Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
liegen, selbst wenn es mit einigen Dingen nicht so läuft, wie es sein sollte.«
    »Einverstanden.« Walter erhob sich. »Bist du mir böse, wenn ich vorher noch etwas erledige? Im Foyer steht ein Fernsprecher, den die Gäste benutzen dürfen. Ich würde gerne die Botschaft anrufen.«
    »Geh nur.«
    Er ließ sie allein. Maud ging zum Bad, kehrte in die Suite zurück, zog sich aus und legte sich nackt aufs Bett. Beinahe war es ihr egal, was nun geschah. Sie und Walter liebten einander und waren zusammen, und wenn das alles sein sollte, dann genügte es ihr.
    Ein paar Minuten später kam Walter zurück. Sein Gesicht war düster, und sie wusste sofort, dass er schlechte Neuigkeiten hatte. »England hat Deutschland den Krieg erklärt«, sagte er. »Die Botschaft hat die Note vor einer Stunde erhalten. Der junge Nicolson hat sie aus dem Außenministerium mitgebracht und Fürst Lichnowsky aus dem Bett geholt.«
    Sie beide hatten gewusst, dass es so weit kommen würde; dennoch traf es Maud wie ein Schlag. Sie sah, dass es Walter nicht anders erging.
    Ohne nachzudenken, legte er seine Kleidung ab, als würde er sich schon seit Jahren ganz selbstverständlich vor ihr ausziehen. »Morgen reisen wir ab«, sagte er und zog die Unterhose herunter. Maud sah erstaunt, wie klein und verschrumpelt sein Glied im Normalzustand war. »Ich muss um zehn Uhr mitsamt Gepäck am Bahnhof Liverpool Street sein.«
    Er schaltete das elektrische Licht aus und kam zu ihr ins Bett. Dann lagen sie Seite an Seite, ohne den anderen zu berühren, und einen schrecklichen Augenblick lang glaubte Maud, er würde einschlafen. Dann aber drehte er sich zu ihr um, nahm sie in die Arme und küsste sie auf den Mund. Wenngleich düstere Wolken über Europa aufzogen und obwohl die Angst sie beinahe lähmte, überkam Maud ein heftiges, unwiderstehliches Verlangen nach ihrem Mann. Es schien sogar, als machten ihre Sorgen und Ängste ihre Liebe zu Walter noch drängender, verzweifelter. Sie spürte, wie sein Glied anschwoll und an ihrem weichen Bauch hart wurde. Dann legte er sich auf sie, stützte sich wie zuvor auf den linken Arm und berührte sie mit der Rechten. Und wie vorhin schon tat es auch diesmal weh, aber nur einen Augenblick; dann verlor sie ihre Jungfräulichkeit, und endlich war er ganz in ihr, und sie umfingen einander in der ältesten Umarmung der Welt.
    »Oh, Gott sei Dank … Gott sei Dank«, stöhnte sie. Dann wich die Erleichterung der Wonne, und sie bewegte sich im Rhythmus der Ekstase mit ihm.
    Endlich waren sie in Liebe vereint.

Zweiter Teil
    Der Krieg der Titanen
     
     

Kapitel 12
    Anfang bis Ende August 1914
    Katherina war verzweifelt. Als überall in Sankt Petersburg die Mobilmachungsplakate auftauchten, saß sie in Grigoris Zimmer, weinte, fuhr sich mit den Fingern durch das lange blonde Haar und schluchzte: »Was soll ich nur tun? Was soll ich nur tun?«
    Grigori hätte sie am liebsten in die Arme genommen, ihre Tränen weggeküsst und ihr versprochen, nie von ihrer Seite zu weichen. Aber solch ein Versprechen konnte er nicht geben. Außerdem liebte Katherina seinen Bruder.
    Grigori hatte seinen Militärdienst abgeleistet, war nun Reservist und theoretisch bereit für den Kriegseinsatz. Tatsächlich aber hatte ein Großteil seiner Ausbildung aus Marschieren und Straßenbau bestanden. Trotzdem rechnete er damit, zu den Ersten zu gehören, die einberufen wurden. Das machte ihn wütend. Der Krieg war dumm und sinnlos – wie alles, was Zar Nikolaus tat. In Bosnien war irgendein Adliger ermordet worden, und einen Monat später lagen Russland und Deutschland im Krieg miteinander! Tausende Arbeiter und Bauern würden auf beiden Seiten getötet werden, ohne dass irgendetwas dabei herauskam. Für Grigori ein weiterer Beweis, dass der russische Adel zu dumm war zum Herrschen.
    Selbst wenn er überlebte, würde der Krieg seine Pläne zunichtemachen. Grigori sparte für eine weitere Überfahrt nach Amerika. Bei seinem Lohn in den Putilow-Werken würde es zwei bis drei Jahre dauern, bis er sich das Ticket leisten konnte; würde er die Überfahrt vom Armeesold bezahlen müssen, könnte er ewig warten.
    Wie viele Jahre würde er die Ungerechtigkeit und Brutalität des zaristischen Regimes noch ertragen müssen?
    Noch mehr Sorgen machte Grigori sich um Katherina. Was sollte aus ihr werden, wenn er in den Krieg ziehen musste? Sie teilte sich mit drei Mädchen ein Zimmer, das sie von dem kargen Lohn bezahlte, den sie in den Putilow-Werken dafür bekam,

Weitere Kostenlose Bücher