Sturz der Titanen
sagte leise: »Wenn der Drecksack so weitermacht, knall ich ihn ab.«
In diesem Augenblick wurde Fitzherbert von MG -Kugeln getroffen. Blut schoss aus seiner Wange, und ein Bein knickte ihm weg. Er brach zusammen und lag regungslos da.
Weder Lieutenant Carlton-Smith noch Sergeant Jones waren zu sehen. Die anderen Männer der Gruppe blickten Billy fragend an. Er war nur Corporal, aber sie erwarteten von ihm, dass er ihnen sagte, was sie jetzt tun sollten.
Billy wandte sich an Mortimer, den ehemaligen Offizier. »He, Mortimer. Hast du ’ne Ahnung, was wir …«
»Lass mich in Ruhe, Taffy!«, fuhr Mortimer ihn an. »Du bist hier der Gruppenführer.«
Billy sah ein, dass er sich irgendetwas einfallen lassen musste. Zurückführen würde er die Männer nicht. Dann hätten alle, die gefallen waren, ihr Leben umsonst gelassen. Andererseits hatte Billy nicht die Absicht, ins MG -Feuer zu laufen.
Ganz ruhig, ermahnte er sich. Als Erstes musst du dir einen Überblick verschaffen.
Er nahm den Helm ab, hielt ihn auf Armeslänge von sich und hob ihn über den Trichterrand, um festzustellen, ob ein Deutscher dieses Loch im Visier hatte. Nichts geschah.
Vorsichtig hob Billy den Kopf über den Rand und rechnete beinahe damit, dass man ihm den Schädel wegschoss. Mit angehaltenem Atem ließ er den Blick über das Niemandsland schweifen und blickte über den deutschen Stacheldrahtverhau auf die vorderste Linie, die in einen Hügelhang gegraben war. Aus Lücken in den Schulterwehren ragten Gewehrläufe.
»Wo ist das verdammte Maschinengewehr?«, fragte er Tommy.
»Keine Ahnung.«
Die C -Kompanie stürmte an dem Trichter vorbei. Ein paar Männer nahmen Deckung; die anderen blieben in der Reihe. Sofort ratterte das Maschinengewehr wieder los und mähte die Männer nieder.
»Verdammte Scheiße!« Wütend und verzweifelt hielt Billy nach dem feindlichen MG Ausschau.
»Ich hab ihn!«, sagte Tommy.
»Wo?«
»Da hinten, bei den Sträuchern an der Hügelkuppe.«
»Ich kann’s nicht sehen!«
»Siehst du, wo deine Sichtlinie den deutschen Graben kreuzt?«
»Aye.«
»Von da ein Stück weiter rechts.«
»Wie weit? Ah, gut, ich sehe die Schweine!« Vor Billy, ein wenig nach rechts versetzt, ragte etwas, das wie ein eiserner Schutzschild aussah, über die Grabenkrone, und dort war auch der Lauf eines Maxim-Maschinengewehrs zu sehen. Billy glaubte, neben dem MG drei deutsche Helme erkennen zu können, war sich aber nicht sicher.
Die MG -Schützen konzentrierten ihr Feuer auf die Lücke im englischen Stacheldrahtverhau, erkannte Billy. Immer wieder feuerten sie auf die Männer, die sich von dieser Stelle aus vorwärtsbewegten. Billy erkannte, dass man die MG -Schützen aus einer anderen Richtung angreifen musste. Wenn seine Gruppe sich schräg durchs Niemandsland bewegte, könnten sie das MG von der rechten Seite attackieren, während die Deutschen nach links schauten.
Billy prägte sich einen Weg ein, auf dem er und seine Leute drei große Trichter als Deckung nutzen konnten; der dritte Trichter befand sich unmittelbar hinter einem zerschossenen Abschnitt des deutschen Stacheldrahtverhaus. Was Billy vorhatte, war ein Himmelfahrtskommando und hatte mit militärischer Taktik nichts zu tun, aber Taktik hatte an diesem Morgen schon Tausende Männer das Leben gekostet, also zur Hölle damit.
Billy duckte sich wieder und schaute die Männer ringsum an. George Barrow war trotz seiner Jugend ein guter Gewehrschütze mit ruhiger Hand. »Wenn das MG das nächste Mal feuert, machst du dich schussbereit. Sobald die Deutschen zu schießen aufhören, feuerst du auf ihre Stellung. Mit einem bisschen Glück gehen sie in Deckung. Ich renne zu dem Trichter da vorn. Du hast zehn Schuss – lass dir eine halbe Minute Zeit. Bis die Deutschen wieder die Köpfe heben, bin ich im nächsten Loch.« Er blickte die anderen an. »Wartet bis zur nächsten Feuerpause und lauft dann los, während Tommy euch Feuerschutz gibt. Beim dritten Mal gebe ich dann Feuerschutz, und Tommy kann uns folgen.«
Die D -Kompanie stürmte ins Niemandsland. Wieder begann das Maschinengewehr zu rattern. Gleichzeitig feuerten Gewehre und Minenwerfer. Diesmal jedoch gab es weniger Opfer, weil mehr Männer in Granattrichtern Deckung suchten, statt in den Kugelhagel zu rennen.
Gleich ist es so weit, dachte Billy. Er hatte den Männern gesagt, was er vorhatte; jetzt gab es kein Zurück mehr. Er biss die Zähne zusammen. Lieber sterben, denn als Feigling zu leben, sagte er
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