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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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konnte er von ihr und Walter wissen?
    »Er hat mir einen Brief für Sie mitgegeben.« Gus griff in seine Tweedjacke und zog ein Kuvert hervor.
    Mit bebender Hand nahm Maud es entgegen.
    »Er sagte, er hätte weder Ihren noch seinen Namen benutzt, weil er befürchten musste, dass der Brief an der Grenze gelesen wird. Aber Sie können beruhigt sein, niemand hat mein Gepäck durchsucht.«
    Maud hielt den Brief unschlüssig in der Hand. Sosehr sie sich danach gesehnt hatte, von ihrem Mann zu hören, so sehr ängstigte sie der Gedanke an schlechte Neuigkeiten. Wenn Walter nun eine Geliebte hatte und sie, Maud, in dem Brief um Verständnis bat? Oder hatte er vielleicht sogar eine Deutsche geheiratet und schrieb ihr nun, um sie zu bitten, ihre Ehe geheim zu halten? Vielleicht hatte er sogar schon die Scheidung eingereicht.
    Maud riss den Umschlag auf und las.
    Liebste!
    Es ist Winter in Deutschland und in meinem Herzen. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie sehr ich Dich liebe und vermisse.
    Mauds Augen füllten sich mit Tränen. »Danke, Mr. Dewar, dass Sie mir den Brief gebracht haben.«
    Er trat zögernd einen Schritt auf sie zu. »Schon gut«, sagte er und legte ihr die Hand auf den Arm.
    Maud versuchte den Brief zu Ende zu lesen, doch Tränen verschleierten ihr den Blick. »Ich bin sehr glücklich«, sagte sie weinend und legte den Kopf an Gus’ Schulter.
    Er zog sie an sich. »Alles wird gut«, sagte er.
    Maud brach in Tränen aus.

Kapitel 21
    Dezember 1916
    Fitz tat Dienst in der Admiralität in Whitehall, doch er wünschte sich eine andere Aufgabe. Er wollte wieder zu den Welsh Rifles in Frankreich. Sosehr er die Schützengräben hasste – den Schmutz, die Nässe, die ständige Gefahr für Leib und Leben –, er fühlte sich nicht wohl dabei, sicher und behaglich in London zu sitzen, während andere ihr Leben riskierten. Der Gedanke, man könnte ihn für einen Feigling halten, war ihm unerträglich. Die Ärzte beharrten jedoch auf ihrer Diagnose, dass sein Bein noch nicht kräftig genug sei, und die Army ließ ihn nicht zu seinem Bataillon zurück.
    Weil Fitz Deutsch sprach, hatte Smith-Cumming vom Secret Service Bureau – der Mann, der sich » C « nannte – ihn dem Marinenachrichtendienst empfohlen, und er war vorübergehend einer Abteilung zugeteilt worden, die man Room 40 nannte. Einen Schreibtischposten hatte Fitz sich am allerwenigsten gewünscht, stellte jedoch zu seinem Erstaunen fest, dass die Arbeit im Rahmen der Kriegsanstrengungen von überragender Bedeutung war.
    Am ersten Kriegstag war ein Postschiff namens CS Alert in die Nordsee vorgedrungen, hatte die deutschen Seekabel vom Meeresgrund hinaufgezogen und durchtrennt. Mit diesem klugen Schachzug hatte Großbritannien den Feind gezwungen, seine Nachrichten per Funk zu übermitteln, und Funksignale konnten abgefangen werden. Nur war es nicht so einfach, die Nachrichten zu lesen, denn die Deutschen sendeten sie grundsätzlich verschlüsselt. In Room 40 versuchte man, die deutschen Codes zu knacken.
    Fitz arbeitete mit Leuten zusammen, von denen manche einen höchst merkwürdigen Eindruck machten und nicht sehr militärisch auftraten; sie hatten genug damit zu tun, das Kauderwelsch zu entschlüsseln, das die Lauschposten an der Küste auffingen. Fitz verstand sich nicht besonders gut auf die Kunst des Decodierens – er vermochte nicht einmal den Mörder in einer Sherlock-Holmes-Geschichte zu erraten –, aber er konnte die entschlüsselten Texte ins Englische übersetzen. Und was noch entscheidender war: Dank seiner Kampferfahrung konnte er beurteilen, welche Nachrichten wichtig waren.
    Nicht dass es viel ausmachte: Ende 1916 verlief die Westfront fast genauso wie zu Beginn des Jahres, trotz gewaltiger Anstrengungen auf beiden Seiten, dem unerbittlichen deutschen Ansturm gegen Verdun und der noch verlustreicheren britischen Offensive an der Somme. Die Entente brauchte dringend moralischen Auftrieb. Würden die USA in den Krieg eintreten, könnten sie das Gleichgewicht entscheidend ändern, aber bisher gab es keinen Hinweis darauf.
    In sämtlichen Heeren ergingen die Befehle am späten Abend oder im Morgengrauen; daher begann Fitz in aller Frühe und arbeitete intensiv bis Mittag. Am Mittwoch nach der Jagdgesellschaft verließ er die Admiralität um halb eins und nahm ein Taxi nach Hause. Von Whitehall nach Mayfair ging es bergauf, und obwohl der Weg nicht weit war, bedeutete er für Fitz eine zu große Anstrengung.
    Die drei Damen, mit denen er

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