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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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gelesen.« Fitz war wie vom Donner gerührt gewesen, als er im Salon seines Clubs gesessen und in den New Statesman geblickt hatte, nur um festzustellen, dass er die Worte seiner ehemaligen Haushälterin las. Dabei war ihm der unangenehme Gedanke gekommen, dass er selbst vermutlich nicht in der Lage gewesen wäre, einen solch prägnanten und stichhaltigen Artikel zu verfassen. »Sie führt an, die Frauen sollten das Angebot akzeptieren, denn wenig ist besser als gar nichts.«
    »Ich fürchte, da bin ich anderer Ansicht«, erwiderte Maud eisig. »Ich werde nicht abwarten, bis ich dreißig bin, ehe man mich zur menschlichen Rasse zählt.«
    »Habt ihr euch gestritten?«
    »Wir haben uns geeinigt, getrennte Wege zu gehen.«
    Fitz konnte Maud ihren Zorn ansehen. Um die aufgeheizte Atmosphäre abzukühlen, wandte er sich an Lady Hermia. »Wenn das Parlament den Frauen das Wahlrecht gibt, Tante, wem würdest du deine Stimme geben?«
    »Ich weiß nicht, ob ich überhaupt wählen sollte«, antwortete Tante Herm. »Wäre das nicht ein bisschen gewöhnlich?«
    Maud wirkte verärgert, Fitz jedoch grinste. »Würden alle Damen aus guter Familie so denken, kämen sämtliche Wählerinnen aus der Arbeiterschicht, und dann würden die Sozialisten ins Unterhaus einziehen«, sagte er.
    »Ach du je«, sagte Herm. »Dann gehe ich wohl doch lieber wählen.«
    »Würdest du Lloyd George unterstützen?«
    »Einen Anwalt aus Wales? Ganz gewiss nicht.«
    »Vielleicht Bonar Law, den Parteiführer der Konservativen?«
    »Das nehme ich an.«
    »Aber er ist Kanadier.«
    »Ach du je!«
    »So ist das nun mal, wenn man ein Empire hat. Gesindel aus aller Welt glaubt, dass es dazugehört.«
    Das Kindermädchen kam mit Boy ins Zimmer. Er war nun zweieinhalb Jahre alt, ein pummeliger Knabe mit dem dichten hellen Haar seiner Mutter. Er lief zu Bea, und sie setzte ihn sich auf den Schoß. Er krähte: »Ich hab Porridge gekriegt, und Nursie hat den Zucker fallen lassen!«, und lachte. Im Kinderzimmer war es das Ereignis des Tages gewesen.
    Wenn Bea den Jungen bei sich hatte, ging es ihr am besten, erkannte Fitz. Ihr Gesicht wurde weich, und sie streichelte und küsste Boy voller Zärtlichkeit. Nach einer Minute wand er sich von ihrem Schoß und watschelte zu Fitz. »Wie geht es meinem kleinen Soldaten?«, fragte Fitz. »Wirst du groß und erschießt Deutsche?«
    »Peng! Peng!«, rief Boy.
    Fitz sah, dass dem Jungen die Nase lief. »Hat er einen Schnupfen, Jones?«, fragte er gereizt.
    Das Kindermädchen sah ihn ängstlich an. Sie war ein junges Ding aus Aberowen, aber sie hatte eine abgeschlossene Berufsausbildung. »Nein, Mylord, da bin ich sicher – wir haben Juni.«
    »Es gibt auch eine Sommergrippe.«
    »Boy ging es den ganzen Tag großartig. Ihm läuft halt nur die Nase.«
    »So, so.« Fitz zog ein Taschentuch aus der Innentasche seines Abendanzugs und wischte Boys Nase sauber. »Hat er mit armen Kindern gespielt?«
    »Nein, Sir, überhaupt nicht.«
    »Auch nicht im Park?«
    »Da, wo wir hingehen, sind nur Kinder aus gutem Hause. Ich passe da genau drauf auf.«
    »Das will ich hoffen. Der Junge ist Erbe des Titels der Fitzherberts und wird obendrein vielleicht ein russischer Fürst.« Fitz stellte Boy wieder auf den Boden, und der Kleine stolperte zum Kindermädchen zurück.
    Grout erschien wieder und brachte auf einem silbernen Tablett einen Briefumschlag. »Ein Telegramm, Mylord«, sagte er. »Es ist an die Fürstin adressiert.«
    Fitz bedeutete Grout mit einer Geste, Bea das Telegramm zu reichen. Mit besorgter Miene – im Krieg machten Telegramme jeden nervös – riss Bea das Kuvert auf, überflog das Blatt Papier und stieß einen Schrei des Entsetzens aus.
    Fitz sprang auf. »Was ist?«
    »Mein Bruder!«
    »Ist er … tot?«
    »Nein, aber verwundet.« Sie brach in Tränen aus. »Sie haben ihm den Arm abgenommen. O Gott, der arme Andrej!«
    Fitz nahm das Telegramm. Er las, dass Fürst Andrej sich nach der Verwundung nach Bulownir zurückgezogen hatte, seinem Landsitz im Bezirk Tambow südöstlich von Moskau. Hoffentlich wird Andrej wirklich gesund, dachte er besorgt. Viele Männer starben am Wundbrand, den nicht einmal eine Amputation zuverlässig verhindern konnte.
    »Es tut mir furchtbar leid, meine Liebe«, sagte Fitz. Maud und Herm standen neben Bea und versuchten sie zu trösten. »Hier steht, dass ein Brief folgt, aber Gott allein weiß, wie lange er unterwegs sein wird.«
    »Ich muss wissen, wie es ihm geht!«, schluchzte Bea.
    Fitz

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