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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Locken um ihre schmalen Schultern wogten. Dagegen fiel es ihm in letzter Zeit schwer, sich Maud vorzustellen.
    Otto von Ulrich hob sein Glas zu dem Trinkspruch: »Lebe wohl, Zar!«
    »Du überraschst mich, Vater«, sagte Walter gereizt. »Feierst du wirklich den Sturz eines rechtmäßigen Herrschers durch einen Mob aus Fabrikarbeitern und meuternden Soldaten?«
    Otto lief rot an. Walters Schwester, Greta, tätschelte ihrem Vater beruhigend den Arm. »Hör einfach nicht hin«, sagte sie. »Walter sagt das nur, um dich zu ärgern.«
    Konrad von der Helbard bemerkte: »Während meiner Zeit an unserer Botschaft in Petrograd habe ich den Zaren kennengelernt.«
    »Und?«, fragte Walter. »Wie haben Sie ihn eingeschätzt?«
    Monika antwortete für ihren Vater, wobei sie Walter verschwörerisch angrinste. »Vater hat immer gesagt«, erklärte Monika, »wäre der Zar in eine andere Familie hineingeboren, hätte er es mit viel Mühe vielleicht zum Postboten gebracht.«
    »Das ist die Tragödie der Erbmonarchie.« Walter drehte sich zu seinem Vater um. »Aber du stehst der Demokratie in Russland doch sicher ablehnend gegenüber, oder?«
    »Demokratie?«, erwiderte Otto verächtlich. »Wir werden sehen. Wir wissen nur, dass es sich bei dem neuen Ministerpräsidenten um einen liberalen Aristokraten handelt.«
    Monika fragte Walter: »Glauben Sie, dass Fürst Lwow Frieden mit uns schließen wird?«
    Das war die Frage der Stunde. »Ich hoffe es«, antwortete Walter und bemühte sich, nicht auf Monikas Busen zu starren. »Wenn wir all unsere Truppen von der Ostfront nach Frankreich verlegen könnten, würden wir die Entente überrennen.«
    Monika hob ihr Glas und schaute Walter über den Rand hinweg in die Augen. »Dann lassen Sie uns darauf anstoßen.«

    In einem kalten, feuchten Graben im Nordosten Frankreichs tranken Billy und seine Männer Gin.
    Die Flasche hatte Robin Mortimer hervorgezaubert, der degradierte Offizier. »Die habe ich mir aufgespart«, sagte er.
    »Da brat mir doch einer ’nen Storch«, sagte Billy und benutzte damit eine von Mildreds Lieblingsredewendungen. Mortimer war ein sauertöpfischer Schnorrer; er hatte noch nie jemandem einen Drink ausgegeben.
    Mortimer verteilte den Gin auf die Kochgeschirre. »Auf die verdammte Revolution!«, sagte er. Die Männer tranken und ließen sich nachschenken.
    Billy war bereits bester Laune gewesen, bevor er einen Schluck getrunken hatte, denn die Russen hatten bewiesen, dass man Tyrannen tatsächlich stürzen konnte.
    Die Männer sangen gerade »The Red Flag« , als Earl Fitzherbert durch den Graben gehumpelt kam. Er war inzwischen zum Colonel befördert worden und arroganter als je zuvor. »Hört sofort mit dem Lärm auf!«, fuhr er die Männer an.
    Das Singen verebbte.
    Billy sagte: »Wir feiern den Sturz des russischen Zaren!«
    Wütend erklärte Fitz: »Der Zar war ein legitimer Herrscher. Die Verbrecher, die ihn abgesetzt haben, hätten den Strang verdient. Hört sofort auf mit dem Gegröle!«
    Die Verachtung, die Billy ohnehin für Fitz empfand, nahm bedrohliche Ausmaße an. »Der Zar war ein Tyrann, der seine Untertanen zu Tausenden ermorden ließ. Alle zivilisierten Völker sollten heute feiern.«
    Fitz schaute sich Billy genauer an. Er trug keine Augenklappe mehr, aber sein linkes Lid hing noch immer herab, was ihn in seiner Sehfähigkeit jedoch nicht zu behindern schien. »Sergeant Williams. Ich hätte es mir denken können. Ich kenne Sie und Ihre Familie.«
    Und wie du die kennst, dachte Billy.
    »Ihre Schwester agitiert für den sogenannten Frieden.«
    »Ihre auch, Sir«, erwiderte Billy. Robert Mortimer lachte auf und verstummte abrupt.
    »Noch so eine Frechheit, Williams«, sagte Fitz, »und wir sehen uns vor dem Kriegsgericht wieder.«
    »Bitte um Vergebung, Sir«, sagte Billy.
    »Und jetzt beruhigt euch, Männer. Und keinen Gesang mehr!« Fitz humpelte davon.
    Billy murmelte: »Es lebe die Revolution.«
    Fitz tat so, als hätte er ihn nicht gehört.

    In London kreischte Fürstin Bea: »Nein!«
    »Bitte, beruhige dich«, sagte Maud, die ihr soeben die schreckliche Neuigkeit überbracht hatte.
    »Das können sie nicht tun!«, kreischte Bea. »Sie können unseren geliebten Zaren doch nicht zum Abdanken zwingen! Er ist der Vater seines Volkes!«
    »Vielleicht ist es besser so …«
    »Ich glaube dir das alles nicht! Das sind infame Lügen!«
    Die Tür ging auf, und Grout steckte den Kopf ins Zimmer. Er sah besorgt aus.
    Bea schnappte sich eine japanische Vase

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