörte die Verzweiflung in ihrer Stimme. »Nicht wahr?«

    Maud saß in ihrem Zimmer. Sie brachte nicht die nötige Energie auf, sich zum Abendessen umzukleiden. Ihr Dienstmädchen hatte ihr ein Kleid und Schmuck herausgelegt, doch Maud starrte beides nur an.
    Während der Londoner Saison ging sie fast jeden Abend zu einer anderen Gesellschaft, zumal bei solchen Anlässen viel über Politik und Diplomatie geredet, mitunter sogar entschieden wurde. Doch heute Abend würde sie es nicht schaffen, intelligent und charmant zu sein und mächtige Männer dazu zu bringen, ihr anzuvertrauen, wie sie über verschiedene Dinge dachten. Und behutsame Versuche, die Ansichten dieser Gentlemen zu beeinflussen, ohne dass sie es merkten, wären heute völlig aussichtslos.
    Walter würde in den Krieg ziehen. Er würde die Uniform anlegen und eine Waffe tragen, und feindliche Soldaten würden Granaten und Gewehrkugeln auf ihn feuern und versuchen, ihn zu töten oder so schwer zu verwunden, dass er nicht mehr kämpfen konnte. Es fiel Maud schwer, an etwas anderes zu denken. Sie stand kurz davor, in Tränen auszubrechen. Selbst ihrem Bruder gegenüber war sie schroff und abweisend geworden.
    Es klopfte an der Tür. Grout stand draußen. »Herr von Ulrich ist da, Mylady«, meldete er.
    Maud erschrak. Sie hatte gar nicht mit Walter gerechnet. Wieso war er gekommen?
    Grout bemerkte ihr Erstaunen und fuhr fort: »Nachdem ich ihm sagte, mein Herr sei nicht zu Hause, hat er nach Ihnen gefragt.«
    »Danke«, sagte Maud, schob sich an Grout vorbei und stieg die Treppe hinunter.
    Grout rief ihr nach: »Herr von Ulrich ist im Gesellschaftsraum. Ich werde Lady Hermia bitten, sich zu Ihnen zu gesellen.« Grout wusste natürlich, dass Maud nicht mit einem jungen Mann allein sein durfte. Doch Tante Herm war nicht mehr die Schnellste; es würde ein paar Minuten dauern, bis sie hinzukam.
    Maud eilte ins Gesellschaftszimmer und warf sich Walter in die Arme. »Was sollen wir tun?«, sagte sie erstickt. »Walter, was sollen wir nur tun?«
    Er drückte sie an sich; dann blickte er ihr ernst in die Augen. Sein Gesicht war grau und verhärmt. Er sah aus, als hätte er gerade vom Tod eines nahen Verwandten erfahren. »Frankreich hat auf das deutsche Ultimatum nicht geantwortet«, sagte er.
    »Hat man überhaupt nicht reagiert?«, fragte sie unter Tränen.
    »Unser Botschafter in Paris hat auf einer Antwort bestanden. Die Nachricht von Premierminister Viviani lautete: ›Frankreich muss seine eigenen Interessen im Auge behalten.‹ Die Franzosen werden ihre Neutralität nicht garantieren.«
    »Aber es könnte noch Zeit sein …«
    »Nein. Frankreich hat die Mobilmachung beschlossen. Joffre hat die Diskussion für sich entschieden – so, wie das Militär sie in jedem Land für sich entschieden hat. Die Telegramme wurden heute Nachmittag um vier Uhr Pariser Zeit abgeschickt.«
    »Ihr müsst doch irgendetwas tun können!«
    »Deutschland hat keine Wahl mehr«, entgegnete er. »Mit Frankreich als Feind im Rücken, bewaffnet und mit dem Ziel vor Augen, Elsass-Lothringen zurückzugewinnen, können wir nicht gegen Russland kämpfen. Deshalb müssen wir Frankreich angreifen. Der Schlieffenplan wird bereits in die Tat umgesetzt. Auf den Berliner Straßen singt die Menge ›Heil dir im Siegerkranz‹.«
    »Du musst zu deinem Regiment«, sagte Maud und konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten.
    »Natürlich.«
    Sie wischte sich das Gesicht ab. Ihr Taschentuch war zu klein, bloß ein dummer Fetzen bestickter Batist. »Wann?«, fragte sie. »Wann musst du London verlassen?«
    »In den nächsten Tagen noch nicht.« Er kämpfte nun selbst gegen die Tränen, sie sah es ihm an. »Gibt es überhaupt noch die Möglichkeit, Großbritannien aus dem Krieg herauszuhalten?«, fragte er. »Dann müsste ich wenigstens nicht gegen dein Land kämpfen.«
    »Ich weiß es nicht. Morgen wissen wir mehr.« Maud zog ihn an sich. »Bitte halt mich fest.« Sie legte den Kopf an seine Schulter und schloss die Augen.

    Fitz war wütend, als er am Sonntagnachmittag auf dem Trafalgar Square eine

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