Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
auszuschließen. In der Hoffnung, dass die Frauen glaubten, er könne alles verstehen, sagte er auf Russisch zu der Zofe: »Lassen Sie uns bitte allein.« Nina knickste und verließ das Zimmer.
    »Ich habe Boy noch gar nicht gesehen«, sagte Fitz. Er hatte das Haus früh am Morgen verlassen. »Ich will noch ins Kinderzimmer, ehe sein heutiger Spaziergang beginnt.«
    »Im Augenblick geht er nicht hinaus«, erwiderte Bea besorgt. »Er hustet ein wenig.«
    Fitz runzelte die Stirn. »Gerade dann muss er an die frische Luft.«
    Zu seinem Erstaunen schien Bea plötzlich den Tränen nahe. »Ich ängstige mich um ihn«, sagte sie. »Du und Andrej, ihr riskiert beide euer Leben im Krieg, und Boy ist vielleicht alles, was mir bleibt.«
    Ihr Bruder Andrej war verheiratet, aber kinderlos. Wenn Andrej und Fitz starben, hätte Bea in der Tat niemanden an Familie außer Boy. Dies erklärte auch, weshalb sie das Kind so sehr bemutterte.
    »Trotzdem«, sagte Fitz. »Es tut ihm nicht gut, wenn er verzärtelt wird.«
    »Das Wort kenne ich nicht«, entgegnete sie schmollend.
    »Du weißt sehr gut, was ich meine.«
    Bea stieg aus ihrem Unterrock. Ihre Figur war üppiger als früher. Fitz beobachtete, wie sie ihre Strumpfbänder löste und stellte sich vor, in ihre weichen Oberschenkel zu beißen.
    Sie bemerkte seinen Blick. »Ich bin müde«, sagte sie. »Ich muss ein Stündchen schlafen.«
    »Ich könnte dir Gesellschaft leisten.«
    »Ich dachte, du möchtest dich mit deiner Schwester unter das gemeine Volk mischen.«
    »Nicht unbedingt.«
    »Tut mir leid, ich muss unbedingt ruhen.«
    Fitz erhob sich, um zu gehen, besann sich dann aber eines anderen. Er war verärgert und fühlte sich abgewiesen. »Es ist lange her, dass du mich in deinem Bett willkommen geheißen hast.«
    »Ich habe die Tage nicht gezählt.«
    »Ich schon. Und wir sprechen von Wochen, nicht von Tagen.«
    »Das tut mir leid. Aber die vielen Sorgen, weißt du.« Wieder stand sie kurz davor, in Tränen auszubrechen.
    Fitz wusste, dass sie um ihren Bruder fürchtete, und er bemitleidete sie für ihre hilflose Angst, doch Millionen Frauen machten das Gleiche durch wie Bea, und wer von Adel war, hatte die Pflicht, Härte zu zeigen. »Als ich in Frankreich war, hast du dir angewöhnt, an Gottesdiensten in der russischen Botschaft teilzunehmen, nicht wahr?« In London gab es keine russisch-orthodoxe Kirche, aber in der Botschaft befand sich eine Kapelle.
    »Wer hat dir das verraten?«, fragte Bea.
    »Das spielt keine Rolle.« Er hatte es von Tante Herm erfahren. »Vor unserer Heirat hatte ich dich gebeten, zur Kirche von England zu konvertieren, und das hast du getan.«
    Bea wich seinem Blick aus. »Was kann es schaden, wenn ich einen oder zwei Gottesdienste besuche«, erwiderte sie ruhig. »Falls ich dich damit verletzt habe, tut es mir leid.«
    Fitz traute ausländischen Geistlichen nicht über den Weg. »Sagt der Pope, dass es eine Sünde ist, Lust zu verspüren, wenn du mit deinem Mann im Bett liegst?«
    »Selbstverständlich nicht! Aber wenn du fort bist, fühle ich mich so einsam, so weit weg von allem, womit ich aufgewachsen bin, dass es für mich ein Trost ist, russische Kirchenlieder zu hören.«
    Sie tat Fitz leid. Es musste wirklich schwer für sie sein. Er selbst konnte sich nicht vorstellen, auf Dauer in einem fremden Land zu leben. Außerdem wusste er aus Gesprächen mit anderen verheirateten Männern, dass es nicht ungewöhnlich war, wenn eine Frau sich den Avancen ihres Gatten widersetzte, nachdem sie ein Kind bekommen hatte.
    Doch Fitz verschloss sein Herz vor Beas Nöten. Jeder musste Opfer bringen. Sie sollte dankbar sein, dass sie nicht gegen Maschinengewehrfeuer anstürmen musste. »Ich bin der Meinung, dass ich meine Pflichten dir gegenüber erfüllt habe«, sagte er. »Als wir geheiratet haben, habe ich die Schulden deiner Familie beglichen. Ich habe russische und englische Experten beauftragt, die Neuorganisation euerer Güter zu planen.« Die Fachleute hatten Andrej geraten, Sümpfe trockenzulegen, um mehr Ackerland zu gewinnen, und nach Kohle und anderen Bodenschätzen suchen zu lassen, aber nichts war geschehen. »Es ist nicht meine Schuld, dass Andrej jede Gelegenheit verstreichen lässt, die sich ihm bietet.«
    »Ich weiß, Fitz«, sagte Bea. »Du hast alles getan, was du versprochen hast.«
    »Und jetzt bitte ich dich, deine Pflicht zu tun. Du und ich, wir müssen Erben in die Welt setzen. Wenn Andrej kinderlos stirbt, wird unser Sohn zwei riesige

Weitere Kostenlose Bücher