Sturz der Titanen
Kundgebung gegen den Krieg sah. Keir Hardie, der bekannte Labour-Abgeordnete im Parlament, hielt eine Rede. Er trug einen Tweedanzug – wie ein Wildhüter, dachte Fitz –, stand auf dem Sockel der Nelsonsäule und entweihte das Andenken des Seehelden, der für England gefallen war.
Hardie behauptete, der bevorstehende Krieg sei die größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte. Er vertrat eine Bergbaugemeinde namens Merthyr, unweit von Aberowen gelegen. Hardie war der uneheliche Sohn eines Dienstmädchens und hatte als Bergmann gearbeitet, ehe er in die Politik gegangen war. Was wusste so einer schon vom Krieg?
Voller Abscheu ließ Fitz die Versammlung hinter sich und begab sich zum Tee zur Herzogin. In der großen Halle entdeckte er Maud, in ein Gespräch mit Walter vertieft. Zu Fitz’ großem Bedauern trieb die Krise einen Keil zwischen ihn, Walter und Maud. Fitz liebte seine Schwester und mochte Walter, aber Maud war eine Liberale und Walter ein Deutscher; allein mit den beiden zu reden war in Zeiten wie diesen schwer genug. Dennoch bemühte Fitz sich nach besten Kräften um Liebenswürdigkeit, als er zu Maud sagte: »Ich habe gehört, in der Kabinettsitzung heute Morgen ging es hoch her.«
Sie nickte. »Churchill hat gestern Abend die Flotte mobilisiert, ohne sich mit irgendjemandem abzustimmen. John Burns ist heute Morgen aus Protest zurückgetreten.«
»Ich kann nicht behaupten, dass ich das bedaure.« Burns war ein alter Radikaler, der inbrünstigste Kriegsgegner unter den Ministern des Kabinetts. »Also haben die anderen Winstons Maßnahme gebilligt?«
»Widerstrebend.«
»Wir müssen auch für kleine Gefälligkeiten dankbar sein.« Fitz fand es schrecklich, dass in dieser Zeit der nationalen Bedrohung die Regierung in den Händen linksgerichteter Dilettanten lag.
Maud sagte: »Aber Greys Ersuchen, sich auf die Verteidigung Frankreichs festzulegen, wurde abgelehnt.«
»Diese Feiglinge«, sagte Fitz. Er wusste, dass er grob zu seiner Schwester war, doch er war zu verbittert, um sich zu zügeln.
»Nicht ganz«, erwiderte Maud gelassen. »Man hat beschlossen, die deutsche Marine daran zu hindern, den Ärmelkanal zu durchqueren, um Frankreich anzugreifen.«
Fitz’ Stimmung hob sich ein wenig. »Na, das ist doch immerhin etwas.«
»Die deutsche Regierung hat daraufhin erklärt, sie hätte gar nicht die Absicht, Schiffe in den Ärmelkanal zu entsenden«, sagte Walter.
Fitz wandte sich an Maud. »Siehst du, wie das geht, wenn man sich behauptet?«
»Sei nicht so selbstgefällig, Fitz«, erwiderte sie. »Wenn es Krieg gibt, dann nur, weil Männer wie du sich nicht genug Mühe gegeben haben, ihn zu verhindern.«
»Ach ja?« Er war verärgert. »Nun, dann möchte ich dir etwas sagen. Gestern Abend habe ich im Brook’s mit Sir Edward Grey gesprochen. Er hat Frankreich und Deutschland gebeten, die belgische Neutralität zu achten. Frankreich hat sofort zugestimmt.« Fitz blickte Walter herausfordernd an. »Die deutsche Antwort steht noch aus.«
»Das stimmt.« Walter zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Mein lieber Fitz, du als Soldat wirst einsehen, dass wir diese Frage weder in der einen noch der anderen Richtung beantworten können, ohne zu verraten, was wir vorhaben.«
»Das verstehe ich durchaus. Aber vor diesem Hintergrund wüsste ich gern, weshalb meine Schwester mich für einen Kriegstreiber hält, dich aber für einen Friedensapostel.«
Maud wich der Frage aus. »Lloyd George ist der Ansicht, Großbritannien solle nur intervenieren, wenn das deutsche Heer das belgische Territorium auf substanzielle Weise verletzt, wie er sich ausgedrückt hat. Möglicherweise wird er bei der Kabinettssitzung heute Abend diesen Vorschlag unterbreiten.«
Fitz wusste, was das bedeutete. Zornig fragte er: »Also erteilen wir Deutschland die Erlaubnis, Frankreich durch die Südecke Belgiens hindurch anzugreifen?«
»Genau das heißt es, nehme ich an.«
»Ich habe es gewusst!«, schimpfte Fitz. »Diese Verräter. Sie versuchen sich aus ihrer Pflicht herauszuwinden. Sie werden alles tun, um Englands Kriegseintritt zu verhindern!«
»Ich hoffe, dass du recht hast«, sagte Maud.
Am Montagnachmittag musste Maud ins Unterhaus, um sich die Rede Sir Edward Greys vor den Parlamentsabgeordneten anzuhören. Diese Rede, da war man sich einig, würde einen Wendepunkt darstellen. Tante Herm begleitete Maud. Ausnahmsweise war sie froh über die beruhigende Gesellschaft der alten Dame.
An diesem Nachmittag
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