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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Verelendung. Dann würden die Arbeiter das Wort von Ethels Vater aufnehmen und behaupten, ihnen wäre nie gestattet worden, über den Krieg abzustimmen. Die Wut des Volkes auf seine Herrscher wäre grenzenlos. Protestmärsche würden in gewaltsame Aufstände ausarten. Vor wenig mehr als hundertzwanzig Jahren hatten die Pariser ihren König und einen Großteil ihres Adels hingerichtet. Würden die Londoner es genauso machen? Fitz stellte sich vor, wie er auf einem Karren zum Schafott gefahren wurde, an Händen und Füßen gefesselt, während die Menge ihn anspuckte und verhöhnte. Schlimmer noch: Er sah, wie auch Maud, Tante Herm, Bea und Boy dieses Schicksal widerfuhr. Schaudernd verschloss sich Fitz vor diesen albtraumhaften Gedanken.
    Was ist Ethel doch für ein kleiner Hitzkopf, dachte er stattdessen mit einer Mischung aus Bewunderung und Bedauern. Als man sie während der Rede Lloyd Georges wegen ihrer Zwischenrufs von der Galerie gezerrt hatte, war er vor Scham wie erstarrt gewesen; schließlich hatte er sie als Gast mitgebracht. Zugleich hatte er sich mehr denn je zu ihr hingezogen gefühlt.
    Er war ihr hinausgefolgt und hatte sie in der Central Lobby eingeholt. Und was war geschehen? Sie hatte ihn beschimpft, hatte ihn und seinesgleichen der mutwilligen Verlängerung eines sinnlosen Krieges bezichtigt – beinahe so, als hätte Fitz jeden Soldaten, der in Frankreich gefallen war, persönlich ermordet.
    Die Auseinandersetzung war das Ende seiner Pläne gewesen, Ethel in dem Haus in Chelsea unterzubringen. Fitz hatte ihr ein paar kurze Briefe geschrieben, doch sie hatte nicht darauf geantwortet. Die Enttäuschung hatte ihn tief getroffen. Wenn er an die Nachmittage dachte, die er mit Ethel in diesem Liebesnest hätte verbringen können, schmerzte der Verlust ihn umso mehr.
    Aber Fitz konnte sich trösten: Bea hatte sich seinen Tadel zu Herzen genommen. Sie hieß ihn wieder in ihrem Schlafzimmer willkommen, in aufreizender Nachtwäsche, und bot ihm ihren verlockenden Leib dar wie kurz nach der Heirat.
    Die Gedanken ganz bei seiner fügsamen Fürstin und der widerspenstigen Aktivistin, betrat Fitz die Admiralität und fand auf seinem Schreibtisch ein teilweise entschlüsseltes deutsches Telegramm vor. Es war überschrieben:
    Berlin an Washington. W. 158. 16. Januar 1917.
    Fitz schaute nach, von wem die Depesche stammte. Da stand:
    Zimmermann.
    Eine Depesche des deutschen Außenministers an den deutschen Botschafter in den Vereinigten Staaten! Fitz’ Interesse war geweckt. Mit einem Bleistift begann er eine Rohübersetzung und setzte Kreuze und Fragezeichen ein, wo die Codegruppen noch nicht entschlüsselt waren.
    Streng geheim. Zur persönlichen Information Seiner Exzellenz, dem Kaiserlichen Botschafter in (?Mexiko?) mit xxxx auf sicherer Route zu übermitteln.
    Die Fragezeichen bedeuteten einen Codeblock, dessen Bedeutung nicht feststand. Die Decodierer waren auf Vermutungen angewiesen. Wenn sie recht hatten, war die Depesche für den deutschen Botschafter in Mexiko bestimmt und über die Botschaft in Washington gesendet worden.
    Mexiko? Merkwürdig, dachte Fitz.
    Der folgende Satz war vollständig entschlüsselt.
    Beginn des uneingeschränkten U -Boot-Krieges auf den ersten Februar festgesetzt Stop
    »Mein Gott!«, stieß Fitz hervor. Diese Entwicklung war mit Schrecken erwartet worden. Hier war nun die Bestätigung, noch dazu mit Datum. Diese Neuigkeit würde ein Ruhmesblatt für Room 40 sein.
    Bemühen uns trotzdem die Vereinigten Staaten neutral zu halten xxxx Stop Sollte das nicht … machen wir (?Mexiko?) einen Bündnisvorschlag auf folgender Basis: … Kriegführung … Friedensschluss und …
    »Ein Bündnis mit Mexiko?«, fragte sich Fitz. »Das ist ja starker Tobak. Die Amerikaner werden außer sich sein!«
    Sie werden den Präsidenten … so geheim wie möglich in Kenntnis setzen … (?Ausbruch des?) Krieges mit den Vereinigten Staaten … (?Japan?) … vermitteln soll Stop Machen Sie dem Präsidenten deutlich dass … Unterseeboote … England binnen weniger Monate zum Friedensschluss zu zwingen Stop Bestätigen Sie Empfang.
    Fitz sah auf und begegnete dem Blick des jungen Carver, dessen Gesicht vor Begeisterung und Aufregung gerötet war, wie Fitz jetzt erst bemerkte.
    »Sie lesen bestimmt die Zimmermann-Depesche«, sagte der Sub-Lieutenant.
    »Soweit sie decodiert ist«, entgegnete Fitz. Er fühlte sich genauso euphorisch wie Carver, konnte es aber besser verbergen. »Warum ist der Text so

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