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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Waffen ging, die an Mexiko geliefert werden sollten, nie geteilt. Otto und seine Spießgesellen hatten Präsident Wilson dumm aussehen lassen – aber das würden sie noch bereuen.
    »Und jetzt?«, fragte von Henscher.
    »Der größte Teil der US -Armee ist entweder in Mexiko oder an der Grenze stationiert«, erklärte Walter. »Vorgeblich jagen sie einen Banditen mit Namen Pancho Villa, der jenseits der Grenze in großem Stil Überfälle verübt. Präsident Carranza ist außer sich vor Wut, weil eine fremde Macht seine Grenzen verletzt, aber er kann nicht viel dagegen tun.«
    »Wenn er Hilfe von uns bekäme, würde das etwas daran ändern?«
    Walter dachte nach. Ein solcher diplomatischer Unfug war ihm zu riskant, doch es war seine Pflicht, die Frage so akkurat wie möglich zu beantworten. »Die Mexikaner stehen auf dem Standpunkt, dass man ihnen Texas, Neu Mexiko und Arizona geraubt hat. Sie träumen davon, diese Territorien zurückzugewinnen, genauso, wie die Franzosen Elsass-Lothringen zurückhaben wollen. Und Präsident Carranza ist möglicherweise dumm genug, so etwas für möglich zu halten.«
    Rasch warf Otto ein: »Auf jeden Fall würde ein solcher Versuch die Aufmerksamkeit der Amerikaner von Europa ablenken.«
    »Eine Zeit lang«, pflichtete Walter ihm widerwillig bei. »Langfristig jedoch könnte unsere Einmischung jene Amerikaner stärken, die an der Seite der Alliierten in den Krieg eintreten wollen.«
    »Wir sind eher an den kurzfristigen Auswirkungen interessiert«, sagte Otto von Ulrich. »Du hast von Holtzendorff gehört: Unsere U -Boote werden die Alliierten binnen fünf Monaten in die Knie zwingen. So lange wollen wir die Amerikaner lediglich beschäftigen.«
    »Was ist mit Japan?«, fragte von Henscher. »Könnte man sie dazu bringen, den Panamakanal oder Kalifornien anzugreifen?«
    »Nach realistischer Einschätzung dürfte damit kaum zu rechnen sein«, erklärte Walter. Die Diskussion driftete immer mehr ins Fantastische ab.
    Doch von Henscher zeigte sich hartnäckig. »Trotzdem würde allein schon die Drohung eines solchen Angriffs amerikanische Truppen an die Westküste binden.«
    »Das wäre möglich.«
    Otto von Ulrich tupfte sich die Lippen mit einer Serviette ab. »Das ist alles sehr interessant, aber jetzt entschuldigt mich bitte. Ich muss nachsehen, ob Seine Majestät meine Dienste benötigt.«
    Die Männer erhoben sich. »Wenn ich offen sprechen darf, Herr General …«, sagte Walter.
    Otto seufzte, doch von Henscher erwiderte: »Bitte.«
    »Ich halte das alles für gefährlich. Wenn herauskommt, dass die deutsche Führung auch nur daran gedacht hat, den Konflikt in Mexiko zu schüren und die japanische Aggression im Pazifik zu fördern, würde es die amerikanische Öffentlichkeit so sehr in Wut versetzen, dass die Kriegserklärung nur umso schneller erfolgen würde, wenn nicht sofort.« Er zögerte unmerklich. »Verzeihen Sie, wenn ich das Offensichtliche ausspreche, aber dieses Gespräch sollte streng geheim bleiben.«
    »Sie haben selbstverständlich recht«, sagte von Henscher und lächelte seinen Freund Otto an. »Ihr Vater und ich gehören zwar einer älteren Generation an, aber das eine oder andere wissen wir dennoch. Sie können sich auf unsere Diskretion verlassen.«

    Es freute Fitz, dass Lloyd George das deutsche Friedensangebot zurückgewiesen hatte, und er war stolz darauf, welche Rolle er dabei gespielt hatte. Doch als alles vorbei war, überkamen ihn Zweifel.
    Er überdachte die Situation, als er am Morgen des 17. Januar, einem Mittwoch, die Piccadilly entlang zur Admiralität hinkte. Friedensgespräche hätten für die Deutschen die Gelegenheit sein können, ihre Ziele gewissermaßen durch die Hintertür zu erreichen und ihre Herrschaft über Belgien, den Nordosten Frankreichs und Teile Russlands zu legitimieren. Hätte Großbritannien sich an solchen Gesprächen beteiligt, wäre dies dem Eingeständnis einer Niederlage gleichgekommen. Aber gesiegt hatten die Briten auch nicht. Lloyd Georges Begriff des »Knock-out« gefiel den Zeitungsverlegern und war in vielen Schlagzeilen zu lesen, obwohl jeder nüchtern denkende Mensch wusste, dass es Tagträumerei war: Der Krieg würde sich hinziehen, vielleicht noch ein Jahr, vielleicht länger. Was, wenn niemand diesen Krieg gewinnen konnte? Würde das sinnlose Sterben dann so lange weitergehen, bis die Gegner ausgeblutet waren?
    Und wenn Großbritannien den Krieg verlor? Eine Finanzkrise wäre die Folge. Arbeitslosigkeit, Not,

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