Sturz der Titanen
Besitztümer erben. Er wird einer der größten Grundeigentümer der Welt sein. Wir müssen mehr Söhne haben für den Fall, dass Boy etwas zustößt – was Gott verhüten möge.«
Bea schlug die Augen nieder. »Ich kenne meine Pflicht.«
Fitz kam sich unaufrichtig vor. Er sprach von einem Erben, und alles, was er gesagt hatte, war die Wahrheit, aber er verschwieg ihr, wie sehr es ihn danach verlangte, ihren weichen nackten Leib auf dem Laken ausgebreitet liegen zu sehen, weiß auf weiß, während ihr blondes Haar über die Kissen quoll. Mit Mühe verdrängte er dieses Bild. »Wenn du deine Pflicht kennst, dann erfülle sie bitte. Wenn ich das nächste Mal in dein Schlafzimmer komme, erwarte ich, als der liebende Ehemann empfangen zu werden, der ich bin.«
»Ja, Fitz.«
Er ging – froh, sich durchgesetzt zu haben und zugleich von dem unguten Gefühl erfüllt, einen Fehler begangen zu haben. Es war absurd: Er hatte Bea erklärt, wie und wo sie vom rechten Weg abkam, und sie hatte seinen Tadel akzeptiert, wie es zwischen Mann und Frau sein sollte; dennoch empfand er nicht die Befriedigung, die ihm angemessen erschien.
Fitz verdrängte Bea aus seinen Gedanken, als er sich mit Maud und Tante Herm in der Halle traf. Er setzte die Uniformmütze auf und schaute in den Spiegel, wandte den Blick aber rasch wieder ab. Dieser Tage versuchte er nicht allzu oft über sein Äußeres nachzudenken. Die Kugel hatte die Muskeln seiner linken Gesichtshälfte geschädigt, und das Augenlid hing ständig herab. Obwohl die Entstellung nur geringfügig war, würde seine Eitelkeit sich nie davon erholen. Wenigstens konnte er sich glücklich schätzen, dass sein Augenlicht nicht beeinträchtigt war.
Der blaue Cadillac war noch in Frankreich, aber es war Fitz gelungen, sich einen anderen zu beschaffen. Sein Chauffeur kannte den Weg; offenbar fuhr er Maud nicht zum ersten Mal ins Eastend. Eine halbe Stunde später hielten sie vor der Calvary Gospel Hall, einer schäbigen kleinen Kapelle mit Wellblechdach, die aus Aberowen hierher hätte versetzt sein können. Fitz fragte sich, ob der Pastor am Ende Waliser sei.
Die Teeparty war bereits im Gange, das Bethaus voller junger Frauen mit ihren Kindern. Es roch schlimmer als in einem Kasernenschlafsaal, und Fitz musste der Versuchung widerstehen, sich ein Taschentuch vor die Nase zu halten.
Maud und Herm machten sich umgehend an die Arbeit. Maud empfing die Frauen nacheinander im Büro, während Herm als Vorzimmerdame fungierte. Fitz hinkte von einem Tisch zum nächsten und fragte die Frauen, wo ihre Männer dienten und was sie erlebt hatten. Ihre Kinder tollten währenddessen auf dem Fußboden herum. Junge Frauen wurden oft verlegen, wenn Fitz mit ihnen sprach, und fanden keine Worte, doch diese Gruppe ließ sich nicht so leicht aus der Fassung bringen. Die Frauen fragten ihn sogar, mit welcher Einheit er gekämpft habe und wie er verwundet worden sei.
Fitz hatte mit der Hälfte der Besucherinnen gesprochen, als er Ethel entdeckte.
Ihm war aufgefallen, dass sich am hinteren Ende des Saales zwei Bürotüren befanden; das eine Büro gehörte Maud, und einen Moment lang hatte Fitz sich beiläufig gefragt, wer wohl den anderen Büroraum benutzte. Als er zufällig dorthin schaute, öffnete sich die Tür, und Ethel kam heraus.
Er war ihr zwei Jahre lang nicht begegnet, aber sie hatte sich kaum verändert. Ihre dunklen Locken wogten bei jedem Schritt, und ihr Lächeln strahlte wie der Sonnenschein. Wie bei allen Frauen in diesem Saal außer Maud und Herm war ihr schlichtes Kleid abgetragen, aber sie besaß noch die gleiche schlanke Figur wie früher, und Fitz konnte nicht anders: Er stellte sich den zierlichen Körper vor, den er so gut gekannt hatte. Auch ohne dass sie ihn anschaute, wirkte ihr Zauber auf ihn wie eh und je. Es kam ihm vor, als wäre überhaupt keine Zeit vergangen, seit sie sich kichernd und küssend auf dem Bett der Gardeniensuite gewälzt hatten.
Ethel unterhielt sich mit dem einzigen anderen Mann im Saal, einer gebeugt gehenden Gestalt in dunkelgrauem Straßenanzug aus schwerem Tuch, die an einem Tisch saß und Eintragungen in einem großen Buch vornahm. Der Mann trug eine dicke Brille; trotzdem sah Fitz die Ergebenheit in seinen Augen, als er zu Ethel hochschaute. Sie redete ungezwungen und freundlich mit ihm, und Fitz fragte sich, ob sie und dieser Mann verheiratet waren.
Unvermittelt drehte Ethel sich um und bemerkte Fitz’ Blick. Sie zog die Augenbrauen hoch, und ihr
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